Kunst unter Kontrolle

2014.Kunst KontrollIn diesem Band sind die Beiträge des Cinegraph-Kongresses 2013 dokumentiert. Sein Thema war „Filmzensur in Europa“. In 14 Texten geht es um staatliche Kontrolle, veränderte Synchron-fassungen und Kriterien für Eingriffe in Deutschland, Österreich, der Tschechoslo-wakei und England. Günter Jordan informiert über die Filmzensur in der DDR, ergänzt von Ralf Schenk mit einem Beitrag zum SED-Verbotsplenum im Dezember 1965. Kompliziert, aber interessant ist die Konstruktion des „British Board of Film Classification“, einer privaten Organisation mit großen Befugnissen, die von Julian Petley dargestellt wird. Michael Achenbach und Thomas Ballhausen erzählen die Erfolgs- und Zensurgeschichte der Wiener Firma Saturn-Film in den Jahren 1906-1910. Ein sehr spezielles Thema behandelt Paolo Caneppele mit der Zensurpraxis bei Amateurfilmen in Österreich 1928-1938. Anna Bohn hat erfolgreich nach deutschen Filmzensur-Dokumenten aus der Weimarer Republik in russischen Archiven geforscht. Auch bei Georg Eckes geht es um den Film der Weimarer Republik, genauer: um die SPD als Gesetzgeber und als Filmproduzent; das führte zu manchen Widersprüchen. Zwei Beiträge sind dem tschechoslowakischen Film gewidmet: Ivan Klimes erinnert an das Festival in Banská Bystrica 1959 („Die Leistungsschau als Tribunal“) und Milan Klepikow berichtet über „die zaghafte, aber unvermeidliche Wiedereinführung der Zensur nach 1968“. Zweimal steht der Film CASABLANCA von Michael Curtiz im Mittelpunkt eines Textes: Carla Mereu Keating analysiert die Veränderungen in der italienischen Fassung, Joseph Garncarz die Eingriffe in die deutsche Fassung. „Ästhetische Zensur“ nennt Francesco Buono den Umgang mit Luchino Viscontis SENSO und ROCCO E I SUOI FRATELLI in den westdeutschen Fassungen. Andreas Kötzing informiert noch einmal über den „Interministeriellen Ausschuß für Ost/West-Filmfragen“ in der Bundesrepublik in den 1950er und 60er Jahren. Und Ursula von Keitz konzentriert sich in ihrem Beitrag über das Provokationspotential des Religiösen in den 70er und 80er Jahren auf drei Filme: THE DEVILS von Ken Russell, LIEBESKONZIL von Werner Schroeter und DAS GESPENST von Herbert Achternbusch. Ein sehr informativer Band in der Reihe der CineGraph-Bücher“, redaktionell betreut von Johannes Roschlau. Coverfoto: Hildegard Knef und Gustav Fröhlich in dem Film DIE SÜNDERIN. Mehr zum Buch: 9783869163727#.VLLEbxzxlgs

Klaus Maria Brandauer

2014.BrandauerVon dem österrei-chischen Autor und Theaterkritiker Ronald Pohl habe ich hier und da einen Text aus dem Standard gelesen, aber nie ein Buch. Seine Publikation über den Schauspieler Klaus Maria Brandauer ist höchst eigenwillig, über weite Strecken faszinierend, aber weit entfernt von einer Biografie. Ihre Dramaturgie bleibt unklar, weil der Autor Vor- und Rückblenden liebt und vor allem daran interessiert ist, Mimik, Gestik und Körpersprache des großen KMB in seinen verschiedenen Theaterrollen zu beschreiben. Das tut er sehr differenziert, man spürt die Verehrung für seinen Protagonisten und lässt sich notgedrungen auf das zeitliche Labyrinth ein. Ausgangspunkt ist der „König Lear“ am Wiener Burgtheater 2013 in der Regie von Peter Stein. Und schnell wird in diesem Zusammenhang das Burgtheater unter seinem Intendanten Matthias Hartmann thematisiert. Dann geht es zurück in die 1970er Jahre, in die Zeit einer Zusammenarbeit mit Friedrich und Eva Heer, in die 80er Jahre, zu „Hamlet“ und in die Zeit, als Bruno Kreisky Bundeskanzler war. Nach einem kleinen Ausflug zum Philosophen Ludwig Wittgenstein kommen wir nach Neuhardenberg, wo KMB 2013 den Krapp in Becketts „Letztem Band“ gespielt hat. Nun folgt eine lange Phase Peter Stein, seine große Zeit an der Schaubühne und seine Trennung vom Haus, alles wunderbar erzählt, wenn man sich daran erinnert. KMB kommt wieder ins Spiel mit dem zehnstündigen „Wallenstein“ (2007) und mit „Ödipus auf Kolonos“ (2010). Sehr schön ist der Exkurs zu drei großen Filmrollen von KMB unter der Regie von István Szabó: MEPHISTO (1981), OBERST REDL (1985) und HANUSSEN (1988) mit einer kurzen Erwähnung seines eigenen Regiefilms GEORG ELSER – EINER AUS DEUTSCHLAND. Auf den Seiten 112-124 wird dann auch ein „Psychogramm der Herkunft“ von KMB eingefügt, geboren 1943 in Bad Aussee. Es folgen Kapitel zu Brandauer und dem „Nationaltheater“ (Burgtheater), zur Zusammenarbeit mit Fritz Kortner und Hans Neuenfels, zu seiner „Hamlet“-Regie, seinem „Nathan“ und seinem Dorfrichter Adam im „Zerbrochenen Krug“. Es ist faszinierend, wie Ronald Pohl quasi die Einzelteile der Schauspielkunst von KMB zusammenfügt. Da ist es logisch, dass es am Ende des Buches kein Rollenverzeichnis und kein Register gibt. Wer liest, der findet. Coverfoto: Brandauer als König Lear. Mehr zum Buch: 1&navsection=2

Herrmann Zschoche

2014.ZschocheUnter den DEFA-Regisseuren habe ich ihn immer besonders geschätzt, weil er einige heraus-ragende Filme gedreht hat. Dazu gehören für mich vor allem KARLA (1965), SIEBEN SOMMERSPROSSEN (1978) und BÜRGSCHAFT FÜR EIN JAHR (1981). Sie erzählten viel von der Realität in der DDR, hatten einen eigenen Stil und überzeugten durch ihre differenzierten Frauenfiguren. Im vergangenen Jahr beging Herrmann Zschoche seinen 80. Geburtstag. Seinen letzten Kinofilm hat er 1991 gedreht, es folgten noch einige Fernsehfilme, seit längerer Zeit, das ist offenbar mehr als ein Hobby, schreibt er interessante Bücher über Caspar David Friedrich und die romantische Malerei. Bei CineGraph Babelsberg ist jetzt, herausgegeben von Anna Luise Kiss, in der Reihe der „Filmblatt-Schriften“ eine beeindruckende Publikation über Zschoche erschienen. Das Grußwort stammt von Ralf Schenk. Die Herausgeberin porträtiert den Regisseur und leitet den Band ein. Der Filmwissenschaftler Tobias Ebbrecht-Hartmann erzählt von Zschoches Ausbildung an der Filmhochschule in Babelsberg, zu deren ersten Studenten er gehörte, und von den Schwierigkeiten mit dem Verbotsfilm KARLA. Die Filmjournalistin Stella Donata Haag, Spezialistin für den Kostümbereich, widmet sich in ihrem Beitrag den Kleidern und Bildern in drei Filmen des Regisseurs, dem Gegenwartsfilm KARLA, dem historischen Hölderlin-Film HÄLFTE DES LEBENS und dem Science-fiction-Film EOLOMEA. Der Musikwissenschaftler Wolfgang Thiel macht stilistische und dramaturgische Anmerkungen zur Musik in den Spielfilmen von Zschoche. Dorett Molitor beschreibt die Sammlung Herrmann Zschoche im Filmmuseum Potsdam. Studierende der Filmuniversität Babelsberg „Konrad Wolf“ haben mit dem Regisseur, seiner Co-Autorin Christa Kožik, seiner Schnittmeisterin Monika Schindler und seinem langjährigen Kameramann Günter Jaeuthe im Mai 2014 ein sehr lebendiges Gespräch geführt. Der Medienwissenschaftler Marius Böttcher analysiert beispielhaft den Film INSEL DER SCHWÄNE. Anna Luise Kiss untersucht den Umgang von Zschoche mit Kinder- und Laiendarstellern. Und Dieter Chill erzählt von der Zusammenarbeit dem Regisseur bei seinem letzten Kinofilm, DAS MÄDCHEN AUS DEM FAHRSTUHL. Die unterschiedlichen Perspektiven, die in den Beiträgen zur Geltung kommen, machen den Band sehr lesenswert. Man müsste sich mal wieder einige Filme von Herrmann Zschoche anschauen. Mehr zum Buch: der-regisseur-herrmann-zschoche

Eine Nacht im Tarantella

2014.TarantellaEr ist als Gründer des Hamburger Abaton-Kinos bekannt geworden, hat an die fünfzig Filme produziert, darunter den unvergesslichen FUSSBALL WIE NOCH NIE von Hellmuth Costard, und viele selbst inszeniert, hat Filmpolitik gemacht und das alles in seiner Autobiografie erzählt: „Hinter der Leinwand“. Sie war im April 2010 mein „Filmbuch des Monats“ (film-und-kinogeschichten ). Und weil Werner Grassmann (*1926) ein guter Geschichtenerzähler ist, hat er jetzt seine Erlebnisse im Hamburg der Nachkriegszeit publiziert: „Eine Nacht im Tarantella“. 1946 konnte er aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft nach Hamburg fliehen. Er wurde Dolmetscher beim englischen Bau-Bataillon. 28 teils schöne, teils auch schreckliche und absurde Geschichten über Arbeitssuche, Begegnungen mit attraktiven Frauen (Anneliese, Conny, Erika), über Besuche in Kinos, Kneipen und Bars, über Freunde und Familie fügen sich zu einem sehr realen Panorama der Zeit bis zur Währungsreform. Es geht um Kleidung, Geld, Ernährung, Wohnen, Arbeiten und auch ein bisschen um Kultur. Oft enden die Geschichte mit einer Pointe, manchmal aber auch im Nirgendwo. Die titelgebende „Nacht im Tarantella!“ handelt von einer Investition ohne Zukunft. Der junge Werner schenkt seiner Schulfreundin Inge einen Gutschein zum Besuch der berühmten Tarantella-Bar. Sie will das Geschenk zunächst nicht annehmen, weil sie nicht weiß, was sie anziehen soll. Dann wird das Cocktailkleid der Mutter für sie umgearbeitet. Sie fahren schließlich an einem Abend zum Dammtorbahnhof, Werner glaubt, finanziell vorgesorgt zu haben, aber die Weinpreise erweisen sich als zu hoch. 650 Mark für zwei Flaschen Rotwein überfordern ihn, als es an die Zahlung der Zeche geht. Er hat nur noch 340 in der Tasche. Ein Klavierspieler hilft im Konflikt mit dem Oberkellner, Werner und Inge dürfen noch bleiben und tanzen, bis der Frühzug nach Reinbek fährt, und haben am Ende „den schönsten Abend der Reichsmarkzeit erlebt.“ Leider wird die Schulfreundin Inge wenig später zu ihren Großeltern nach Göttingen geschickt. Der Großvater war dort Prokurist in einer Wurstfabrik. – Die erzählten Geschichten werden von vielen Fotos der Zeit begleitet. Ein schönes Buch aus dem Verlag Ellert & Richter. Mehr zum Buch: ISBN=978-3-8319-0584-3

VERBOTENE FILME von Felix Moeller

2015.DVD.Verbotene FilmeDer Film von Felix Moeller thematisiert den Umgang mit dem Nazi-Kino und den rund vierzig „Vorbehaltsfilmen“, die bis heute öffentlich nur mit Einführung und anschließender Diskussion gezeigt werden dürfen. Soll man alle Vorbehalte aufheben und auf die kritische Kompetenz der Zuschauer hoffen? Das ist eine Position, die der Historiker Götz Aly und – etwas naiver – der Filmemacher Oskar Roehler im Film vertreten. Differenzierter sind die Meinungen von Rainer Rother, Sonja M. Schultz, Ernst Szebedits oder Christina von Wahlert, die zumindest bei den krassen Propagandafilmen die bisherigen Einschränkungen aufrechterhalten wollen. Felix hat seinen Film sehr komplex angelegt, zeigt auch Reaktionen auf Nazifilm-Vorführungen in Frankreich und Israel und plädiert seinerseits nicht für eine radikale Lösung. Damit wird er dem Problem gerecht. Die gezeigten Filmausschnitte – vor allem aus JUD SÜSS, HEIMKEHR, DIE ROTHSCHILDS oder ICH KLAGE AN – und die dokumentierten Publikumsreaktionen machen deutlich, wie unterschiedlich die Rezeption vonstatten geht und wieviel vom historischen und filmischen Vorwissen abhängt. VERBOTENE FILME provoziert die notwendigen Diskussionen. Das macht ihn so sehenswert. Bei Edition Salzgeber ist jetzt eine DVD des Films erschienen. Das schmale Booklet enthält ein Interview mit dem Regisseur. Mehr zur DVD: VERBOTENEFILME_ProdInfo.pdf

Die Kamera als Monster

2014.Kamera MonsterDie bewegliche Kamera im Horrorfilm THE BLAIR WITCH PROJECT (1999), der man einen dokumentarischen Stil unterstellen kann, hat offenbar viel zum Erfolg des Films beigetragen. Steffen Lindinger untersucht in seiner Mainzer Diplomarbeit zunächst den Wirklich-keitsanspruch des Dokumentarfilms, die Rolle der Kamera und die Subversionen des dokumentarischen Modus („Mock-Documentary“ und „Mondo-Film“). Vier Filme des Horrorgenres werden als Vorläufer des BLAIR WITCH PROJECT genauer analysiert: HÄXAN (1922) von Benjamin Christensen, MONDO CANE (1962) von Gualtiero Jacopetti, Franco Prosperi und Paolo Cavara, THE LEGEND OF BOGGY CREEK (1972) von Charles B. Pierce und CANIBAL HOLOCAUST (1979) von Ruggero Deodato. Das letzte Kapitel ist der Weiterentwicklung des „dokumentarischen Horrors“ gewidmet, dem so erfolgreichen BLAIR WITCH PROJECT der beiden ehemaligen Filmstudenten Daniel Myrick und Eduardo Sánchez, dem spanischen Film REC (2007) von Jaume Balagueró und Paco Plaza und der amerikanischen Produktion PARANORMAL ACTIVITY (2009) von Oren Peli. Der Autor ist bei seinen Analysen nah an den Filmen. Das fördert vor allem für Horrorfilm-Fans interessante Erkenntnisse zutage. Mehr zum Buch: aspx?product=22795

Die Hochstapelei des Tom Ripley

2015.RipleyEs sind eigentlich zwei Themen, die sich in dieser Dissertation aus Dresden überzeugend verbinden: die Hoch-stapelei als spezielle männliche Attitüde und die Figur des Tom Ripley in dem Romanzyklus von Patricia Highsmith und seinen verschiedenen Verfilmungen. Wieland Schwanebeck reflektiert zunächst sehr umfassend über die Begriffsgeschichte der Hochstapelei, über die besondere Rolle der Hochstaplererzählung in den USA, über Hochstaplermotive in der Literatur und stellt die Hochstapelei in den größeren Zusammenhang der „Männlichkeitsforschung“. Das sind immerhin 100 wissenschaftlich abgesicherte Seiten mit 185 Fußnoten und einigen Seitenhieben auf wissenschaftliche Hochstapler, die als Plagiatoren entlarvt wurden. Dann geht es im zweiten Teil auf 250 Seiten vor allem um die Romane von Patricia Highsmith, die bisher erstaunlich wenig von der Wissenschaft zur Kenntnis genommen wurden. Der Autor lässt sich sehr genau auf „The Talented Mr. Ripley“ (1955), „Ripley Under Ground“ (1970), „Ripley’s Game“ (1974), „The Boy Who Followed Ripley“ (1980) und „Ripley Under Water“ (1991) ein, findet literarische Parallelen, formuliert Überlegungen zur Ästhetik der Fälschung und spannt den Bogen zu den Frauen in der Ripley-Reihe und der Auseinandersetzung mit der Weiblichkeit. Den Romanen zugeordnet sind ausführliche Darstellungen zu den Verfilmungen, zu PLEIN SOLEIL (1960) von René Clement mit Alain Delon als Ripley, RIPLEY UNDERGROUND (2003) von Roger Spottiswood mit Barry Pepper, THE TALENTED MR. RIPLEY (1999) von Anthony Minghella mit Matt Damon, DER AMERIKANISCHE FREUND (1980) von Wim Wenders mit Dennis Hopper, RIPLEY’S GAME (2002) von Liliana Cavani mit John Malkovich. Selbstinszenierung und Körpersprache der Ripley-Darsteller werden von Schwanebeck präzise beschrieben, vorausgesetzt, man hat die Filme noch in guter Erinnerung. Wenige, aber hilfreiche Abbildungen in akzeptabler Qualität. Mehr zum Buch: 978-3-412-22363-2.html.

Der deutsche Kinofilm seit 1990

2014.Good Bye, FassbinderDie Zeit ab 1990, also seit der „Wiedervereinigung“, war für den deutschen Kinofilm mit vielen Veränderungen ver-bunden. Da ist es sinnvoll, die etwas unübersichtlichen Entwicklungen zu strukturieren und zu ordnen. Es war eine hervorragende Idee, dafür einen kompetenten französischen Autor zu gewinnen, der mit dem deutschen Film gut vertraut ist, ihn aber mit dem Blick „von außen“ betrachtet. Pierre Gras (*1960), inzwischen Dozent für Filmökonomie an der Sorbonne in Paris, hat eine Haltung zu seinem Thema, ist meinungsfreudig ohne zu mäkeln, kennt die Filme genau, über die er schreibt, und stellt sie in größere Zusammenhänge. Die Lektüre ist spannend, das Fazit für den deutschen Film ermutigend. Elf Kapitel bilden die Struktur. Der Einstieg ist das Jahr 2003, als GOOD BYE, LENIN! von Wolfgang Becker zu einem großen internationalen Erfolg wurde, mit Blicken zurück und nach vorn. Dann folgen „Das Abenteuer X Filme“ (Tom Tykwer, Wolfgang Becker, Dani Levy), „Die erste Generation“ (Christian Petzold, Angela Schanelec, Thomas Arslan), „Die junge Garde“ (Christoph Hochhäusler, Benjamin Heisenberg, Henner Winckler, Ulrich Köhler, Valeska Griesebach, Maren Ade, ‚Berliner Schule’ und ‚Nouvelle vague allemande’), „Drei Filmemacher jenseits aller Gruppenzugehörigkeit und ein Meteorit“ (Fatih Akin, Andreas Dresen, Hans-Christian Schmid und DAS LEBEN DER ANDEREN), „Besessene und Maîtres fous“ (Romuald Karmakar), „Das kommerzielle Kino“ (Bernd Eichinger, Sönke Wortmann, Detlev Buck, Oskar Roehler, Krimis, Doku-Dramen, Komödien, Til Schweiger), „Die Kunst des Dokumentarfilms“ (Thomas Heise, Volker Koepp, Heinz Emigholz, Gerhard Friedl, Aysun Bademsoy, Bettina Blümner, Philip Scheffner, Peter Nestler), „Wachtumsfaktoren“ (Auswertung, Verleih, Produktion, öffentliche Förderungen, Filmhochschulen, die Berlinale), „Farocki und Kluge, zwei Mentoren“ und der „Ausblick“. Es ist erstaunlich, wie intensiv sich der Autor auf die Filme und die einzelnen Personen einlässt, wie er komplizierte Sachverhalte (Förderung) verständlich vermittelt. Das Buch ist zunächst in Frankreich erschienen und, auf dem aktualisierten Stand vom November 2014, nun im Berliner Alexander Verlag. Für die Übersetzung ist Marcus Seibert verantwortlich, Christoph Terhechte hat ein Vorwort beigesteuert. Mehr zum Buch: GOOD_BYE_FASSBINDER.html

Fernseh- und Gesellschaftsgeschichte im TATORT

2015.TatortÜber die inzwischen 40jäh-rige TATORT-Reihe der ARD wird seit einiger Zeit viel geforscht und publiziert. Der vorliegende Band dokumen-tiert die Beiträge einer wissenschaftlichen Tagung, die im Sommer 2013 in Göttingen stattgefunden hat. In 16 Texten blicken die Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven auf den TATORT. Ich nenne hier zehn Beiträge, die mich besonders interessiert haben. Thomas Weber führt mit Überlegungen zur kommunikativen Figuration der Reihe und der Darstellung der Protagonisten in den Band ein. Joan Kristin Bleicher macht sich Gedanken über die Veränderung von Täterprofilen, die über die Jahrzehnte mehr in ihren Erscheinungsformen und weniger in ihrem Kern (zum Beispiel den Tatmotiven) deutlich werden. Bei Stephen Völlmicke geht es um die Inszenierung des Todes im TATORT und um die sozialen Subtexte. Besonders originell finde ich den Beitrag von Rolf Parr, der die Autos der Kommissare und ihren Umgang mit den Dienstfahrzeugen untersucht. Christian Hißnauer erinnert an die Frühgeschichte bundesdeutscher Krimiserien, an STAHLNETZ und DER KOMMISSAR. Sehr informativ ist das Gespräch mit der SWR-Redakteurin Melanie Wolber, die für die Lena Odenthal-Folgen zuständig ist. Natürlich wird der Münster-TATORT genauer untersucht; im einen Text sieht Andreas Blödorn „Münster als Raum exzessiver Selbstreflexion“ des Krimi-Formats, im anderen verortet Thomas Klein das komödiantische Niveau „zwischen Wortwitz und Klamauk“. Tina Welke hat sich auf den MDR-TATORT der Jahre 1992 bis 2007 konzentriert und fragt, wie konkret sich die Lebensverhältnisse in den Neuen Bundesländern dort widerspiegeln. Julika Griem stellt den TATORT in einen internationalen Kontext und fordert zum Vergleich mit amerikanischen Serien auf. Wenige Abbildungen, viel Lesestoff. Mehr zum Buch: /zwischen-serie-und-werk?c=738

PRAUNHEIM MEMOIRES

2014.PraunheimHeute Abend hat der Film PRAUNHEIM MEMOIRES in der Volksbühne in Berlin Premiere. Er kommt am Donnerstag in die Kinos. Eine Voraufführung gab es bereits vor einigen Monaten in Frankfurt. Denn dort ist der Film entstanden. Praunheim ist ein Stadtteil von Frankfurt. Dort wuchs der junge Holger Mischwitzky ab 1954 bei seinen Eltern auf, die mit ihm zuvor in der DDR gelebt hatten und von dort in den Westen geflüchtet waren. Wie schon Rosas Film MEINE MÜTTER ist auch PRAUNHEIMS MEMOIRES eine Spurensuche. So trifft er, eine berührende Überraschung, seinen inzwischen 86jährigen Deutschlehrer wieder, der ihn sehr gefördert hat, und die Witwe seines Malerfreundes Marek und seine mütterliche Freundin Nora Gräfin Stollberg, mit der er sein Leben lang verbunden blieb. Der Film macht auf seine Weise klar, wie schwierig es war, in den 50er Jahren als Schwuler in Deutschland zu leben. Kein Wunder, dass Rosa sich in den Sechzigern in der Schwulenbewegung engagierte und mit seinem Film NICHT DER HOMOSEXUELLE IST PERVERS, SONDERN DIE SITUATION, IN DER ER LEBT (1971) auch Fernsehgeschichte geschrieben hat. Natürlich gibt es heute Abend in der Volksbühne nicht nur den Film zu sehen, es wird auch ein Fest gefeiert. Das Film-Team ist anwesend. Und es spielt die Band „Baby of Control“. Mehr zum Film: detailliert&Itemid=68