Maureen O’Hara

Bild 1Fünfmal hat sie bei John Ford eine Hauptrolle gespielt: in HOW GREEN WAS MY VALLEY (1941) war sie Angahrad Morgan, die einzige Tochter in einer vielköpfigen Waliser Bergarbeiterfamilie, in RIO GRANDE (1950) Kathleen Yorke, die Ehefrau von Lt. Col Yorke (John Wayne), die ihren Sohn von den Frontkämpfen mit den Apachen heimholen will, in THE QUIET MAN (1952, Foto) Mary Kate Danaher, die sich in den ehemaligen Box-Champion Sean Thornton (John Wayne) verliebt, der in seine Heimat, nach Irland zurückgekehrt ist, in THE LONG GRAY LINE (1955) die Köchin Mary, die die Karriere ihres Mannes Martin (Tyrone Power) in West Point miterlebt, in THE WINGS OF EAGLES (1957) Min Wead, die Ehefrau des US-Navy-Kommandanten „Spig“ Wead (John Wayne), der nach einem Treppensturz gelähmt ist. Sie ist unvergesslich in jeder dieser Rollen und natürlich auch in vielen anderen Filmen, die nicht von John Ford stammen. In einer DVD-Rezension habe ich vor sieben Jahren über Maureen O’Hara als Mary Kate geschrieben: „Andererseits handelt dieser Film von einer Traumfrau. Als Thornton auf grünen Hügeln eine Schafsherde sieht, traut er seinen Augen nicht: mittendrin steht ein Mädchen wie aus dem Bilderbuch, mit rotem Rock und blauer Bluse, Sommersprossen, großen grünen Augen und wilden, braunroten Haaren. ‚Is that real?’, fragt der Heimkehrer und verliebt sich auf der Stelle. Maureen O’Hara als Mary Kate ist eine wunderbare Mischung aus Traum und Realität. Sie ist selbstbewusst, jähzornig, erwartungsvoll sich nach Liebe sehnend, dienend und herrschend, widerständig und sehr verletzlich. Beim Pferderennen, einer Schlüsselszene, trägt sie einen gelben Hut, ein blaues Kleid, ein weißes Band und hat dunkelrote Lippen. THE QUIET MAN ist ein Film in Technicolor. Das war das schönste Farbverfahren, das es je gab. Und irgendjemand hat einmal gesagt, es sei speziell für Maureen O’Hara erfunden worden.“ Ja, in den 40er und 50er Jahren war Maureen O’Hara eine, auch meine Traumfrau. Am Samstag ist sie in Boise/Idaho im Alter von 95 Jahren gestorben.

IN MEINEM HERZEN, SCHATZ… (1989)

2015.DVD.AlbersEin Film über Hans Albers von Hans-Christoph Blumenberg und sehr viel mehr, weil er kein konventioneller Porträtfilm ist, sondern in seinen Bildern und Tönen eigene Wege geht. All die bekannten Lieder, die Albers gesungen hat, werden hier von Ulrich Tukur vorgetragen: ironisch, spielerisch, in die Gegenwart geholt. Und Ilse Werner singt und pfeift, obwohl sie nicht mehr die jüngste war, als der Film gedreht wurde. Über weite Strecken ist dies ein wunderbarer Musikfilm. Es ist außerdem ein Film über die Stadt, in der Albers noch heute in der Erinnerung verortet wird, obwohl er ab 1933 am Starnberger See gewohnt hat: ein Film über Hamburg, wo es den Hafen, St. Pauli, die Reeperbahn, die Große Freiheit und das Hotel Atlantic gibt, in dem für ihn immer eine Suite reserviert war. Wir sehen keine Ausschnitte aus Albers-Filmen, aber Zeitzeugen erzählen von Begegnungen: sein Chauffeur, der ihn kurz vor seinem Tod noch einmal um den Starnberger See fuhr, der Regisseur Geza von Cziffra, die Schauspielerin Ilse Werner, ein Sammler, der stolz zwei Albers-Kostüme präsentiert. Es gibt keinen erklärenden Kommentar, keine Chronologie, sondern viele Stimmen, Zeitsprünge und dokumentarische Bilder aus Hamburg, die ich bisher nicht kannte. Sie verbinden sich bestens mit den aktuellen Aufnahmen, die Jörg Schmidt-Reitwein aufgenommen hat, ein herausragender Kameramann des neuen deutschen Films. Gedreht im Format 1:1,37, schwarzweiß. Am Ende hören wir die Stimme von Helmut Käutner, der 1960 auf dem Friedhof Ohlsdorf eine sehr berührende Grabrede auf Hans Albers gehalten hat. Ihm ist dieser Film auch gewidmet. – „Studio Hamburg Enterprises“ hat jetzt eine DVD von Blumenbergs Film veröffentlicht. Er ist damit endlich verfügbar. In der kleinen Box findet man außerdem den Film 13 KLEINE ESEL UND DER SONNENHOF (1958) von Hans Deppe mit Hans Albers, Marianne Hoppe und Günther Lüders. Mehr zur DVD: in-meinem-herzen-schatz/

Filmstatistisches Jahrbuch 2015

2015.Filmstatistik 2015Das Buch erscheint jährlich und enthält vor allem Zahlen. Es informiert auf der Grundlage von relativ präzisen Daten über die Entwicklungen in den Bereichen Filmpro-duktion, Verleih, Filmtheater, Werbung, Kinobesuch, Video, FSK, FBW, Filmförderung, internationale Filmstatistik (speziell: EU) und Fernsehen (Kinofilme/TV-Movies). Mit 234 im vergangenen Jahr erstaufgeführten deutschen Langfilmen hat sich die Zahl seit 2005 fast verdoppelt. Daran haben vor allem die Dokumentarfilme ihren Anteil, auch ihre Zahl hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. 98 % der Leinwände in der Bundesrepublik waren Mitte 2014 digital ausgestattet, darunter sind 46 % 3D-fähig. Mit insgesamt 121,7 Millionen Besuchern ist die Frequenz gegenüber 2012 (135,1) weiterhin rückläufig. Im Juni 2014 war der Kinobesuch deutlich am schwächsten, daran hatte nachweislich die Fußball-WM Schuld. Die passioniertesten Kinobesucher gibt es in Berlin und Bremen, dort ging jeder Einwohner im vergangenen Jahr 2,3 x jährlich ins Kino, in Brandenburg leider nur 1 x. 49 Prozent der Kinobesuche fanden zu zweit statt, nur zehn Prozent der Besucher gingen allein ins Kino. Mit 54 % dominieren weiterhin die Kinobesucherinnen. So erfährt man auf 100 Seiten manche Neuigkeit, wenn man sich für Zahlen interessiert. Das nächste Jahrbuch erscheint in einem Jahr. Mehr zum Buch: product=25928

Milena Canonero

2015.CanoneroSie ist eine der großen Kostümbildnerinnen des internationalen Films, hat u.a. für Stanley Kubrick, Francis Ford Coppola, Steven Soderbergh und Wes Anderson gearbeitet. Milena Canonero (*1946) ist das neue, inzwischen schon 40. Heft der Film-Konzepte gewidmet, das Fabienne Liptay herausgegeben hat. Sechs Beiträge würdigen sehr differenziert das breite Spektrum ihrer Tätigkeit. Daniela Sannwald erinnert an Canoneros Zusammenarbeit mit Stanley Kubrick („Kampfmonturen, Subkulturen“). Burcu Dogramaci beschreibt die Filmkostüme für OUT OF AFRICA („Blixens weiße Kleider und der postmoderne Safari-Look“). Bei Vera Cuntz-Leng geht es um die Ausstattung in THE HUNGER von Tony Scott („Vampirmythos trifft Popkultur“). Gertrud Lehnert und Julia Burde vergleichen die Kostüme in MARIE ANTOINETTE von Sofia Coppola mit der historischen Mode des späten 18. Jahrhunderts und der zeitgenössischen Malerei („Zwischen Etikette und modischer Neugier“). Susanne Marschall analysiert die Zusammenarbeit von Canonero mit Wes Anderson in den drei Filmen THE LIFE AQUATIC WITH ZISSOU, THE DARJEELING LIMITED und THE GRAND BUDAPEST HOTEL („Kostüm-Bilder“). Susanne Vill wirft einen speziellen Blick auf Canoneros Kostüme für die Opernbühne („Eine ‚zweite Haut’ für Opernsänger“). Mit Biografie, Werkverzeichnis und vielen Abbildungen in sehr guter Qualität. Kostümbildnerinnen werden in der Filmliteratur bisher zu wenig gewürdigt! Coverfoto: THE GRAND BUDAPEST HOTEL. Mehr zum Heft: VhZSThyWGT0

Popkultur und Fernsehen

2015.Popkultur + FernsehenAusgangspunkt für das Buch war eine Tagung über „Pop- und Populärkultur im Fernsehen“ an der Universität Kassel im Februar 2014. Die Referate wurden überarbeitet und durch neue Beiträge ergänzt. 16 Texte erschließen jetzt das Thema, beginnend mit Helmut Schanzes Beitrag über Popkultur, Fernsehen und die Anfänge der Medienwissenschaft. Ich nenne einige für mich besonders interessante Texte: „Anmerkungen zur literarischen Ikonografie des frühen Spiegel und zur Popularisierung literarischer Hochkultur im jungen deutschen Fernsehen“ von Ralf Schnell (mit Ingeborg Bachmann im Zentrum), „Zur Relativität von Kunst, Ausstellung und Massenmedien um 1970“ von Kai-Uwe Hemken (mit Erinnerungen an den unvergessenen Harald Szeemann), „Anmerkungen zu Christoph Schlingensiefs Fernseharbeiten“ von Bernd Maubach, „Rainald Goetz’ popästhetische Inszenierung im Fernsehen“ von Julia Pater, „Überlegungen zu Popfeminismus und Fernsehen“ von Anna Seidel, „Zur Entwicklung des Poetry Slams unter dem Einfluss des Fernsehen im deutschsprachigen Raum“ von Max Dorn, und „Exemplarische Untersuchung öffentlich-rechtlicher Fernsehsender und popmusikalischer Inhalte“ von Kristina Flieger. Eine überraschend interessante Publikation zur deutschen Fernsehgeschichte. Mehr zum Buch: popkultur-und-fernsehen?c=738

Christoph Schlingensief

In der Akademie der Künste wird heute Abend der Konrad Wolf-Preis verliehen. In diesem Jahr ist dafür die Sektion Film- und Medienkunst zuständig. Die Jury (Alexander Horwath, Naum Kleeman, Georg Seeßlen) hat entschieden, dass mit dem Preis posthum Christoph Schlingensief geehrt wird; die Jury unterscheidet dabei zwischen einer geistigen (Schlingensief) und einer materiellen Dimension (das Operndorf in Burkina Faso). Laudator ist Georg Seeßlen, den Preis nimmt Aino Laberenz, die Geschäftsführerin des Operndorfes entgegen. Moderiert wird die Veranstaltung vom Abteilungsdirektor Rosa von Praunheim. Anschließend wird der Film KNISTERN DER ZEIT – CHRISTOPH SCHLINGENSIEF UND SEIN OPERNDORF IN BURKINA FASO von Sibylle Dahrendorf gezeigt.

2015.SchlingensiefGeorg Seeßlens Buch „Der Filmemacher Christoph Schlingensief“ ist soeben im Getidan-Verlag erschienen. Es ist die erste Publikation, die sich speziell mit den Filmen des vielseitigen Künstlers auseinandersetzt. Die Einführung stammt von Dietrich Kuhlbrodt, der in vielen Schlingensief-Filmen mitgewirkt hat. In einem „Vorneweg“ geht es um die Frage „Wie man das Unsichtbare sichtbar macht“. Drei Kapitel strukturieren das Buch: I. Das Leben und das Kino. II. Die Filme. III. Die Kunst und das Leben. Kernpunkte im ersten Kapitel sind der Konflikt-Mythos, das Akausale, die Hysterie, das offene Kunstwerk, Fluxus und Film; ein Exkurs erzählt vom spielenden Kind, eine spezielle Bemerkung kommentiert die Anwesenheit des Künstlers in seinem Werk. Die Filmbeschreibungen sind kluge Interpretationen vor allem der zehn langen Filme aus den Jahren 1984 bis 1997; zu den bekanntesten Filmen gehören 100 TAGE ADOLF HITLER, DAS DEUTSCHE KETTENSÄGENMASSAKER und TERROR 2000. Im dritten Kapitel wird summiert und Bilanz gezogen: „Der gescheiterte Filmemacher“, „Vom Film zum Theater, in die Wirklichkeit und ins Fernsehen, und dann ins Museum“, „Tief unten: Drei Schlingensief-Motive“, „Exkurs über das Vulgäre“. Ein Ausblick heißt schließlich: „Von Christoph lernen, heißt scheitern lernen“. Seeßlen ist mit Schlingensiefs Filmen und seinem Leben bestens vertraut, er zitiert hier und da die posthum erschienene Autobiografie „Ich weiß, ich war’s“ (2012), aber er ist sprachlich und gedanklich so nah an Schlingensiefs Werk, dass man diese Nähe im Text unmittelbar spürt. Bewundernswert! Dokumentiert ist am Ende auch die Laudatio anlässlich der Übergabe des Helmut Käutner-Preises 2010. Mehr zum Buch: christoph-schlingensief

2015.DVD.Ausländer rausPaul Poet hat 2001-03 einen Dokumentarfilm über Christoph Schlingensief realisiert, der jetzt als DVD bei der Filmgalerie 451 erschienen ist. AUSLÄNDER RAUS zeigt eine Installation im Rahmen der Wiener Fest-wochen: „Schlingensiefs Container“. Direkt vor der Staatsoper hatte Schlingensief damals einen Wohncontainer aufgestellt, der von zwölf Asylanten bewohnt wurde. Im Internet sollten die Zuschauer darüber abstimmen, in welcher Reihenfolge die Asylanten „abgeschoben“ werden sollten. Das Projekt wurde u.a. von Elfriede Jelinek, Daniel Cohn-Benit, Gregor Gysi und Luc Bondy unterstützt. Es war eine Aktion gegen die damalige Regierungsbeteiligung der FPÖ. Die Reaktionen der Wiener Öffentlichkeit waren gespalten. Dies dokumentiert der Film eindrucksvoll. Schlingensief agierte souverän am Container und in den Medien. Er sagte später über Poets Dokumentation: „Dies ist der absolut beste Film über mich!“. Mehr zur DVD: schlingensiefs-container/

Zur Psychoanalyse ästhetischer Prozesse

2015.PsychoanalyseDies ist eine Publikation der „Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse und Musik“, aber in immerhin fünf der elf Textbeiträge spielt der Film eine wichtige Rolle. Der Psychoanalytiker Philipp Soldt stellt Überlegungen zu medienspezifischen Formen ästhetischer Erfahrung von Bild, Film und Musik an („Spielarten der Wahrnehmung“). Sebastian Leikert reflektiert Prozesseigenschaften des Mediums Musik im Vergleich zu Bild und Film („In Bewegung denken“). Bei Timo Storck geht es um Negativität und Zeitlichkeit in Malerei, Film und (Pop-)Musik („Das nachtragende Kunstwerk“). Gerhard Schneider sieht den Film ERASERHEAD von David Lynch in einer psychoanalytisch-seduktionstheoretischen Perspektive („Kult und Ekel“). Konrad Heiland vergleich in seinem sehr originellen Text Opernouvertüren mit Filmanfängen und nennt dafür viele konkrete Beispiele („Comment commencer?). Mechthild Zeul untersucht die Bedeutung des Songs „Big Rock Candy Mountain“ von Haywire Mac in dem Film O BROTHER, WHERE ARE THOU? der Coen Brothers („Das Kino als Höhlenhaus der Träume“). Auch wenn mir viele Voraussetzungen fehlen, um die Texte in ihrer wissenschaftlichen Bedeutung zu verstehen – sie öffnen ein interessantes Gedankenfeld. Mit umfangreichen Literaturlisten. Mehr zum Buch: products_id/2426

MASKERADE (1934)

2015.DVD.MaskeradeWien zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. Der Film von Willi Forst, eine österreichische Produktion, handelt von Verkleidungen, Täuschungen und Intrigen, von Eifersucht, doppelter Moral und wahrer Liebe. Im Mittelpunkt steht der umworbene Kunstmaler Ferdinand von Heideneck (Adolf Wohlbrück), der eine ehemalige Geliebte freizügig, nur mit Maske und Muff bekleidet, porträtiert und in Konflikte gerät, als das Bild in einer Faschingszeitung veröffentlicht wird. Besonders aktiv greift die schöne Anita (Olga Tschechowa) ins Geschehen ein, die zwar mit einem Kapellmeister verlobt ist, den Maler aber viel attraktiver findet. Und schließlich betritt die Hauptfigur die Szene: Leopoldine Dur, Vorleserin der Fürstin Metternich, gespielt von Paula Wessely, in die sich Heideneck unsterblich verliebt. Aber bevor wir ein Happyend erleben, müssen viele Missverständnisse aus dem Weg geräumt werden. Das Drehbuch haben Walter Reisch und Willi Forst geschrieben, es ist originell und hat Charme. Hinter der Kamera stand Franz Planer, die Musik stammt von Willy Schmidt-Gentner. Es sind vor allem die Schauspielerinnen und Schauspieler, die diesen Film bis heute sehenswert machen: die damals erst 27jährige Paula Wessely, die kämpferische Olga Tschechowa, der weltmännische Adolf Wohlbrück. In einer Nebenrolle als Gärtner Zacharias ist auch Hans Moser zu sehen. Bei den Filmjuwelen ist jetzt eine DVD des Films erschienen. Das informative Booklet stammt von Friedemann Beyer. Mehr zur DVD: filmjuwelen%22

Die alte Tante ist noch munter…

Text für den Filmdienst  (mehr …)

Classical Hollywood und kontinentale Philosophie

2015.Classical HollywoodIvo Ritzer, Absolvent der Mainzer Filmwissen-schaft, dessen Texte ich immer gern lese, weil sie klug und sachkundig sind, hat in der Reihe „Neue Perspektiven der Medienästhetik“ einen Band herausgegeben, in dem elf Autorinnen und Autoren über das Verhältnis zwischen Classical Hollywood und kontinentaler Philosophie reflektieren. Ritzers Ausgangspunkt ist die Beobachtung, dass sich in den letzten Jahren Philosophen verstärkt mit dem Medium Film auseinandersetzen, vor allem mit dem US-Kino der klassischen Studio-Ära: „Französische Poststrukturalisten wie Gilles Deleuze, Jacques Rancière, Alain Badiou und Jean-Luc Nancy, slowenische Neo-Lacanianer wie Slavoj žižek, Jean Cobjec und Malden Dolar, aber auch deutsche Postadorniten wie Martin Seel und Josef Früchtl, sie alle widmen sich intensiv einer Neu-Rezeption des Classical Hollywood.“ Seel eröffnet den Band mit einem „Selbstversuch“: er begründet, warum der Terminus „Hollywood“ in seinem Buch „Die Künste des Kinos“ (2013) nicht benutzt wird, und fordert, die theoretische Privilegierung von Hollywood zu vermeiden, um dessen ästhetische Qualitäten besser erkennen zu können. Thomas Meder und Ivo Ritzer setzen sich in einem gemeinsamen Text mit den Theorien des Kunsthistorikers Erwin Panofsky auseinander, der mit seinem Aufsatz „Style and Medium in the Motion Pictures“ (1946) wichtige Impulse für die Bewertung der Künste gegeben hat. Bei Malte Hagener geht es um die ideologiekritischen Analysen des Classical Hollywood in den 1970er Jahren – als beispielhaft gilt die kollektive Analyse der Cahiers du Cinéma-Redaktion von John Fords YOUNG MR. LINCOLN (1939) – , die in ihrer Detailbesessenheit paranoide Züge annahmen. Lisa Gotto lässt sich in ihrem Text „Der Mensch des (Hollywood-)Kinos“ von einer Publikation des Philosophen und Soziologen Edgar Morin begleiten. Ivo Ritzer konfrontiert Filme von Allan Dwan mit Thesen von Gilles Deleuze. Johannes Binotto stellt Überlegungen zu Jacques Lacan, Delmer Daves und dem Happyend an. Drehli Robnik thematisiert „Chaplins Slapstick als Denkbild von (Nicht)Philosophien politischer Macht bei Kracauer, žižek, Badiou und Rancière“. In drei Texten geht es dann um „Philosophien des Western“, sie stammen von Marcus Stiglegger (über John Ford), Ines Bayer (zur Krise des Körpers bei Anthony Mann) und Josef Früchtl (THE WILD BUNCH). Den Abschluss des Bandes bildet eine Betrachtung von Thomas Elsaesser über LIFE OF PI und die Film-Philosophie. Mehr zum Buch: book/9783658066192