07. November 2014
Der Vorspann amerikanischer Fernsehserien
Sie stehen seit einiger Zeit in ihrer Beliebtheit auch in Deutschland ganz vorn im Medienangebot: die ameri-kanischen Fernsehserien von HBO, CBS, Showtime oder Fox. Ihre Dramaturgien gelten als innovativ, ihre Genres sind vielfältig, jede neue Staffel wird sehnsüchtig erwartet. Welche Bedeutung haben in diesem Zusammenhang die Vorspänne, ihre Bilder, ihre Musik, ihre Längen, arbeiten sie mit Variablen oder Konstanten? Der Marburger Medienwissen-schaftler Eric Buhse (zurzeit Redakteur der Zeitschrift MEDIENwissenschaft Rezensionen) hat den Vorspann als „Bedeutungsträger“ erstmals wissenschaftlich untersucht. Er stellt ihn dabei in einen historischen Kontext, beschreibt ihn als Produkt industrieller und systembedingter Entwicklungsprozesse und analysiert schließlich einige ausgewählte Beispiele: GAME OF THRONES (seit 2011, bisher drei Staffeln, HBO), FRINGE (2008-13, nach fünf Staffeln beendet, Fox), ONCE UPON A TIME (seit 2011, die vierte Staffel wird in den USA gerade gesendet, ABC), FLASH FORWARD (2009-10, nach einer Staffel eingestellt, ABC), PERSON OF INTEREST (seit 2011, die vierte Staffel wird in den USA gerade gesendet, CBS), DEXTER (2006-13, nach acht Staffeln eingestellt, Showtime), HOW I MET YOUR MOTHER (Sitcom, 2005-14, bisher neun Staffeln, CBS). Der Autor beschreibt in seiner Analyse jeweils sehr genau die Bild- und Tonelemente der Vorspänne, die Varianten, soweit es sie gibt, und die möglichen strategischen Überlegungen der Produzenten. Für Serien-Fans eine sehr interessante Lektüre. Mehr zum Buch: programm/buhse
06. November 2014
Festschrift für Lothar Mikos
Lothar Mikos ist Professor im Studiengang Medienwissenschaft der Filmuniversität Babelsberg „Konrad Wolf“ und Geschäfts-führender Direktor des Erich Pommer Instituts. Er wurde kürzlich sechzig Jahre alt und aus diesem Anlass mit einer Festschrift gewürdigt, die die Europäischen Perspektiven des Fernsehens (und die großen Verdienste des Geehrten) thematisiert. 22 Beiträge haben die Herausgeberinnen Susanne Eichner und Elizabeth Prommer akquiriert, davon sieben in englischer Sprache. Die Mischung ist bunt. Der HFF-Absolvent Lutz Warnicke erinnert sich an seinen wichtigsten Lehrer. Der Medienwissenschaftler Rainer Winter plädiert für eine globale ethnografische Medienforschung. Hanne Bruun und Kirsten Frandsen reflektieren über Television Entertainment. Bei Hugh O’Donnell und Enric Castelló geht es um „Television in the New Millenium“. Claudia Töpper stellt sich ein Castingformat mit der Suche nach dem (Super-)Professor vor, in dem Lothar Mikos als Kandidat präsentiert wird. Joan Kristin Bleicher sieht „Ich bin ein Star – Holt mich hier raus!“ als Medienwelttheater. Jasko Jockenhövel verbindet seinen Genrediskurs über Zombie-Serien mit der Auswertung von LES REVENANTS. Elke Weissmann definiert „The Transnational Aesthetics of the RIPPER STREET“. Stefanie Armbruster verknüpft die Fernsehrezeption zweier Generationen in Deutschland und Spanien unter dem Gesichtspunkt Nostalgie. Marta Perrotta und Maria Cristina Zullo nehmen das Produc Placement im italienischen Mainstream-Fernsehen aufs Korn. Conrad Heberling erinnert sich an den Beginn des Fernsehformats BIG BROTHER 1999 und an seine erste Begegnung mit Lothar Mikos. Drei weitere englische Texte thematisieren den Blick der Medienindustrie aufs Massenpublikum (Göran Bolin), die Nachrichtennutzung in einer Multiplattform-Umgebung (Kim Christian Schroder) und die Nutzung von Multiscreens während der Fernsehrezeption (Claudia Wegener). Maya Götz berichtet über ihre zahlreichen Fallstudien zur Fernsehrezeption, die von Lothar Mikos’ Haltung beeinflusst wurden. Regina Friess und Stefano Semeria stellen die Bedeutung des klassischen Fernsehens für die jüngere Generation in Frage. Besonders interessant fand ich Hans-Jörg Stiehlers Überlegungen zur Bedeutung des Fußballschiedsrichters im medialen Umfeld. Yulia Yurtaeva informiert über die institutionellen Rahmenbedingungen im Programmaustausch zwischen Ost- und Westeuropa bis 1990. Ben Bachmaier erkennt eine didaktische Annäherung zwischen Mobilität und Schule. Joachim von Gottberg macht sich Gedanken über den Jugendschutz im veränderten medialen Umfeld. Und zum Schluss erinnert sich Dieter Wiedemann an Begegnungen mit Lothar Mikos. Viel Respekt und spürbare Verehrung für einen Professor zum 60. Geburtstag. Mehr zum Buch: 40a214f20/
05. November 2014
Joseph Roth: Texte zum Film
Der österreichische Autor Joseph Roth (1894-1939) hat nicht nur große Romane geschrieben („Die Rebellion“, „Radetzkymarsch“, „Die Kapuzinergruft“), sondern in den 1920er und 30er Jahren als Journalist auch viele inter-essante Texte publiziert. Das damals noch neue Medium Film spielte bei Roth eine große Rolle, er war neugierig, oft skeptisch, gelegentlich auch begeistert. Helmut Peschina und Rainer-Joachim Siegel haben jetzt im Wallstein Verlag einen Band mit „Feuilletons zur Welt des Kinos“ herausgegeben: „Drei Sensationen und zwei Katastrophen“. Rund hundert Texte von Joseph Roth zum Thema Film haben die Herausgeber gefunden, sie wurden zunächst in der Wiener Zeitschrift Die Filmwelt und dann vor allem im Berliner Börsen-Courier und in der Frankfurt Zeitung veröffentlicht. Roth hat sich nicht als professionellen Filmkritiker gesehen, sondern als Beobachter der Kunstszene, in die er auch das Kino einbezog. Er konnte scharf urteilen. So schreibt er über den zweiten Teil der NIBELUNGEN: „Man hat den zweiten Teil des Nibelungenfilms mit großer Spannung erwartet. Er hat enttäuscht. Ja, er ist sogar eine Katastrophe. Denn er ist, was gerade noch ein altes Epos sein darf, ein Film aber unter keinen Umständen: langweilig. (…) Es ist hart, einem so begabten Filmregisseur wie Fritz Lang sagen zu müssen, daß seine Mühe größer war als seine Achtung vor dem Sujet.“ (Frankfurter Zeitung, 14.5.1924). Eine fast klassische Filmkritik schrieb Roth über Murnaus LETZTEN MANN, mit einer Verneigung vor dem Autor Carl Mayer und dem Hauptdarsteller Emil Jannings, skeptischen Bemerkungen zum Epilog („ironischer Konzessions-Schluß“) und dem Resümée: „einer der besten Filme nicht nur Deutschlands, sondern der Welt“. (Frankfurter Zeitung, 8.1.1925). Roths große Liebe galt Charles Chaplin, seine Verachtung den amerikanischen Erfolgsfilmen. Im Anhang enthält das Buch zwei Treatments: „Kinder des Bösen“ und „Der letzte Karneval von Wien“. 80 Seiten Anmerkungen liefern wichtige Informationen zu den Texten. Das Nachwort der Herausgeber beschreibt das ambivalente Verhältnis von Joseph Roth zum Film. Coverfoto: Kreuz-Kino in der Wiener Wollzeile, 1934; Foto: Lothar Rübelt. Mehr zum Buch: drei-sensationen-und-zwei-katastrophen.html
04. November 2014
Wörterbuch kinematografischer Objekte
Das kleine Buch ist aus der Arbeit des Junior-Fellow-Programms am Inter-nationalen Kolleg für Kulturtechnik-forschung und Medienphilosophie (IKKM) der Bauhaus-Universität Weimar hervorgegangen. Es enthält 100 Einträge von 62 Autorinnen und Autoren. Kinematografische Objekte werden hier „als Vermittler aufgefasst, die den Übergang zwischen vorfilmischem Raum, Filmbild und apparativem Feld strukturieren“. Rund zwanzig Objekte haben einen unmittelbaren Bezug zur filmischen Technik oder Ästhetik: Close-Up, Farbe, Filmstreifen, Irisblende, Kamera, Kamerastativ, Leinwand, Licht, Lichtdouble, amerikanische Nacht, Perforation, Pillow Shot, Plansequenz, Projektor, Rückprojektion, Schwenk, Stock Shots, Ton, Überblend-zeichen, Zeitlupe, Zelluloid, Zoom. Andere assoziiert man mit Handlungsorten, Gebäuden und Einrichtungsgegenständen (Empire State Building, Fahrstuhl, Fass, Fassade, Fenster, Fernsehapparat, Flipper, Jalousie, Kühlschrank, Leuchturm, Monument Valley, San Francisco Hills, Spiegel, Swimmingpool, Tonbandgerät, Tür) oder mit den handelnden Personen (Blut, Haar, Hand, Haut, Leiche, Maske, Narbe, Nylonstrumpf, Perücke, Prothese, männliche Träne), mit dem Wetter (Nebel, Regen, Wind), mit der dramaturgischen Verbindung von Orten (Brücke, Treppe) oder der verhinderten Verbindung (Mauer, Stacheldraht). Und manche Motive stehen offenbar für sich allein: Atombombe, Diskokugel, Kaugummi, Motte, Tesla-Transformator, Unding. Zu jedem der hundert Objekte gibt es einen kurzen, prägnanten Text mit konkreten Filmverweisen, und in der Regel stehen am Ende nützliche Literaturhinweise. Die Lektüre ist anregend, auf Abbildungen wurde verzichtet, die Bilder entstehen im eigenen Kopf. Mehr zum Buch: objekte/
02. November 2014
DER SCHWEINESTALL
Im Martin-Gropius-Bau in Berlin ist weiterhin die Pier Paolo Pasolini-Ausstellung zu sehen. Bei der Filmgalerie 451 ist erstmals Pasolinis Film PORCILE/DER SCHWEINE-STALL (1968/69) als DVD erschienen. Er wurde 1969 in Venedig uraufgeführt, die Reaktionen der internationalen Kritik waren ambivalent. Auch heute, 45 Jahre später, ist man (oder bin ich) nach der Besichtigung zwiegespalten. Zu sehen sind zwei ineinander verwobene Geschichten, die erstens den Kannibalismus und zweitens die Sodomie thematisieren. Ein junger Mann im Mittelalter (gespielt von Pierre Clementi), zunächst einsam in der Wüste, ernährt sich von Insekten und Schlangen, tötet einen Menschen, der sich in der Einöde verirrt hat, und verspeist ihn. Andere Menschen stoßen zu ihm, es bildet sich eine Kannibalengruppe, sie wird von Soldaten verfolgt, gefangen genommen und zum Tode verurteilt. Man wirft sie Hunden und Schakalen zum Fraß vor. Ein anderer junger Mann (gespielt von Jean-Pierre Léaud), ist Sohn eines ehemaligen Hitler-Anhängers, wohnt in einem Schloß in Bad Godesberg in den 1960er Jahren, ist befreundet mit einer Berliner Studentenrebellin (gespielt von Anne Wiazemsky) und bekennt, dass er sich aus Ekel vor den Menschen nur noch mit unschuldigen Tieren, speziell mit Schweinen, vergnügen kann. Am Ende berichtet ein Bote, dass der junge Mann von den Schweinen aufgefressen wurde. In der ersten Geschichte wird fast gar nicht gesprochen, in der zweiten sehr viel. Die Bilder (Kamera: Armando Nannuzzi und Tonino Delli Colli) sind unterschiedlich in Distanz und Nähe, in statischen Einstellungen und beweglicher Handkamera, aber durch die Montage eng miteinander verbunden. Es dominiert die thematische Provokanz, gelegentlich die Satire, es gibt andererseits eindrucksvolle Szenen. Georg Seeßlen hat für das beiliegende Booklet einen Essay verfasst, der den Film vielfältig erschließt und ihm große Bedeutung beimisst. Da kann ich ihm nur partiell folgen. Mehr zur DVD: der-schweinestall/
31. Oktober 2014
Klaus Wyborny: Filmtheorie II
Über den ersten Teil seiner Filmtheorie habe ich mich im März 2013 geäußert: klaus-wyborny/ Jetzt ist im LIT Verlag der zweite Teil erschienen: „Grundzüge einer Topologie des Narrativen“. Vier Kapitel geben die Struktur und den Gedanken-weg vor: I. Der Grund-formalismus. II. Narrative Topologien im Licht der Evolution. III. Ideale Verknotungsverläufe. IV. Erweiterungen des Grund-formalismus. Beispielhaft seien hier die zehn Unterkapitel der „Idealen Verknotungsverläufe“ genannt: „A. Liebe und Zivilisation – Ars Amatoria. B. Die niedere Jagd und der Weg. C. Homerische und Odysseische Transformationen. D: Die schwache Verfolgung. E. Die Gleichgültigkeit der Götter. F. Der Weg und das Heim (Kampf um Troja). G. Der Teppich der Penelope – Gaionen und Äonen. H. Der große Sieg. I. Die große Verbrüderung. J. Antizipierte und Scheinverknotungen.“ Es ist hilfreich, die Einleitung des Herausgebers Thomas Friedrich aufmerksam zu lesen, weil sie den Weg in die Gedankenwelt Wybornys weist und auch die mathematisch wirkenden Formeln im folgenden Text erklärt. Unmittelbare, konkrete Filmbezüge sind eher die Ausnahme, das Personenregister führt nur auf die Spur von John Ford , Jean-Luc Godard, Alfred Hitchcock und Alain Resnais. Aber Ford und Hitchcock bauen für den Leser dann die Brücke zu einem längeren Absatz über „Filmschauspieler als heutige Götter“. Ansonsten bewegen wir uns weitgehend in einer metaphorischen Welt, die teilweise durchaus originell, teilweise aber sehr formelhaft erklärt wird. Mehr zum Buch: isbn/3-643-11054-1
30. Oktober 2014
Transformationen der Gewalt im Film
Sven Kramer ist Professor für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Literarische Kulturen an der Fakultät Kulturwissenschaften der Leuphana Universität Lüneburg. Die Kodierung von Gewalt in Literatur und Film gehört zu seinen Spezialgebieten. Das macht seine kluge Einführung ins Thema noch einmal deutlich. Sieben Aufsätze versammelt der Band, beginnend mit einem „Versuch über den Propagandafilm“, konkretisiert an Leni Riefenstahls Dokumentar-filmen aus den 1930er Jahren. Es folgt ein Essay, der sich mit Jean Améry und seiner Auseinandersetzung mit Tortur und Folter beschäftigt. Dann geht es in zwei Texten um Spielfilme, um David Cronenbergs A HISTORY OF VIOLENCE (2005) und um Atom Egoyans ARARAT (2002). Zwei weitere Texte handeln von Essayfilmen, von der Ökonomie des Authentischen in Chris Markers LEVEL FIVE (1997) und von den Geschichtsbildern in Alexander Kluges VERMISCHTE NACHRICHTEN (1985/86). Diese sechs Beiträge wurden bereits an anderer Stelle publiziert, für den vorliegenden Band aber überarbeitet. Neu ist ein Text über Harun Farockis Film AUFSCHUB (2007), der Filmdokumente aus dem Lager Westerbork verwendet. Kramer beschäftigt sich dabei mit der Frage nach der Authentizität von dokumentarischen Aufnahmen aus der NS-Zeit und ihrer Bildperspektive. Eine besondere Qualität des Buches liegt in der beispielhaften Konzentration auf einzelne Filme und der entsprechenden Konkretisierung der Analysen. Mit Cronenberg, Egoyan, Marker, Kluge und Farocki stehen dabei herausragende Filmemacher im Zentrum der Auseinandersetzung. Sehr gute Abbildungen. Coverfotos: TRIUMPH DES WILLENS und A HISTORY OF VIOLENCE. Mehr zum Buch: products_id=443
29. Oktober 2014
Werner Herzog
Das Werk von Werner Herzog ist reich an visionären Bild-elementen, beginnend mit dem Schwenk über ein Tal voller Wind-mühlen in seinem ersten Spielfilm LEBENS-ZEICHEN. Der Medienwissenschaftler Felix Schackert untersucht in seiner Mainzer Diplomarbeit auf der Basis der Kinophilosophie von Gilles Deleuze, wie wir als Zuschauer Bilder wahrnehmen, ihnen Bedeutungen geben und Zusammenhänge interpretieren. Ein „filmisches Kristallbild“ ist für ihn eine Szene, in der wir nicht mehr zwischen der Realität des Gezeigten und unserer Deutung unterscheiden können. Die Beispiele dafür sind im Werk Herzogs besonders zahlreich, und der Autor, mit diesem Werk bestens vertraut, bewegt sich sehr souverän durch die Bilderwelt des Regisseurs. Sein wissenschaftliches Fundament, die Kinophilosophie von Deleuze, wird auf den ersten 50 Seiten der Publikation gelegt. Für Herzog-Fans ist das Buch natürlich Pflichtlektüre. Wissenschaftliche Laien werden sich eher schwer damit tun. Mehr zum Buch: product=22956
28. Oktober 2014
John Ford
Natürlich müsste man jetzt in Wien sein und die Filme der diesjährigen Retrospektive der Viennale sehen. Sie ist dem großen John Ford gewidmet. 48 Filme von ihm werden gezeigt, einige frühe aus den 1920er Jahren kenne ich nicht, aber auch die späteren, die ich oft gesehen habe, würde ich gern auf einer Leinwand wieder-sehen. Aber Wien ist zurzeit weit von Berlin entfernt, und so muss ich mich mit der Lektüre des Katalogs begnügen. Es ist ein wunderbares John-Ford-Buch, es wird eröffnet mit einem grandiosen Essay von Hartmut Bitomsky, dem vierten Teil seiner „Passage durch die Filme von John Ford“, geschrieben im Sommer 2014, als Konklusion der ersten drei Teile, die 1978-80 in der Zeitschrift Filmkritik erschienen sind. Bitomsky verknüpft amerikanische Geschichte mit seinen Beschreibungen der Ford-Filme, beginnend mit der Episode THE CIVIL WAR in dem Film HOW THE WEST WAS WON, endend mit THE SEARCHERS, und die in der Chronologie springenden Beschreibungen sind in ihrer Genauigkeit, ihrem Gedankenreichtum, ihrer Ford-Nähe schlicht phänomenal. Sie stellen zwischen den Filmen, den Haupt- und Nebenfiguren, den Räumen, den dramaturgischen Konstellationen und den historischen Hintergründen Verbindungen her, die mich immer wieder überrascht haben. Besonders eindrucksvoll: die Passagen über THEY WERE EXPENDABLE und SEVEN WOMEN. Auf Bitomskys Text folgt eine kürzere, schöne Reminiszenz an MY DARLING CLEMENTINE von Susanne Röckel. Und Harry Tomicek nimmt in seinem Essay „The Old Masters: John Ford, John Ford and John Ford“ THE SEARCHERS zum Ausgangspunkt für eine ebenfalls sehr lesenswerte Hommage. Die Filme der Retrospektive werden in der zweiten Hälfte des Buches mit Texten aus vielfältigen Quellen vorgestellt (Redaktion Stefan Flach, Claudia Siefen). Die Fotos, alle in Schwarzweiß im Format 12 x 8,8 cm, sind sehr gut ausgewählt. Ein großes Kompliment an die Viennale für diesen „Katalog“. Mehr zur Retrospektive: retrospektive
27. Oktober 2014
Tag des audiovisuellen Erbes
Seit 2005 gibt es den von der UNESCO ausgerufenen „Tag des audiovisuellen Erbes“, seit 2007 wird er auch in Deutschand begangen. Die landesweite Programm-Koordination liegt hier bei der Deutschen Kinemathek. So kann man heute Abend im Berliner Kino Arsenal relativ unbekannte Kurzspielfilme aus den Jahren 1909 bis 1913 sehen, darunter SCHÖNHEITSKONKURRENZ IN DER KINDERWELT aus Italien, WEM GEHÖRT DAS KIND? mit Henny und Rosa Porten, DER CLOWN UND DER NERVENSCHWACHE PASCHA aus Frankreich mit Charles Prince und Mistinguette und MAXENS VEREHRERINNEN von Max Linder. Durch das Programm führt Mariann Lewinsky, am Klavier werden die Filme von Eunice Martins begleitet. Im Zeughauskino präsentiert die DEFA-Stiftung erstmals den Film SOMMERWEGE von Hans Lucke (1960), der damals von der Abnahmekommission wegen „gravierender künstlerischer Schwächen“ nicht freigegeben wurde und jetzt in einer rekonstruierten Fassung zu sehen ist. Anschließend wird unter der Leitung von Ralf Schenk über den Film diskutiert. Im inzwischen wiedereröffneten Filmmuseum Potsdam wird eine restaurierte Fassung des Films METROPOLIS von Fritz Lang gezeigt, und Chris Wahl informiert darüber, warum der Film als erster Film überhaupt ins Weltdokumentenerbe aufgenommen wurde. In der Zentralbibliothek der Bücherhallen Hamburg spricht Karl Griep, Leiter der Abteilung Filmarchiv im Bundesarchiv, über „Das Film-Erbe der Zukunft – Digitalisierung als Rettung?“. Das Deutsche Filmmuseum in Frankfurt zeigt den Film HARRY WIRD MILLIONÄR von Emil Albes (1918) mit einer Einführung von Rudolf Worschech. Das Münchner Filmmuseum hat leider montags geschlossen. Und ich fahre heute nach Halle, wo im „Puschkino“ der Konrad Wolf-Film DER GETEILTE HIMMEL gezeigt wird, über den ich anschließend mit der Hauptdarstellerin Renate Blume sprechen darf (Foto 1964). Mehr zum Tag des audiovisuellen Erbes: memento-movie.de/faq/

