Motorlegenden: James Dean

Als James Dean am 30. Sep-tember 1955 in seinem silber-nen Porsche 550 Spyder an der Kreuzung der State Routes 41 und 48 um 18.20 Uhr mit einem Ford kollidierte und an den Folgen eines Genickbruchs starb, war er 24 Jahre alt. Er hatte erst drei Filme als Haupt-darsteller gedreht: EAST OF EDEN, REBEL WITHOUT A CAUSE und GIANT. Als Star ist er bis heute ein Mythos. Im Februar wäre er 90 Jahre alt geworden. Siegfried Tesche hat im Motorbuch Verlag eine Biografie über ihn publiziert, die sein Leben, seine Leidenschaft für Motorräder und Autos, seinen Tod und seinen Nachruhm mit Empathie und Faktenreichtum schildert. Sie beginnt mit den letzten acht Tagen seines Lebens, erzählt dann von den Anfängen in Marion/Indiana und Santa Monica, der Ausbildung in Los Angeles, der Zeit als mittelloser Schauspieler, den Erfolgen in den Jahren 1954/55, der Beziehung zu schnellen Fahrzeugen, dem Kult nach seinem Tod und seinen Gagen („Alle verdienten mehr als Dean“). Als Zeitzeuge kommt der Autotechniker Herbert Linge zu Wort. Tesches Text verbindet sich aufs Beste mit den 180 Abbildungen in Schwarzweiß und Farbe. Mehr zum Buch: EdmD20210310172310&navid=

Hans Moser

„Wiener Weltschmerzkomiker“ ist der Untertitel dieses wunder-baren Buches über den öster-reichischen Schauspieler Hans Moser, das Gottfried Schlem-mer, Arno Rußegger und Georg Seeßlen für das Filmarchiv Austria herausgegeben haben. 22 Texte und Gespräche nähern sich dem Protagonisten aus unterschiedlichen Perspektiven. Zentraler Beitrag ist der 36-Seiten-Essay von Georg Seeßlen über Moser in seinen Filmen („Triumph des Scheiterns“). Es gibt Texte von Helmut Dimko („Der Mann, der Moser war“), Armin Loacker („Filmstar mit Verzögerung“), Klemens Gruber („Hans Moser in zehn Thesen“), Wenzel Storch („Meine Jahre mit Hans Moser“), Siegfried Mattl („Überstehn ist alles“), Arno Rußegger („Überkörperlos“), Drehli Robnik (über Mosers Komödien im nationalsozialistischen Kino), Dietrich Kuhlbrodt (Mosers Rezeption in der Nachkriegszeit), Robert Buschwenter („An der kurzen Leine“), Michael Wenk (Mosers Filmfiguren und die Frauenwelt), Maria Fritsche (Mosers österreichische Identität), Stefan Grissemann (Mosers Vaterporträt in Hochbaums VORSTADTVARIETÉ), Robert Dassanowsky (Moser und Amerika), Alois Brandstetter („Mosern“), Franzobel („Moser oder die Passion des Wochenend-Wohnzimmergottes“). Der kürzeste Text stammt von Elfriede Jelinek. Er beginnt mit dem Satz: „Ich halte den Hans Moser für einen Weltschauspieler, einen der großen Naturschauspieler, ähnlich einem Fernandel, Michel Simon, Toto und wenigen anderen , absolut der Größte, den Österreich je hatte.“ Hans Moser starb im Juni 1964 im Alter von 83 Jahren. Das Buch – mit vielen Abbildungen – ist eine eindrucksvolle Gedenkschrift. Mehr zum Buch: hans-moser-weltschmerzkomiker/

Serge & Jane

Elf Jahre dauerte die legendäre Lebens- und Arbeitsbeziehung zwischen der britischen Schau-spielerin Jane Birkin (*1946) und dem französischen Song-writer Serge Gainsborough (1928-1991), von 1969 bis 1980. Sie waren nicht verheiratet, haben aber eine gemeinsame Tochter, Charlotte (*1971). Der österreichische Autor Günter Krenn hat die sehr lesenswerte „Biographie einer Leidenschaft“ verfasst, in deren Mittelpunkt die gemeinsamen 1970er Jahre stehen: die Filme, die Lieder und das Leben eines außerge-wöhnlichen Paares. Der pro-vokante Song „Je t’aime .. moi non plus“, den Gainsborough ursprünglich für Brigitte Bardot kompo-niert hatte, stand am Beginn der gemeinsamen Arbeit. 1976 wurde er in der Regie von SG mit JB in der Hauptrolle zu einem Film, der höchst umstritten war. Provokationen dominierten im musikalischen Werk von SG. Auch im Film spielte er gern unsympathische Typen. 1980 trennte sich JB von SG. Die hervorragend recherchierte Doppel-Biografie erzählt zunächst die Lebenswege von Serge & Jane, ihre Kindheit, Jugend und künstlerische Ausbildung. Dokumente und Zeitzeugen sind dafür wichtige Quellen. Dies betrifft auch die Zeit nach der Trennung, die für SG als Raucher und Alkoholiker gesundheitlich eine Leidensphase war. Sein Tod schien vorhersehbar. Der Abschied war auch für Jane schwer. Die letzten Seiten des Buches sind von Trauer geprägt. Mit einem 16-seitigen Bildteil. Mehr zum Buch: php/serge-und-jane.html

Roy Andersson

Nur sechs lange Spielfilme hat der schwedische Regisseur Roy Andersson (*1943) realisiert, den ersten, EINE SCHWEDI-SCHE LIEBESGESCHICHTE, 1970 (er wurde damals auf der Berlinale gezeigt), den letzten ÜBER DIE UNENDLICHKEIT, 2019. Dafür gewann er einen Silbernen Löwen für die beste Regie in Venedig. Dem Werk von Andersson ist das jüngste Heft der Film-Konzepte gewidmet, das Fabienne Liptay herausgegeben hat. In einem einleitenden Essay würdigt sie den Autor und Regisseur. Thomas Koebner richtet seinen Blick auf die Trilogie SONGS FROM THE SECOND FLOOR (2000), YOU, THE LIVING (2007) und EINE TAUBE SITZT AUF EINEM ZWEIG UND DENKT ÜBER DAS LEBEN NACH (2014): „Der melancholische Satiriker“. Bei Philipp Schulte geht es um die inszenatorischen Strategien der Angleichung von Menschli-chem und Dinglichem in der Trilogie: „Von Kristallkugeln, Ratten und Menschen“. Klaus Müller-Wille stellt eine Verbindung her zwischen Roy Andersson und August Strindbergs Oneiropoetik: „Wache Träume“. Laura Walde hat Gedanken zu Kürze und Knappheit bei Andersson formuliert: „Brevitas et gravitas“. Ursula Lindquist rühmt die unerschöpfliche Menschlichkeit des Kinos von Roy Andersson. Jan Asp hat 2020 ein Gespräch mit dem Regisseur geführt. Er will keine Filme mehr machen. Nr. 60 der Film-Konzepte, wieder sehr gelungen. Mehr zum Heft: Details.aspx?ISBN=9783967074338#.YE-BQjvl5W8

UND MORGEN DIE GANZE WELT (2020)

Der Film von Julia von Heinz hatte seine Uraufführung im Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig, die deutsche Premiere fand bei den Hofer Filmtagen statt, dann wurde er ein Opfer des Corona-Lock-downs. Jetzt ist bei Alamode/ Alive die DVD des Films erschienen. Erzählt wird die Geschichte der zwanzigjährigen Jura-Studentin Luisa, die sich zusammen mit ihrer Freundin Batte einer Antifa-Gruppe anschließt, die gegen Rechts-extreme vorgehen will. Dies tun auch die Studenten Lenor und Alfa, mit denen sie sich verbinden. Bei einer Wahlkampfveranstaltung der Rechten gerät die Situation außer Kontrolle. Im Handgemenge erobert Luisa ein Handy, auf dem sie Daten für einen Neonaziüberfall entdeckt. Die Gruppe zerstört Autos der Neonazis, und die Konflikte eskalieren. Der Film ist hervorragend inszeniert, die Kamera (Daniela Knapp) sehr beweglich und nah am Geschehen. In den Hauptrollen beeindrucken Mala Emde als Luisa, Luisa-Céline Gaffron als Batte, Tonio Schneider als Lenor und Noah Saavedra als Alfa. Man spürt, dass Julia von Heinz eigene Erfahrungen in den Film eingebracht hat, den ich sehr sehenswert finde. Mehr zur DVD: detail/index/sArticle/24514

Trude Herr

Heute vor dreißig Jahren wurde die Schauspielerin und Sängerin Trude Herr auf dem Nordfried-hof ihrer Geburtsstadt Köln be-erdigt. Tausende Fans nahmen Abschied von ihr. 1997 erschien die Erstauflage des Buches „Trude Herr. Ein Leben“, herausgegeben von Heike Beutel und Anna Barbara Hagin. Jetzt hat der Verlag Emons eine verbesserte Neuauflage publiziert. Zwanzig Verwandte, Freunde und Zeitzeugen haben sich damals in sehr persönlicher Form an Trude Herr erinnert, darunter ihre Schwester Agathe Hartfeld, ihre Nichte Gigi Herr, der Schauspieler Willy Millowitsch, der Intendant Jürgen Flimm, die Schauspielerin Anita Riotte, der Medienunternehmer Manfred Schmidt, der Fernsehredakteur Kurt Brühler, der ehemalige Minister Hans-Jürgen Wischnewski, der Autor Reinold Louis. Ihre Texte fügen sich zu einem beeindruckenden Porträt, in dem die vielseitigen Begabungen der Protagonistin deutlich werden. Hervorragend: die Auswahl der Abbildungen. Mehr zum Buch: trude-herr-ein-leben

Im Maschinenraum der Filmkunst

Rudolf Jürschik (*1935) war von 1977 bis 1989 Chefdramaturg des DEFA-Studios für Spiel-filme. Der Historiker Detlef Kannapin hat mehrere Gespräche mit ihm geführt, die interessante Informationen aus dem Inneren der DEFA zutage fördern und Jürschiks Lebensgeschichte erzählen: Kindheit, Jugend, Ausbildung, Assistenz, Promotion, Dozentur, die Zeit als Chefdramaturg, die DEFA ab Mitte der 1980er Jahre, die Phase der Wende und Nachwende mit dem Film FALLADA – LETZTES KAPITEL. Ein Exkurs führt zu Koproduktionen. Ein separates Kapitel ist der Filmpublizistik von Jürschik im Kontext von Politik und Kultur gewidmet. Eingefügt ist ein 50-Seiten-Gespräch von Ralf Schenk mit Jürschik, „Was ich sonst noch fragen wollte“, das ergänzende Fakten enthält. Das Buch ist ein wichtiger Baustein zur DEFA-Geschichte. Mit Abbildungen in sehr guter Qualität. Mehr zum Buch: bertz-fischer.de/immaschinenraum

Kellerkinder und Stacheltiere

Der Band dokumentiert die Bei-träge des 32. Internationalen Filmhistorischen Kongresses von CineGraph im November 2019. Das Thema war Polit-Komödie und Gesellschaftssatire. Zwölf interessante Texte sind zu lesen. Michael Töteberg beschäftigt sich mit dem Film DER MAUL-KORB von Erich Engel nach dem Roman von Heinrich Spoerl, Karl Griep mit dem Film DER UNTERTAN von Wolfgang Staudte nach dem Roman von Heinrich Mann. Heike Klapdor erinnert an den Nachkriegsfilm HIN UND HER von und mit Theo Lingen nach dem Bühnenstück von Ödön von Horváth. Sandra Nuy äußert sich zum Verhältnis von Politik, Film und Satire in den 1950er Jahren am Beispiel von WIR WUNDER-KINDER und WIR KELLERKINDER. Frank-Burkhard Habel befasst sich mit der satirischen DEFA-Kurzspielfilmreihe DAS STACHELTIER. Sigrun Lehnert sieht den Satirefilm GENOSSE MUNCHHAUSEN von Wolfgang Neuss und die Wochenschau Der Augenzeuge als mediale Weggefährten. Julian Pentley hat die Beteiligung des CIA an dem britischen Animationsfilm ANIMAL FARM erforscht. Bei Nils Daniel Peiler geht es um die Synchronisationen der Filme von Stanley Kubrick, bei Tereza Czesany Dvoráková um satirische Studentenfilme an der FAMU in den 1970er und 80er Jahren. Judith Ellenbürger erkundet mit Georg Simmel und Diogenes den Zynismus in der Finanzsatire. Werner Barg sieht politische Satire als Medienkritik in Filmen wie BEING THERE von Hal Ashby und WAG THE DOG von Barry Levinson. François Danckaert fragt, ob die Hitler-Komik in ER IST WIEDER DA von David Wnendt als politischer Weckruf verstanden werden kann. Redaktionell wurde der Band wieder von Erika Wottrich und Swenja Schiemann betreut. Cover-Abbildung: WIR KELLERKINDER.

Mehr zum Buch: www.etk-muenchen.de/search/Details.aspx?subject=film&sort=5&ISBN=9783967074420#.YF3Vfzvl5W8 

Von Kanonen und Spatzen

Eine Dissertation, die an der Filmuniversität Babelsberg Konrad Wolf entstanden ist. Johanne Hoppe erzählt darin die Diskursgeschichte der nach 1945 verbotenen NS-Filme. Vier Zeitphasen strukturieren den Text: 1945 bis 1955. Umgang der Alliierten mit NS-Filmen nach Kriegsende und nach Gründung der BRD bzw. der DDR. Die Rolle der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirt-schaft (FSK). 1956 bis 1978. Umgang der Bundesregierung und verschiedener Institutionen mit Verbotsfilmen. Die Vorgehensweise in der DDR nach Gründung des Staatlichen Filmarchivs. 1979 bis 1996. Die Kategorisierung von „Vorbehaltsfilmen“, der Diskurs um ihre Auswertung. Die Freigabepolitik in der DDR. 1997 bis 2017. Der Umgang der Murnau-Stiftung mit Vorbehaltsfilmen. Kino-Vorführungen und DVD-Verbreitung. Vorbehaltsfilme bei der FSK. Die Autorin hat intensiv in den entsprechenden Schriftgutarchiven geforscht und Gespräche mit Verantwortlichen geführt, u.a. mit Guido Altendorf (Mitarbeiter am Filmmuseum Potsdam), Karl Griep (ehemals Leiter des Bundesarchiv-Filmarchivs), Wolfgang Klaue (ehemals Leiter des Staatlichen Filmarchivs der DDR), Rainer Rother (Künstlerischer Direktor der Deutschen Kinemathek), Ernst Szebedits (ehemals Vorstand der Murnau-Stiftung). Insbesondere im Zusammenhang mit der seit 2014 geführten Debatte um das Filmerbe ist der koordinierte Umgang mit den Vorbehaltsfilmen wichtig. Die Publikation leistet hier wichtige Basisarbeit. Mehr zum Buch: 672-von-kanonen-und-spatzen.html

mommartzfilm 1964-2020

Seit 10. März ist in der Kunst-halle Düsseldorf eine Ausstel-lung zum filmischen Werk von Lutz Mommartz (*1934) zu sehen. Eigentlich sollte sie schon im November 2020 eröffnet werden, aber das war aus Corona-Gründen nicht möglich. Der zweibändige Katalog ist im Kettler Verlag erschienen, herausgegeben von Gregor Jansen und Renate Buschmann. Band 1 (Querformat) hat den Titel „WIR durchschaubar gleich“ und führt uns mit 328 Filmfotos durch das Lebenswerk des Experimental-filmers, beginnend mit AFRIKA – ERSTE BILDER AUF 8 MM (1963), endend mit THE RIGHT ICON – THINK BEFORE IT HAPPENS (2020). Einige Ikonen der Politik (John F. Kennedy, Fidel Castro), der Kunst (Joseph Beuys, Siegmar Polke), des Films (Eddie Constantine, Yvonne Rainer) haben ihre Auftritte und verbinden sich mit der Mommartz-Biografie, die geprägt ist von politischer Opposition und ästhetischem Widerstand. Im Band 2 (Hochformat) dominieren Texte, die sich auf hohem Niveau mit dem Gesamtwerk oder einzelnen Filmen beschäftigen. Zu den Autorinnen und Autoren gehören neben dem Herausgeberduo Daniel Kothenschulte (über den Found-Footage-Film ZEITSCHNEIDER), Peter Hoffmann (Mommartz und das Andere Kino), Jette Wolf (über die Filme WEG ZUM NACHBARN und HAIRCUT), Petra Lange-Berndt (über die Trilogie MEHR ALS ZWEI), Nikolas Middelmann (über die Filme ALS WÄR’S VON BECKETT und DER GARDEN EDEN), Lara Perski (über den Mommartz-Stil), Timo Niehoff (über die Filme ANGST UNTER DEN STERNEN und DIE TÄNZERIN). Ein Gespräch mit Lutz Mommartz und Rolf Neddermann informiert über die Filmwerkstatt Düsseldorf. Es gibt ein Werkverzeichnis und eine Auswahl-Bibliografie. Alle Texte auch in englischer Sprache. Mehr zum Katalog: programm/mommartzfilm-1964-2020#