19. Januar 2016
Live-TV
Der Autor, Wolfgang Lanzenberger, ist Leiter der Regie bei ProSiebenSat1, also ein Profi. Sein Buch über „Produzieren und Senden in Echtzeit“ gliedert sich in acht Hauptkapitel: 1. Die Wirkung von Live-Sendungen. Warum Live-Sendungen anders sind. Die wichtigsten Live-Genres. 2. Faszination am laufenden Band: Wer macht was bei einer Live-Sendung? Die Technik. Was Redaktionen leisten müssen. Arbeiten im Live-Modus. 3. Das Herz-stück der Sendung: die Studio-Moderatoren. Ihre Rolle, was sie können müssen, die visuelle Umsetzung von Moderationen. 4. Sendung planen: nah am Publikum, den Zuschauer bei der Stange halten, Erfolgskontrolle. 5. Sendung gestalten: Design, Briefing, Kamerastandpunkte, Bildschnitt, Licht. 6. Sendung fahren: Steuerung des Sendeablaufs, Pleiten, Pech und Pannen. 7. Live handeln: Außenübertragung, Events, Rahmen-bedingungen der Produktion. 8. Fernsehen anders denken – Next-Level-TV: Internet und digitaler Content. Mit vielen Abbildungen und persönlichen Tipps. Dies ist in der Reihe „Praxis Film“ des Konstanzer UVK-Verlages bereits Band 93. Mehr zum Buch: ba073308fd16f/
17. Januar 2016
Franzobel: Zarah
Der österreichische Schrift-steller Franzobel (eigentlich: Franz Stefan Griebl) hat ein Theaterstück über Zarah Leander geschrieben, das 2014 im Vorarlberger Landestheater uraufgeführt wurde und jetzt im Passagen Verlag als Buch erschienen ist. Es handelt sich um einen sehr facettenreichen Text, den man mit Neugier und auch mit Vergnügen lesen kann. Eine Kunstfigur der Gegenwart mit dem beziehungsreichen Namen Lazarus Modriach erweckt Zarah zum Leben und führt sie durch die entschei-denden Phasen ihres künstleri-schen Wirkens. Das sind die Jahre 1929, 1936, 1941 und 1949. Auf der Bühne sind außerdem ihr Mann Nils und dessen Schwester Bertha präsent, die jeweils mehrere Rollen spielen. In einem Zwischenspiel tauchen Goebbels, Göring und Hitler auf, später auch Marlene Dietrich und Heinz Rühmann. Die Dialoge sind pointiert, die Perspektiven wechseln immer wieder. Das alles auf 70 Seiten mit Abbildungen aus der Uraufführung. Mehr zum Buch: 9783709202296&L=0
17. Januar 2016
ESKAPADE (1936)
Paris und Petersburg 1910, die Eisenbahn und der russische Grenzort Wir-ballen sind die Schauplätze dieses Agentenfilms, der auch komödiantische Elemente hat. Dafür sorgt unter anderem Grete Weiser als Ehefrau des ameri-kanischen Colonel Lenox (Georg Alexander), der in Erbschaftsangelegenheiten nach Russland fährt und auf der Reise die polnische Spionin Hélène Polawska (Renate Müller) kennen lernt, die sich in seine Obhut begibt. Eine dominante Rolle spielt der Chef der russischen Geheim-polizei Rakowski (Walter Frank). Der Film ist über weite Strecken sehr spannend. Ein gewisses Overacting der Darsteller wirkt zeitbedingt. Davon ausgenommen: Renate Müller, ein Star des frühen deutschen Tonfilms; es war ihr vorletzter Film, sie starb 1937 unter traurigen Umständen im Alter von nur 31 Jahren. Sie war der Prototyp der selbstbewussten Frau, spielte vor allem unter der Regie von Reinhold Schünzel und steht auch in ESKAPADE im Zentrum der Aufmerk-samkeit. Der Regisseur Erich Waschnek galt als Routinier, die Inszenierung ist auch nicht gerade subtil, am Drehbuch hat Thea von Harbou mitgearbeitet. Interessant wirkt noch heute die Kamera-führung, für die Friedl Behn-Grund verantwortlich war. Eine DVD des Films ist jetzt bei den „Filmjuwelen“ erschienen. Das sehr informative Booklet stammt von Friedemann Beyer. Der originale Filmtitel (so im Vorspann zu sehen) hieß GEHEIMAGENTIN HÉLÈNE. Mehr zur DVD: filmjuwelen%22
15. Januar 2016
Postsowjetische Protagonisten
Eine Dissertation, die an der Freien Universität Berlin entstanden ist. Bettina Lange schreibt über „Selbstentwürfe im russischen Film nach der Jahrtausendwende“. Im ersten Teil ihrer Arbeit beschäftigt sie sich mit Protagonisten der Perestrojka: „Figuren-konzeptionen im spät-sowjetischen und frühen postsowjetischen Film“ (S. 27-59). Dann kon-zentriert sie ihre Analyse auf insgesamt fünf Filme: den Film noir DER KLAVIERSTIMMER (2004) von Kira Muratowa, den Märchenfilm RUSALKA (2007, dt.: ALISA, DAS MEERMÄDCHEN) von Anna Melikjan (beide Filme unter der Fragestellung „Kollektive Identitäten und individuelle Selbst-entwürfe“), die Reisefilme UNTERES KALEDONIEN (2007) von Julija Kolesnik und MENSCHEN ZWEITER KLASSE (2001) von Kira Muratowa („Reise als Suche nach Sinn und Selbstverortung“) und das Melodram FREE FLOATING (2006) von Boris Khlebnikov („Tendenzen zu einem Kino des Sozialen“). Die Analysen sind sehr genau, sie stellen Zusammenhänge zur sowjetischen Filmgeschichte her und machen neugierig auf die genannten Filme. Wenige, aber technisch gute Abbildungen. Coverfoto: FREE FLOATING. Mehr zum Buch: postsowjetische_protagonisten.htm
14. Januar 2016
THE MEMORY OF JUSTICE
Bei dieser Publikation haben die Wiener Gesellschaft SYNEMA und die Berliner Uni-versität der Künste zusammengearbeitet. Sie ist speziell dem Film THE MEMORY OF JUSTICE von Marcel Ophüls gewidmet. Von Ralph Eue, der sich mit der Präsentation und Würdigung der Ophüls-Filme große Verdienste erworben hat, stammen drei Texte: eine Ein-leitung, Hinweise zur Geschichte des genannten Films und Kommentare zu ausgewählten Filmen über die Nürnberger Prozesse. Dokumentiert ist außerdem die kluge Laudatio von Katja Nicodemus anlässlich der Verleihung der Berlinale-Kamera an Ophüls im Februar 2015. Lukas Foerster unternimmt eine analysierende Beschreibung von THE MEMORY OF JUSTICE. Ein Text von Michel Ciment aus dem Jahre 1975 erinnert an die Schwierigkeiten der Produktion. Brigitte Mayr gibt biografische Hinweise zu den 48 Protagonisten des Films und Ophüls’ Interviewpartner/innen in der Reihenfolge des Auftretens. Ein faksimiliertes Fax von 1995 und zwei Texte von Marcel Ophüls vertiefen den Produktionshintergrund. Von Erika Mann stammt ein kurzer Text über KZ-Filme. Eine vorbildliche Publikation über einen großen Dokumentarfilm. Mehr zum Buch: 0519&ss1=y
13. Januar 2016
Vom brasilianischen Modernismo zum Cinema Novo
Eine Dissertation, die an der Universität Mainz entstan-den ist. Peter W. Schulze nimmt das „Anthropopha-gische Manifest“ von Oswald de Andrades (1928) zum Ausgangspunkt für einen Brückenschlag vom Anti-kolonialismus zum Post-kolonialismus und beschäftigt sich in diesem Zusammen-hang ausführlich mit drei brasilianischen Filmen: ANTONIO DAS MORTES (1968) von Glauber Rocha, MACUNAÍMA (1969) von Joaquim Pedro de Andrade und COMO ERA GOSTOSO O MEU FRANCêS (1971) von Nelson Pereira dos Santos. Die sehr detaillierten Analysen verdeutlichen die kritische Darstellung der brasilianischen Geschichte durch die drei genannten Filmemacher. Mit Abbildungen in akzeptabler Qualität. Mehr zum Buch: strategien-kultureller-kannibalisierung
12. Januar 2016
Besonders wertlos
Einerseits ist Jörg Buttgereit (*1963) Filmemacher, in der Horror- und Splatter-filmszene hat er einen guten Namen. Anderer-seits sitzt er (siehe Cover) häufig an seinem Computer und schreibt Texte u.a. für das österreichische Filmmagazin ray, die Zeitschrift epd Film und das Magazin Deadline. 50 seiner Kolumnen sind in dem kleinen Band des Martin Schmitz Verlages nachgedruckt. Sie lassen sich gut lesen, weil sie flott formuliert sind und das enorme Wissen des Autors im Trashbereich dokumentieren. Es ist nicht so ganz meine Welt, aber ich habe großen Respekt vor den Kennern dieser Materie. Buttgereit erzählt auch von vielen persönlichen Begegnungen, zum Beispiel mit John Carpenter, Kazuki Omori, Akira Takarada und Bin Furuya, Johannes Schönherr, Haruo Nakajima (er spielte im Gummikostüm den Godzilla), Kurando Mitsutake, Christopher Lee und Udo Kier. Ein Text handelt von Trailern, ein anderer von Filmformaten, ein dritter vom Besuch der Scorsese-Ausstellung im Berliner Museum für Film und Fernsehen und der Bewunderung der Exponate von Robert De Niro, ein vierter von De Niro-Filmen, die als misslungen gelten (Buttgereit: „Schlechte Filme mit Bob sind immer noch besser als gute Filme mit DiCaprio, Damon oder Clooney.“). Man könnte noch viele andere Provokationen zitieren. Im Anhang findet man u.a. Erinnerungen an die 3D-Retrospektive der Berlinale 1980 (mit einem Bogen zum 3D der jüngsten Zeit), einen Aufsatz über „60 Jahre Godzilla“ und ein Interview mit George A. Romero. Viele Abbildungen. Mehr zum Buch: Buttgereit/Buch.html
10. Januar 2016
DER BRIEF & OBRIGKEITSFILM von Vlado Kristl
Er war der wohl größte Anar-chist des Neuen Deutschen Films. Die Unberechenbarkeit war eines seiner wichtigsten persönlichen Ziele. Der Kroate Vlado Kristl (1923-2004) lebte ab 1963 vorwiegend in Mün-chen. DER BRIEF (1966) war sein zweiter langer Spielfilm. Einerseits erzählte er eine kafkaeske Geschichte: wie der Mann T. (Kristl) einen Brief findet und auf vielen Umwegen zum Empfänger bringt. Der Brief enthält das eigene Todesurteil. T. wird hingerichtet. Andererseits zeigt er aus heutiger Sicht – also fünfzig Jahre später – viele junge deutsche Filmemacher, die nicht mehr am Leben sind. Man sieht Horst-Manfred Adloff, Boris von Borresholm, George Moorse, Peter, Thomas und Ulrich Schamoni, Karl Schedereit, Detten Schleiermacher, Petrus Schloemp, Franz Josef Spieker, Hans Rolf Strobel – und auch einige, die noch leben: Peter Berling, Peter Genée, Klaus Lemke, Christian Rischert, Eckhart Schmidt. Auch drei berühmte Kameraleute sind zu entdecken: Sven Nykvist, Jörg Schmidt-Reitwein und Gérard Vandenberg. Sie alle haben sich mit ihrer Mitwirkung vor Vlado Kristl verneigt. Die unruhige Kameraführung (Wolf Wirth) gehörte zu Kristls Konzept, sie nervte damals und tut das auch heute. Dennoch: ein wichtiges Dokument der Zeit. Der zweite lange Film auf der DVD heißt OBRIGKEITSFILM, dauert 81 Minuten, wurde bei den Hofer Filmtagen 1971 uraufgeführt und macht etwas ratlos, weil man nicht versteht (verstehen soll/ verstehen kann), was sich vor der Kamera abspielt. Einmal lassen die Protagonisten die Hosen herunter. Wie auf Befehl. Und Jean-Marie Straub deklamiert vor einem Scheiterhaufen: „Es brenne hier, sprach Goethe“. Danièle Huillet schweigt dazu. Zum Bonus-Material gehören die Kristl-Filme ARME LEUTE (1963, 8 Min.), AUTORENNEN (1965, 10 Min.), DIE UTOPEN (1967, 9 Min.), 100 BLATT SCHREIBBLOCK (1968, 26 Min.) und SEKUNDENFILME (1969, 18 Min.). Mehr zur DVD: Der-Brief—Obrigkeitsfilm.html Und ich empfehle das Buch von Christian Schulte: „Vlado Kristl. Die Zerstörung der Systeme“, das 2010 im Verbrecher Verlag erschienen ist: buch/206
09. Januar 2016
Animationsfilm
Der Animationsfilm (früher sprach man vom „Zeichen-trickfilm“) ist ein spezieller Bereich der Filmproduktion. Er setzt eine besondere kreative Begabung voraus, die vor allem mit Zeichnen und Malen verbunden ist. An der Film-akademie in Ludwigsburg gibt es dafür ein eigenes Institut. Natürlich träumen sich viele in die Welten von Walt Disney, Pixar oder Hayao Miyazaki hinein. Aber zu den profes-sionellen Voraussetzungen gehört auch handwerkliches Wissen. Das Buch des Animationsfilmers Hannes Rall sorgt in diesem Zusammenhang für eine Basis. Es unterscheidet zunächst zwischen der Vorbereitung einer Produktion (Drehbuch und Storyboarding, figürliches Zeichnen für Storyboard und Animation, Charakterdesign, Produktionsdesign) und der Produktion selbst. Hier geht es dann um die Prinzipien der Animation und ihre konkrete Anwendung: im Zeichentrick, in der Stop Motion und in der 3D-Computeranimation. Hilfreich bei der Vermittlung sind die vielen Zeichnungen und Bildbeispiele, die den Text begleiten. Das Buch ist insgesamt gut verständlich geschrieben, die Fachbegriffe kann man in einem Glossar verifizieren, sofern sie einem nicht ohnehin vertraut sind. Zwei Gastautorinnen – Melanie Beisswenger und Kathrin Albers – kümmern sich vor allem um die Bereiche Stop Motion und 3D-Computer-animation. Hinzu kommen verschiedene Experteninterviews. Nicht nur für Animationsfilmer eine interessante Lektüre. Mehr zum Buch: 5c9634b9d/
08. Januar 2016
Genre und Serie
Genre: das ist ein Ordnungs-faktor für die Wahrnehmung und Bewertung von Filmen und Fernsehsendungen. Serien: das sind Fortsetzungsgeschichten, die ihr Publikum möglichst langfristig an die Rezeption binden möchten. Darüber kann man sich auch in der Medien-theorie eigene Gedanken machen. Der vorliegende Band entstand im Sonderforschungs-bereich „Ästhetische Erfahrung im Zeichen der Entgrenzung der Künste“ an der FU Berlin. 18 Texte sind fünf Kapiteln zuge-ordnet: „Genres: Abgrenzungen, Poetiken, Praktiken“, „Wiederholung und Serialität“, „Zur televisuellen Evolution der Genres“, „Reihen, Zyklen, Filmserien“ und „Genres jenseits des amerikanischen Mainstreamkinos“. Zu den Autorinnen und Autoren gehören natürlich vor allem Wissenschaftler/innen der FU. Ich nenne einige Beiträge, die mich besonders interessiert haben. Ein kleines Team (Eileen Rositzka, Hermann Kappelhoff, Christian Pischel, Cilli Pogodda) beschäftigt sich mit dem amerikanischen Kriegsfilm THE GREEN BERETS. Gertrud Koch verweist auf Stanley Cavells Publikation „Pursuits of Happiness. The Hollywood Comedy of Remarriage“. Matthias Grotkopp widmet sich der Serie THE WIRE, Nikolaus Perneczky der Serie DEADWOOD. Chris Tedjasukmana referiert über „Affekt, Wiederholung und die Politik des Melodrams in Todd Haynes’ MILDRED PIERCE“. Sulgi Lie erinnert an die „Pflanzliche Mimikry in den BODY SNATCHER-Filmen“ von Don Siegel (1956), Philip Kaufman (1978) und Abel Ferrara (1993). Bei Tobias Haupts geht es um die Serie STAR TREK. Michael Lück erzählt „Mediengeschichtliches zur Edgar Wallace-Kinoreihe der 60er Jahre“. Bernhard Groß äußert sich zum „Verhältnis von Trümmerfilm und Genrekino 1945-1950“ und Winfried Pauleit schließt den Band zusammen mit Christine Rüffert mit einem Beitrag über „Experimentalfilm als Genre“ ab. Eine interessante Lektüre. Mehr zum Buch: 978-3-7705-5361-7.html

