Frauenfiguren des zeitgenössischen Mainstreamfilms

2016.FrauenfigurenEine Dissertation, die an der Universität Leipzig entstanden ist. Alice Fleischmann unter-sucht in ihrer Arbeit – vierzig Jahre nach Laura Mulveys großem Essay „Visual Pleasure and Narrative Cinema“ – , ob es in den stereotypisierenden Tendenzen des Hollywood-Kinos Veränderungen gegeben hat. Ihr filmischer Quellenkorpus sind 165 Filme aus den Jahren 2000 bis 2011. 51 Filme davon, beginnend mit X-MEN (2000), endend mit BRAUTALARM (2011), unterzieht sie einer hermeneutische Textinterpretation. Sie ist dabei auf der Suche nach Heimchen am Herd, Hilfsbedürftigen („Jungfrauen in Nöten“), Dreamgirls, Women in the Fridge, Actionheldinnen, Femme fatales und anderen ambivalenten Figuren, übernatürlich Bösen, Mad Women und echten Bösen. Die jeweiligen Anteile sind tabellarisch erfasst. An einer Fragebogenaktion übers Internet nahmen 2014 insgesamt 656 Personen teil. Die Datensätze von 509 Teilnehmer_innen konnten korrekt ausgewertet werden, 288 davon waren weiblichen, 204 männlichen Geschlechts und 3 transgender, 11 machten keine entsprechenden Angaben. Gefragt wurde vor allem nach Kriterien für die Filmauswahl beim Kinobesuch, Identifikationen mit Filmcharakteren, Bewertungen der Charaktere und Sexismus. Im Ergebnis stellt die Autorin fest, dass vom Publikum die Implementation starker weiblicher Charaktere durchaus gewünscht würde, dies aber der „Männerclub“ in Hollywood nicht realisiert. Im zeitgenössischen Mainstreamkino überwiegen weiterhin die vorhandenen Stereotype. Die Untersuchung von Alice Fleischmann ist aus meiner Sicht wissenschaftlich abgesichert und gut dokumentiert. In der Publikation wird auf Filmabbildungen verzichtet, es gibt 125 Grafiken und Tabellen. Der Anhang dokumentiert die Filmauswahl, die Filmfinanzen, die Rollenbilder und Charaktere der Inhaltsanalyse und den Text des Fragebogens. Das Literaturverzeichnis ist umfangreich. Mit einem Geleitwort des Doktorvaters Juniorprofessor Dr. Florian Mundhenke. Mehr zum Buch: www.springer.com/de/book/9783658114831

GIFT IM ZOO (1951)

2016.DVD.Gift im ZooEin Kriminalfilm aus den frühen 1950er Jahren. Im Hamburger Tierpark Hagenbeck steht der Direktor Rettberg (Carl Raddatz) unter Druck, weil in den letzten Wochen mehrere Tiere vergiftet wurden. Als Rettberg bei der Operation eines Rhinozerosses verletzt wird und drei Wochen im Krankenhaus liegt, übernimmt der Verwalter Oskar Beck (Ernst Schröder) die Leitung – und es gibt plötzlich keine toten Tiere mehr. Ein mit Rettberg befreundeter Kriminalrat und die kurzzeitig im Zoo arbeitende Dompteuse Vera (Irene von Meyendorff) finden den Schuldigen. Die Atmosphäre im Tiergarten ist liebevoll beobachtet und hat auch komische Momente, das Finale ist effektvoll in Szene gesetzt, die Schwarzweißaufnahmen von Ekkehard Kyrath haben eigene Qualitäten. Auch wenn man als Zuschauer den Täter früh erkennt, gibt es in den 80 Minuten viele Überraschungen. Ursprünglich sollte Wolfgang Staudte bei diesem Film Regie führen, aber nach einer Woche Drehzeit brach er die Arbeit ab, weil das Bundesinnenministerium von ihm verlangte, nie wieder für die ostdeutsche DEFA tätig zu sein; anderenfalls wollte das Ministerium nicht die für eine Produktion notwendige Ausfallbürgschaft übernehmen. Eine solche Erklärung lehnte Staudte damals ab. Die Regie übernahm dann Hans Müller, der drei Jahre später den DEFA-Film CAROLA LAMBERTI – EINE VOM ZIRKUS mit Henny Porten drehte. GIFT IM ZOO ist jetzt bei den Filmjuwelen als DVD erschienen. Die Bildqualität ist akzeptabel. Das Booklet stammt von Oliver Bayan; es ist in den Fakten informativ, aber der Autor benutzt zu oft das Wort „Streifen“ für Film. Mehr zur DVD: %22filmjuwelen%22

Und nach dem Holocaust?

2016.Und nach dem Holocaust?Eine Dissertation, die an der Universität Hamburg entstan-den ist. Lea Wohl von Hasel-berg untersucht darin jüdische Spielfilmfiguren im (west-) deutschen Film und Fernsehen nach 1945. Die Autorin hat dafür einen Korpus von rund 150 Kino- und Fernsehfilmen, Fernseh-spielen und Serien aus der Zeit zwischen 1949 und 2015 ermittelt, in denen Jüdinnen und Juden als Haupt- oder Neben-figuren präsent sind und deren Plot nach 1945 spielt. Die Kodierung von „Jewishness“ wird dabei entziffert durch die Einführung einer Figur als jüdisch, durch Rollenbesetzung und paratextuelle Kodierungen, durch Orte und Dinge (Friedhöfe, Judaica, Essen), durch jüdische Namen, Geschlechterkonstruktionen, jüdischen Witz und Humor und durch auditive Kodierungen (Musik, Sprechweise). Eine Typologie jüdischer Filmfiguren bildet den Hauptteil des Buches (rund 170 Seiten). Besonders ausführlich werden die folgenden Filme behandelt: DER RUF (1949) von Josef von Baky, ZEUGIN AUS DER HÖLLE (1967) von Zica Mitrovic, IN EINEM JAHR MIT 13 MONDEN (1978) und DIE SEHNSUCHT DER VEROIKA VOSS (1982) von Rainer Werner Fassbinder, DER PASSAGIER – WELCOME TO GERMANY (1988) von Thomas Brasch, DER ROSENGARTEN (1989) von Fons Rademakers, BRONSTEINS KINDER (1991) von Jerzy Kawalerowicz, MESCHUGGE (1998) von Dani Levy, ROSENZWEIGS FREIHEIT (1998) von Liliane Targownik, SCHALOM MEINE LIEBE (1998) von Josef Rödl, GEBÜRTIG (2002) von Lukas Stepanik, LIEBE UNTER VERDACHT (2002) von Jorgo Papavassilou, SUPERTEX (2003) von Jan Schütte, ALLES AUF ZUCKER (2005) von Dani Levy, EIN GANZ GEWÖHNLICHER JUDE (2005) von Oliver Hirschbiegel, ZORES (2006) von Anja Jacobs, DIE GÄRTEN DES RABBINERS (2008) von Wolfgang F. Herschel, SO EIN SCHLAMASSEL (2009) von Dirk Regel und IM ANGESICHT DES VERBRECHENS (2010) von Dominik Graf, aber auch Serien wie die LINDENSTRASSE und einzelne Folgen des TATORTS. Die Autorin hat hervorragende Arbeit geleistet. Der Anhang enthält eine Filmografie mit Synopsen. Zahlreiche, teils farbige Abbildungen in sehr guter Qualität. Mehr zum Buch: und-nach-dem-holocaust/

Jenseits der Frontlinien

2016.Jenseits der FrontlinienAusgangspunkt für diese Publi-kation war ein Symposium an der HFF München, veranstaltet im Rahmen des Ergänzungs-studienganges Theater-, Film- und Fernsehkritik, der von C. Bernd Sucher geleitet wird. Zwölf Beiträge öffnen den Blick auf den israelischen Film in den vergangenen zehn Jahren, der in dieser Zeit internationale Bedeutung gewonnen hat. Richard Chaim Schneider informiert über den Aufschwung des israelischen Kinos. Im umfangreichsten Beitrag setzt sich der israelische Filmkritiker Shmulik Duvdevani mit den Themen Ethik und Verantwortung in dem Film WALTZ WITH BASHIR von Ari Folman auseinander. Benedikt Frank und Artur Senger gehen der Frage nach, wie israelische Kriegsfilme ihren Gegenstand be- und ergründen. Fritz Göttler beschäftigt sich mit dem Problem, wie das israelische Kino erzählen lernt zwischen Problem- und Genrefilmen. Anna Steinbauer und Nicolas Freund haben ein Gespräch mit der Filmwissenschaft­lerin Noa Regev geführt, Julia Weigl und Quirin Brunnmeier redeten mit fünf jungen israelischen Filmemacher/innen. In einem kurzen Text von Brunnmeier geht es dann um den ersten israelischen Zombiefilm CANNON FODDER von Eitan Gafny. Zwei weitere Beiträge stammen von Anna Steinbauer, sie handeln von der Sterbehilfe-Komödie THE FAREWELL PARTY und der schwierigen Beziehung zwischen Pornografie und Holocaust. Antonia Mahler entdeckt, wie ein israelischer (BETHLEHEM) und ein palästinensischer Film (OMAR) dieselbe Geschichte sehr unterschiedlich erzählen. Britta Schönhütl untersucht Familiengeschichten in den Dokumentarfilmen THE FLAT und LIFE IN STILLS. Julia Weigl referiert im letzten Text über Tanz und Musik als interkulturelle Annäherung. Ein interessanter Band mit Abbildungen in bester Qualität. Coverfoto: WALTZ WITH BASHIR. Mehr zum Buch: 35&products_id=492

Quentin Tarantino

2016.TarantinoZehn Texte, die sich mit der Gewalt in Quentin Tarantinos Filmen beschäftigen, mit ihren partiell auch komischen Elementen und mit den Ein-flüssen zum Beispiel auf den Hindi-Gangsterfilm und Lady Gagas Videos. Vom Haupt-herausgeber Christian Hoffstadt stammen einige einführende Gedanken zu Komik und Gewalt in Tarantions Filmen. Tanja Prokic untersucht die Inter-medialität von Tarantino als ästhetische Strategie. Zwei Beiträge widmen sich dem Film INGLORIOUS BASTERDS: Bei Marcus Lachmund geht es um die Komik und Gewalt im Vergleich zu seinen vorangegangenen Filmen, bei Nils Bothmann um gebrochene Versprechen, generische Kontexte und ironische Auseinandersetzung mit den Titelfiguren. Björn Sonnenberg-Schrank positioniert JACKIE BROWN zwischen Literaturverfilmung und Blaxploitation. Fabian Gratzla interpretiert DJANGO UNCHAINED als komisch-brutalen amerikanischen Neo-Italo-Western. Martina Matuschik konstatiert im Blick auf KILL BILL die Überschreitung mehrerer Grenzen im Blick auf Frauen und Gewalt. Stefan Udelhofe reist mit Tarantino durch Los Angeles und Delhi und sieht die Einflüsse auf den aktuellen Hindi-Gangsterfilm. Simon Rehbach macht Anmerkungen zur Adaption von Tarantinos Filmsprache in Lady Gagas Musikvideo TELEPHONE. Alle Beiträge erweitern den Blick auf das Werk von Quentin Tarantino. Mit Abbildungen und Quellenhinweisen. Mehr zum Buch: Komik-Katharsis-und-Gewalt

Terrorismus im Spielfilm

2016.TerrorismusEine Dissertation, die an der Universität Tübingen ent-standen ist. Bernd Zywietz untersucht darin Konflikte, Genres und Figuren in der Darstellung des Terrorismus im Spielfilm. Er hat dafür vier Länder- und Zeitzonen gebildet: Der Nordirlandkonflikt und die IRA 1914-2012, die RAF und der Linksterrorismus im deutschen Spielfilm 1967-2012, Palästi-nensischer und islamistischer Terrorismus in Hollywood 1966-2013, Terrorismus im populären indischen Hindi-Kino 1971-2014. Die Filmkenntnis des Autors ist immens. Die Filmografie im Anhang listet 436 Titel auf, die Mehrzahl von ihnen wird im Text besprochen und auch beurteilt. Leider gibt es kein Personen- oder Filmregister. Besonders interessant finde ich das Kapitel über die RAF und den Linksterrorismus im deutschen Spielfilm. Es enthält eine kluge Gegenüberstellung von Volker Schlöndorffs DIE VERLORENE EHRE DER KATHARINA BLUM und Reinhard Hauffs MESSER IM KOPF, einen Exkurs über die Terrorismuskritik von Rainer Werner Fassbinder, eine analytische Spurensuche der 1980er Jahre mit den Schwerpunkten DIE BLEIERNE ZEIT von Margarethe von Trotta und STAMMHEIM von Reinhard Hauff und ein Kapitel über den RAF-Film seit 1990, unterteilt in die Genres Grotesken, Satiren und Komödien, Krimis und Thriller, Familiendramen und Historisierungen. Es wird immer wieder auf die Publikumsresonanz verwiesen, die zeitgenössische Kritik eingearbeitet und vom Autor selbst geurteilt. Das macht den Text sehr lebendig. Ein Schlussteil widmet sich den Terrorismusfilm-Genres: Actionfilm und Thriller, Drama, Politthriller und Politischer Film, sonstige Genre-Formate und -Formationen. Auch der Fernsehfilm wird einbezogen. Das Buch hat einen Umfang von fast 600 Seiten. Ich bin sehr beeindruckt. Mehr zum Buch: book/9783658121600

DAS GEHEIMNIS DES MARCELINO (1955)

2016.DVD.Geheimnis des MarcelinoLadislao Vajda (1906-1965) stammte aus Ungarn, drehte Filme in Italien, Palästina, Spanien und in den 1950er und 60er Jahren auch in Deutschland. Sein bekann-tester Film ist wohl ES GESCHAH AM HELL-LICHTEN TAG (1958) mit Heinz Rühmann und Gert Fröbe. MARCELINO PAN Y VINO (so der spanische Originaltitel) gilt als Kinderfilmklassiker. Er erzählt eine Geschichte aus dem 18. Jahrhundert. Ein Säugling wird vor einem Franziskanerkloster abgelegt und von den Mönchen aufgezogen. Eines Tages entdeckt er auf dem Dachboden ein großes Kruzifix. Die Christusfigur erwacht für den Jungen zum Leben, er versorgt sie regelmäßig mit Brot und Wein. Als er eines Tages darum bittet, seine Mutter wiederzusehen, nimmt ihn Christus in den Arm, und der kleine Marcelino stirbt. Die Geschichte wird von einem Mönch in einer Rückblende einem sterbenden Mädchen erzählt. Ein berührender Film, der 1955 einen Silbernen Bären bei der Berlinale gewann. Bei Koch Media ist jetzt eine DVD erschienen, das Material wurde dafür HD-remastered. Mehr zur DVD: FILM&page=0&id=1006716

Deutsche Geschichte im Spielfilm

2016.InszeniertSeit Anfang Juni ist im Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutsch-land in Bonn die Ausstel-lung „Inszeniert. Deut-sche Geschichte im Spiel-film“ zu sehen. Sie zeigt mit über 500 Exponaten und Filmausschnitten, wie sich in Deutschland der Blick auf die eigene Geschichte entwickelt und verändert hat. Ein interessantes Begleitbuch zur Ausstellung ist im Kerber Verlag erschienen. In elf Beiträgen wird das Thema medial und historisch aufgefächert. Frank Bösch gibt einen Überblick über Zeitgeschichte im deutschen Spielfilm. Angela Schwarz richtet den Blick auf Computer-spiele zur Geschichte. Silke Satjukow informiert über heutige Medien-angebote zum Thema. Nach einer Einführung in die Ausstellung geht es chronologisch weiter: Johanna Dietrich behandelt den Holocaust im Spielfilm, Judith Kruse den Widerstand gegen den Nationalsozialis-mus, Hans-Joachim Westholt Flucht, Vertreibung und Integration, Mark Laux das „Wirtschaftswunder“ im zeitgenössischen populären Spielfilm, Judith Kruse die Rote Armee Fraktion zwischen Legenden-bildung und Aufklärung, Alexander Hallasch die DDR im Spielfilm nach 1989. Zu diesen Themen sind kurze Interviews mit Günter Rohrbach, Stefan Kolditz, Nico Hofmann, Rainer Berg und Maria Furtwängler, Hanna Schygulla und Heinrich Breloer eingefügt. Ein Gastbeitrag stammt von der MDR-Intendantin Karola Wille. Viele Abbildungen in guter Qualität machen die Texte konkret. Mehr zum Buch: geschichte-im-spielfilm.html. Die Ausstellung ist in Bonn bis 15. Januar 2017 zu sehen und wandert dann ins Zeitgeschichtliche Forum nach Leipzig.

Entgrenzte Figuren des Bösen

2016.Entgrenzte Figuren des BösenEine Dissertation, die an der Universität Mainz entstan-den ist. Sabrina Eisele unter-sucht fiktive „Böse“ am Typus der „entgrenzten Figur“, sie hat dafür drei Filmbeispiele und eine Tanzperformance ausgewählt. Sie stellt zunächst methodische Vorüberlegungen an, definiert sehr präzise den Typus der entgrenzten Figur als Zwischenfigur in einer bestehenden antagonisti-schen Konfliktstruktur mit dem Gestus der Selbst-ermächtigung, ohne motivierende Vorgeschichte, zieht Verbindungslinien zu vergleichbaren Figuren (Trickster, Souveräne), macht einen ausführlichen Exkurs über das Spiel im fiktionalen Kontext, reflektiert über die Reichweite konventionalisierter Theorieansätze zur Rezipientenbeteiligung und kommt schließlich (auf S. 193) zum eigentlichen Thema, den konkreten Figuren Lecter (in THE SILENCE OF THE LAMBS von Jonathan Demme), Joker (in THE DARK KNIGHT von Christoper Nolan) und Murata (in THE COLD FISH von Sion Sono). Bei Lecter geht es um die Aufhebung der Differenz zwischen Innen und Außen, bei Joker um die Aufhebung der Differenz zwischen Anwesenheit und Abwesenheit, bei Murata um die Aufhebung der Differenz zwischen Materialität und Referentialität. Hier ist sind die Beobachtungen relativ konkret und nahe an den Bildern. Erweitert wird die Untersuchung anschließend mit einer Analyse der Tanzperformance „Angoloscuro“ von William Forsythe. Offenbar zweckbedingt ist der Text sehr theoriefixiert; das führte bei mir zwischendurch zu Ermüdungserscheinungen. Mehr zum Buch: entgrenzte-figuren-des-boesen

Die DDR und die Westmedien

2016.SchwarzhörerEine Dissertation, die an der Humboldt-Univer-sität in Berlin entstanden ist. Franziska Kuschel hat sich darin sehr umfas-send und hervorragend dokumentiert mit der Rezeption der West-medien in der DDR auseinandergesetzt. Rundfunk, Fernsehen, Zeitungen und Zeit-schriften des Westens durften bekanntlich im Osten Deutschlands nicht gehört, gesehen oder gelesen werden. Die Intensität, mit der das vom Staat verfolgt wurde, war unterschiedlich. Die Möglichkeiten, das Verbot zu umgehen, wurden zum Teil sehr intensiv ausgenutzt. Die Autorin teilt ihren Text in drei historische Abschnitte: die Jahre 1949 bis 1961, 1961 bis 1971 und 1971 bis 1989. Der Einschnitt 1961 war der Mauerbau, der die Möglichkeiten des Zugangs zu den Printmedien einschränkte, aber den Fernsehempfang der westlichen öffentlich-rechtlichen Programme in weiten Teilen der DDR – abgesehen vom bestehenden Verbot – nicht verhindern konnte. Der Einschnitt 1971 war der Machtwechsel von Walter Ulbricht zu Erich Honecker. Die technischen und administrativen Maßnahmen zur Verhinderung des Empfangs der Westmedien wurden nicht verstärkt, es fand sogar eine Liberalisierung in der Medienpolitik statt. Natürlich werden auch die Entwicklungen des DDR-Fernsehens dargestellt. Ein eigenes Kapitel ist der Sendereihe „Der schwarze Kanal“ von Karl Eduard von Schnitzler gewidmet, die eine Antwort auf Thilo Kochs „Die rote Optik“ war. Am Rande wird auch der Filmbereich behandelt, etwa mit einem Abschnitt über Grenzkinos vor dem Mauerbau oder mit Hinweisen auf importierte Filme aus der Bundesrepublik. Mehr als 1.000 Quellenverweise vor allem auf Akten des Bundesarchivs beweisen die Sorgfalt der Autorin bei ihrer Recherche. Der Text liest sich dennoch sehr flüssig. Das Titelfoto stammt von dem Fotografen Martin Schmidt: „Das Tierarztehepaar Dr. Krause bei abendlicher Entspannung vor dem Fernseher“ (1962). Mehr zum Buch: heimliche-leser.html