Unzuverlässiges Erzählen

2015.Unzuverlässig kleinWenn die Handlung eines Films die traditionellen narrativen Gleise verlässt und den Zuschauer damit verunsichert, spricht man von „unzuverlässigem Erzählen“. Dies hat vor allem in Amerika, aber auch in Europa eine lange Tradition. Bernd Leiendecker hat in seiner Dissertation (Universität Bochum) einen Korpus von 200 Filmen aus dem 20. Jahrhundert untersucht und elf Kategorien gebildet: 1. Die retroaktive Traummarkierung (Beispiel: THE WOMAN IN THE WINDOW von Fritz Lang). 2. Der vorgetäuschte Tod (Beispiel: VERTIGO von Alfred Hitchcock). 3. Die retroaktive Markierung von Halluzinationen, Visionen und Tagträumen (REPULSION von Roman Polanski). 4. Die retroaktiv markierte intradiegetische Fiktion (DIE FEUERZANGENBOWLE von Helmut Weiss). 5. Die unzuverlässige Rückblende (DAS CABINET DES DR. CALIGARI von Robert Wiene). 6. Der unbewusste Tod (THE SIXTH SENSE von M. Night Shyamaian). 7. Imaginäre Freunde und gespaltene Persönlichkeiten PSYCHO von Alfred Hitchcock). 8. Die retroaktiv markierte Virtuelle Realität (WELT AM DRAHT von Rainer Werner Fassbinder). 9. Die irreführende Voice-Over-Rahmung (TO BE OR NOT TO BE von Ernst Lubitsch). 10. Zuweisung einer Opferrolle durch unvollständige Exposition (BEYOND A RESONABLE DOUBT von Fritz Lang). 11. Die metaleptische Annullierung (FUNNY GANES von Michael Haneke). Sechs Einzelfilme ließen sich keiner dieser Kategorien zuordnen (darunter sind MILDRED PIERCE von Curtis Bernhardt, IMAGES von Robert Altman und THE SILENCE OF THE LAMBS von Jonathan Demme). Die genannten Filmtitel habe ich als signifikante Beispiele aus dem von Leiendecker zusammengestellten Korpus ausgewählt. Er hat für seine Analysen natürlich die 200 Filme gesichtet. Eine interessante filmhistorische Untersuchung. Mehr zum Buch: what-they-want-to-see.html

DIE FRAU DES POLIZISTEN

2015.DVD.Frau des PolzistenFür diesen Film hat Philip Gröning 2013 in Venedig den Spezialpreis der Jury erhalten. In Deutschland bekam er überwiegend gute Kritiken, aber beim Deutschen Filmpreis wurde er nicht einmal nominiert. Seine Erzählweise ist eigenwillig. Wir sehen die Situation einer dreiköpfigen Familie in der nord-deutschen Provinz. Der Vater ist Polizist, die Mutter versorgt Haushalt und Kind, die vierjährige Tochter könnte eine schöne Zukunft haben. Aber der Vater arbeitet zu viel, hat Nebenjobs, um sein Gehalt aufzubessern, ist eifersüchtig und jähzornig, es kommt zu Gewaltausbrüchen gegenüber der Frau. Die Zerstörung der Familie ist unabwendbar. Der Film dauert fast drei Stunden. Er strukturiert die Geschichte in 59 Kapiteln, die jeweils mit „Anfang“ und „Ende“ gekennzeichnet sind. Er nimmt sich Zeit. Es dominieren die Bilder (Gröning stand auch selbst hinter der Kamera). Gedreht wurde – wie eigentlich immer bei ihm – ohne vorgegebenes Drehbuch mit viel Improvisation der Darsteller. Die Eltern (David Zimmerschied und Alexandra Finder) sind beeindruckend. Es gibt keine Filmmusik, nur Geräusche. Ich hätte dem Film einen größeren Erfolg gewünscht. In der Filmgalerie 451 ist inzwischen die DVD erschienen. Sie enthält als Bonusmaterial „Deleted Scenes“ (8 Minuten), Beobachtungen „Behind the Scenes“ (9 Minuten) und ein Gespräch zwischen Philip Gröning und Karsten Visarius, das im Deutschen Filmmuseum stattgefunden hat (26 Minuten). Mehr zur DVD: die-frau-des-polizisten/

Movies and Music

2015.MoviesEin Buch zum Hören, Lesen und Schauen. Es ist vor allem ein Buch mit einem akustischen Schatz: es enthält acht CDs mit Musikstücken aus 139 Filmen, in chronologischer Folge, beginnend mit dem Jahr 1932 (THE MUSIC BOX von James Parrott, mit Laurel and Hardy, Musikstück: „Dance of the Cuckoos“ von Marvin Hatley), endend mit dem Jahr 2013 (GRAVITY von Alfonso Cuarón, mit Sandra Bullock und George Clooney, Musikstück: „Main Theme“ von Steven Price). Auf der Reise durch die amerikanische Kinogeschichte (mit kleinen Ausflügen nach England) begleiten uns fast alle prominenten Filmkomponisten, es sind zwölf Stücke von John Williams zu hören, neun von Hans Zimmer, fünf von Ennio Morricone, je vier von James Horner (darunter „My Heart Will Go On“ aus TITANIC) und Bernard Herrmann, je drei von Maurice Jarre (darunter natürlich „Lara’s Theme“ aus DOCTOR ZHIVAGO), Elmer Bernstein und Giorgio Moroder. Auch Richard Strauß (mit „Also sprach Zarathustra“ aus 2001) und Richard Wagner (mit dem „Walkürenritt“ aus APOCALYPSE NOW) sind präsent. Das längste Stück ist „Anything Is Possible“ aus THE MATRIX mit 8 Minuten, 8 Sekunden, das kürzeste „Whistle Theme“ aus KILL BILL VOL. I mit 1’, 27’’. Das Buch enthält auf über 200 großformatigen Seiten auch viel Lesestoff: Texte zu allen 139 Filmen in Englisch und Deutsch, Cast und Credits, Angaben zum Budget und den Box Office-Zahlen. Doppelseiten mit schwarzem Untergrund präsentieren Schwarzweiß- und Farb-Abbildungen zu „Kisses in the Movies“, „Cars in the Movies“, „Disney’s Heroes“, „Iconic Actresses“, „Monsters in Movies“, „Spaceships in Movies“, „Architecture in Movies“, „Super Heroes“, „Disney’s Villains“, „Bad Girls in Movies“, „Bad Guys in Movies“ und „Make-Up Transformations“. Das alles ist – der Verlagsname verpflichtet – edel gestaltet. Die Texte stammen von Stefanie Breitbarth und René Valjeur. Für das Konzept ist Jos Bendinelli Negrone verantwortlich. Kompliment! Mehr zum Buch: moviessoundscameraaction/

Michael Degen / Oskar Werner

U1_978-3-87134-768-9.inddLiechtenstein 1983. Nach einer Gastspielaufführung von Strindbergs „Fräulein Julie“ in der Inszenierung von Ingmar Bergman wird der Schauspieler Michael Degen von seinem Kollegen Oskar Werner zu einem Drink in dessen Haus in Triesen eingeladen. Es wird eine lange Nacht, in der viel getrunken und fast pausenlos geredet wird. „Roman einer wahren Begegnung“ lautet der Untertitel des Buches. Zwei Schauspieler konfrontieren ihre Erinnerungen: die unterschiedlich verlaufenen Leben, ihre schönsten Rollen, die Zusammenarbeit mit bekannten Regisseuren und berühmten Kollegen, die nicht zu vergessenden Höhepunkte und Krisen in ihrem Beruf. Sie wissen viel von einander, sie haben eine erstaunliche Empathie zueinander. Am Anfang dominiert Oskar Werner, der eigentlich Oskar Josef Bschließmayer hieß, zehn Jahre älter ist als sein Gesprächspartner und den Platzvorteil im eigenen Haus nutzt. Im Laufe der Nacht gewinnt Michael Degen deutlich an Punkten, weil er beruflich noch nicht resigniert hat und etwas weniger trinkt als sein Gegenüber. Teils anekdotisch, teils in differenzierter Bewertung wird über Werner Krauß, Josef Kainz, Gustaf Gründgens, Elisabeth Bergner, Käthe Reichel, Klaus Kinski, über Ingmar Bergman, François Truffaut, Jürgen Fehling, Lothar Müthel, Peter Stein, Rudolf Noelte und Harry Buckwitz gesprochen. Wie interpretiert man die großen Rollen: den Prinzen von Homburg, Don Karlos, den Ferdinand in „Kabale und Liebe“ und vor allem Shakespeares Hamlet? Es gibt Dialoge in diesem Roman, bei denen man glaubt, der Autor habe sie damals heimlich aufgezeichnet. Mit fortschreitender Zeit häufen sich natürlich auch Redundanzen, aber wenn dann, ziemlich zum Schluss, Oskar Werner über den gescheiterten Selbstmordversuch seiner Mutter spricht und Michael Degen über die Jahre 43/44/45 im Untergrund in Berlin, die er dank seiner Mutter überlebt hat, dann gewinnt der Text noch einmal an Intensität. In einem „Epilog“ werden wir über das Ende von Oskar Werner informiert, am 23. Oktober 1983 in Marburg nach einem Herzinfarkt. – Es ist mehr ein Theater- als ein Filmbuch, es handelt von Kunst, Geschichte und Politik, es ist lesenswert. Mehr zum Buch: Der_traurige_Prinz.3075208.html

Verräter

2015.VerräterDie Einleitung von Hans Richard Brittnacher, der von Thomas Koebner die Herausgeberschaft der Buchreihe „Projektionen“ übernommen hat, beginnt so: „Das Urteil über den Verräter sprechen die Verratenen: Über Judas haben die Christen den Stab gebrochen, über Don Juan die verlassenen Frauen, über Leo Trotzki die Stalinisten, über Schenk Graf von Stauffenberg die Nazis, über Edward Snowden die amerikanische Regierung. Die Gründe des Verrats spielen in der Wahrnehmung der Verratenen kaum eine Rolle, die Dunkelheit, in die der Verräter sein Handeln hüllt, umso mehr. Deshalb hat der Verräter schlechte Karten.“ Acht Texte über Verräter sind in diesem Buch versammelt. Fünf haben mir besonders gut gefallen: Jürgen Heizmanns Anmerkungen zu THE THIRD MAN von Carol Reed und den Roman von Graham Greene („Der Verräter aus verlorener Unschuld“), Kai Spankes Essay über den Verrat im Mafiafilm, speziell in THE GODFATHER und GOODFELLAS („Keine Frage der Ehre“), Achim Küppers Reflexionen über Kopie und Auslöschung in Anthony Minghellas Film THE TALENTED MR. RIPLEY („Verrat am ‚Original’? Oder: Die Kunst der Fälschung“), Hans Richard Brittnachers Porträtierung des Judas im Film („’Mit einem Kuss verrätst Du mich?’“) und Thomas Koebners Überlegungen zum Verrat als Leitmotiv im Spionagegenre, mit Hinweisen auf Graham Greene und John le Carré und interessanten Anmerkungen zu THE SPY WHO CAME IN FROM THE COLD, THE HUMAN FACTOR, L’ARMÉE DES OMBRES, OBERST REDL und THE CONSTANT GARDENER. An Karin Wielands Text über Marlene Dietrich („Treue und Verrat“) hat mich der herablassende Ton gestört. Mehr zum Buch: 0#.VW9hKhyWFgs

Dekonstruktion des Bürgerlichen im Weimarer Kino

6416-8 CraciunEs gibt immer wieder neue Untersuchungen zum Film der Weimarer Republik. Die rumänische Germanistin Ioana Crãciun (sie ist auch als Lyrikerin, Dramatikerin und Grafikerin tätig) hat mit Unterstützung der Alexander von Humboldt-Stiftung in Frankfurt und Marbach geforscht und ihre interessanten Erkenntnisse jetzt im Universitätsverlag Winter publiziert. Sie zitiert zwar sehr oft Siegfried Kracauer, relativiert aber dessen Thesen und kommt bei ihren Analysen zu ganz eigenständigen Ergebnissen. Sie fokussiert ihren Blick auf fünf Themenbereiche und begrenzt die Untersuchung auf die Zeit des Stummfilms. Im ersten Kapitel geht es um „Die Großstadt und ihre Psychopathologie“. Die ausgewählten Filme sind ASPHALT von Joe May, DIE FREUDLOSE GASSE und GEHEIMNISSE EINER SEELE von G. W. Pabst. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Darstellung der männlichen Homosexualität. ANDERS ALS DIE ANDERN von Richard Oswald und ICH MÖCHTE KEIN MANN SEIN von Ernst Lubitsch sind die Filmbeispiele, außerdem werden hier Friedrich Wilhelm Murnau und seine beiden Filme DER LETZTE MANN und NOSFERATU ins Spiel gebracht. Das dritte Kapitel mit der Überschrift „Was hast du armet Wesen auf dieser Welt zu verlieren?“ handelt von Kindergestalten und Kinderschicksalen, wie sie in BERLIN. DIE SINFONIE DER GROSSSTADT von Walther Ruttmann, in verschiedenen Filmen von Fritz Lang, in Murnaus FAUST und in Gerhard Lamprechts DIE UNEHELICHEN zu sehen sind. Die umfangreichste Analyse gilt hier der Figur der „kleinen Thymian“ (dargestellt von Louise Brooks) in Pabst TAGEBUCH EINER VERLORENEN. Das vierte Kapitel („Ich möchte etwas Böses sehen … etwas ganz, ganz Böses …!“) handelt von Verbrechen und Verbrechern. Acht Filme werden in diesem Zusammenhang genauer untersucht: WACHSFIGURENKABINETT von Paul Leni, VON MORGENS BIS MITTERNACHTS von Karlheinz Martin, PHANTOM und SCHLOSS VOGELÖD von F. W. Murnau, DR. MABUSE, DER SPIELER und SPIONE von Fritz Lang und DER BETTLER VOM KÖLNER DOM von Rolf Randolf. Im fünften und letzten Kapitel geht es um die Gestalt des Doppelgängers in DER STUDENT VON PRAG von Henrik Galeen (mit einem Blick auf die erste Verfilmung 1913), METROPOLIS von Fritz Lang und, zum Schluss, DAS CABINET DES DR. CALIGARI von Robert Wiene. Beeindruckend am Text von Ioana Crãciun finde ich ihre Vertrautheit mit der deutschen Literatur, ihren Blick „von außen“ und ihre Sensibilität in den Bildbeobachtungen. Mehr zum Buch: Dekonstruktion_des_Buergerlichen/

THE PLAYER von Robert Altman

2015.DVD.The PlayerRobert Altman (1925-2006) ist für mich einer der Großen des amerika-nischen Films. Neben M*A*S*H, NASHVILLE und SHORT CUTS ist THE PLAYER (1992) ein Film, den ich besonders liebe. Bei KSM ist jetzt eine DVD des Films erschienen. Das Drehbuch hat Michael Tolkin geschrieben. Das Thema heißt Hollywood. Die Hauptfigur ist Griffin Mill (Tim Robbins), ein Produzent, der unter Erfolgsdruck steht und mit seiner Macht, über die Realisierung von Projekten zu entscheiden, anonyme Feinde hat. Drohbriefe spitzen seine schwierige Lage zu. Beim Treffen mit einem abgelehnten Autor kommt es zu Handgreiflichkeiten, der Autor stirbt, aber die Drohungen enden nicht. Der Film hat satirische Momente, es gibt Cameo-Auftritte von mehr als 50 Stars, darunter sind Harry Belafonte, Karen Black, Cher, Peter Falk, Jeff Goldblum, Anjelica Huston, Jack Lemmon, Nick Nolte, Julia Roberts, Susan Sarondon, Rod Steiger, Lily Tomlin und Bruce Willis. Zu den Extras der DVD gehören ein Audiokommentar von Robert Altman und Michael Tolkin, ein Interview mit Altman, einige nicht verwendete Szenen, der Trailer und eine Bildgalerie sowie ein Booklet. Mehr zur DVD: php?id=3565

Remakes and Remaking

2015.RemakesIn der Filmliteratur sind Remakes ein beliebtes Thema. Der vorliegende Band, herausgegeben von Rüdiger Heinze und Lucia Krämer, kommt aus dem Bereich der American Studies, alle Beiträge sind in englischer Sprache formuliert. Im Kapitel „Intra-medial Intracultural Remaking“ geht es um Remake-Vergleiche amerikanischer Produk-tionen. Oliver Lindner stellt RISE OF THE PLANET OF THE APES (2011) von Rupert Wyatt dem vierten Film der „Apes Saga“, CONQUEST OF THE PLANET OF THE APES (1972) von J. Lee Thompson gegenüber, Michael Butter vergleicht THE MANCHURIAN CANDIDATE (1962) von John Frankenheimer mit dem Remake von Jonathan Demme (2004), Johannes Fehrle den Western 3:10 TO YUMA (1957) von Delmer Daves mit dem Remake von James Mangold (2007). In allen Fällen sind die Unterschiede zwischen den Filmen eklatant. Im Kapitel „Intra-medial Transcultural Remaking“ öffnen sich die Horizonte transkulturell: Lucia Krämer beschäftigt sich mit indischen Remakes von amerikanischen Western Filmen, Martin Lüthe analysiert die Unterschiede zwischen dem amerikanischen Film THE DEPARTED (2006) von Martin Scorsese und dem in Hongkong realisierten Film INFERNAL AFFAIRS (2002) von Wai-Keung Lau und Alan Mark. Im dritten Kapitel, „Inter-medial Remaking“, werden midiale Grenzen aufgelöst. Bei Till Kinzel geht es um die sieben Verfilmungen des klassischen englischen Romans „Oliver Twist“ von Charles Dickens, die erste stammt aus dem Jahr1921 (von Millard Webb), die vorerst letzte aus dem Jahr 2005 (von Roman Polanski). Maria Marcsek-Fuchs untersucht die unterschiedlichen Interpretationen von Prokofievs „Romeo und Julia“ in den Choreographien von Lavrovsky, Cranko, MacMillan, Neumeier und Nureyev zwischen 1940 und 1977. Sabine N. Meyer sieht eine filmische Nähe zwischen AVATAR (2010) von James Cameron und DANCES WITH WOLVES (1990) von Kevin Costner. Martin Butler schließt den Band mit seiner Reflexion über das Online-Projekt STAR WARS UNCUT: A NEW HOPE (2010) und die Möglichkeit des Web 2:0. Mehr zum Buch: remakes-and-remaking

Klassiker des polnischen Films

2015.Polnische FilmklassikerDer erste Band einer neuen Reihe: „Klassiker des osteuropäischen Films“. Neun Herausgeberinnen und Herausgeber zeichnen dafür verantwortlich, für die „Klassiker des polnischen Films“ sind dies Christian Kampkötter, Peter Klimczak und Christer Petersen. Als Zielgruppe sollen nicht Fachleute erreicht werden, sondern ein „breites Publikum“, das allerdings eine gewisse Neugierde mitbringen muss. 25 polnische Spielfilme werden hier zu Klassikern erklärt, beginnend mit DIE LETZTE ETAPPE (1948) von Wanda Jakubowska, endend mit DER TAG EINES SPINNERS (2002) von Marek Koterski. Bekannt sind mir natürlich die vier Filme von Andrzej Wajda, die drei Filme von Krzysztof Kieslowski, die zwei Filme von Aleksander Ford und der jeweils eine ausgewählte Film von Wojciech Jerzy Has (DIE HANDSCHRIFT VON SARAGOSSA), Agnieszka Holland (FIEBER), Jerzy Kawalerowicz (MUTTER JOHANNA VON DEN ENGELN), Krzysztof Krauze (DIE SCHULD), Roman Polanski (DAS MESSER IM WASSER) und Krysztof Zanussi (TARNFARBEN). Die Filme von Marek Piwowski, Grzegoru Królikiewicz, Stanislaw Bareja, Juliusz Machuski, Piotr Szulkin und Wladyslaw Pasikowski kenne ich nicht. Die Texte im Buch machen in der Tat neugierig. Sie wirken sachkundig, erzählen den Plot, verorten die Regisseure in einem Kontext. „Die ihrem Anspruch nach ebenso wissenschaftlichen wie populärwissenschaftlichen Beiträge stammen von Autorinnen und Autoren aus der Slawistik, den Kultur-, Medien- und Filmwissenschaften“, heißt es auf dem Buchumschlag. Einzelhinweise fehlen leider. Auch auf Abbildungen wurde verzichtet. Dennoch: empfehlenswert. Mehr zum Buch: klassiker-des-polnischen-films.html

Carl Laemmle

2015.LaemmleVor zwei Jahren hat Udo Bayer eine Biografie über den Gründer der Universal-Studios, Carl Laemmle aus Laupheim, im Verlag Königshausen & Neumann publiziert. Laemmle (1867-1939) war eine Schlüsselfigur der frühen Geschichte des amerikanischen Kinos; er stammte aus dem schwäbischen Laupheim, wanderte 1884 in die USA aus, machte den bilderbuchhaften Aufstieg vom Laufburschen für einen Drugstore zum Geschäftsführer einer Textilfirma, wurde ein Kinopionier in Chicago und gründete 1912 die „Universal Motion Picture Manufacturing Company“, die Ende der 1910er Jahre als „Universal Pictures“ zu den „Big Five“ in Hollywood gehörte. Der Historiker Bayer hatte bei seiner Biografie aus einer archivarischen Fülle schöpfen können. Das hat ihn jetzt animiert, dem Text-Buch eine Laemmle-Biografie in Bildern und Dokumenten folgen zu lassen, die bei Hentrich & Hentrich erschienen ist. 178 Fotos, Plakate, faksimilierte Briefe und Telegramme, Zeitungs- und Zeitschriftenartikelartikel fügen sich zu einer außergewöhnlichen Familiengeschichte, denn dem Pionier Carl folgten zahlreiche andere Familienangehörige in die USA und in die Filmbranche. Zu allen Bildern und Dokumenten gibt es kurze Kommentare. Von Wolfgang Jacobsen stammt ein schönes Vorwort, von Bayer eine kurze Einführung. Der ganze Band in Deutsch und Englisch. Mehr zum Buch: nach-hollywood.html