Filme in Kinderaugen

An jedem Freitagabend ging die Familie Rutschmann in Stuttgart mit der kleinen Tochter Liv ins Kino, und am nächsten Morgen malte Liv, was ihr vom Film an Figuren und Schauplätzen in Erinnerung geblieben war. Zeichnungen zu 56 Filmen hat der Vater Nicolas für diese Publikation ausgewählt. 29 davon sind Animationsfilme. Aber es gibt auch wunderbare Zeichnungen zu THE GREAT DICTATOR von Charles Chaplin, ONE, TWO, THREE von Billy Wilder, THE PINK PANTHER und THE PARTY von Blake Edwards, THE LOVE BUG von Robert Stevenson, MOONRAKER von Lewis Gilbert; DER SCHUH DES MANITU von Michael Herbig, DUMBO von Tim Burton oder WEIL DU NUR EINMAL LEBST – DIE TOTEN HOSEN AUF TOUR von Cordula Kablitz-Post. Auf jeweils einer Seite findet man Informationen zum Film, auf der gegenüberliegenden die Zeichnungen von Liv. Sie war im Alter zwischen sieben und zehn, als sie mit viel Fantasie die Erlebnisse des vergangenen Abends im Kino zu Papier gebracht hat. Eine tolle Idee, ein originelles Buch. Mehr zum Buch: booktitle/Filme_in_Kinderaugen/W-556-885-918

Berlinale Classics

Acht Filme werden in der Reihe „Berlinale Classics“ gezeigt. Es handelt sich um Restaurierungen und Wiederentdeckungen historischer Filme, die lange nicht zu sehen waren: A WOMAN IN PARIS (1923) von Charles Chaplin, ROMEO UND JULIA AUF DEM DORFE (1941) von Valerien Schmidely und Hans Trommer, UNDERCURRENT (1956) von Kózaburó Yoshimura, GUESS WHO’S COMING TO DINNER (1967) von Stanley Kramer, SOGNI D’ORO (1981) von Nanni Moretti, MAPANTSULA (1988) von Oliver Schmitz, TWILIGHT (1990) von György Fehér und NAKED LUNCH (1991) von David Cronenberg (Foto). Die Vorführungen finden vorwiegend im Cubix statt. Es lohnt sich, für diese Filme zum Alexanderplatz zu fahren. Mehr zur Reihe: 2023/news-pressemitteilungen/225739.html

Steven Spielberg: Hommage und Ehrenbär

Die Hommage ist in diesem Jahr dem amerikanischen Regisseur Steven Spielberg gewidmet. Am kommenden Dienstag wird er mit dem Ehrenbären ausgezeichnet. Aus diesem Anlass wird im Berlinale-Palast sein neuer Film THE FABELMANS gezeigt, der autobiografisch geprägt ist. Zu sehen sind außerdem seine Filme DUEL (1972), JAWS (1975), RAIDERS OF THE LOST ARC (1981), E. T. THE EXTRA-TERRESTRIAL (1982), SCHINDLER’S LIST (1993), MUNIC (2005) und BRIDGE OF SPIES (2015). Spielberg ist 19mal für einen Oscar nominiert worden und hat drei gewonnen. Sein Werk ist umfangreich und vielfältig. Über die Würdigung im Zusammenhang der Berlinale freut er sich bestimmt. Er war zuletzt 1999 Gast der Berlinale. Die Hommage wird von der Deutschen Kinemathek verantwortet. Mehr zur Hommage: berlinale-programm.html?sort=1&section_id=63&day_id=0

Berlinale: Retrospektive

Thema der Retrospektive ist „Young at Heart – Coming of Age at the Movies”. 28 Film-schaffende haben ihren per-sönlichen Favoriten für das Programm der Reihe ausge-wählt: Maren Ade (SANS TOIT NI LOID von Agnès Varda), Pedro Almodóvar (SPLENDOR IN THE GRASS von Elia Kazan), Wes Anderson (LITTLE FUGITIVE von Ray Ashley und Morris Engel), Juliette Binoche (TROIS COLEURS: BLEU von Krysztof Kieslowski), Lav Diaz (MANILA IN THE CLAWS OF LIGHT von Lino Brocka), Alice Diop (À NOS AMOURS von Maurice Pialat), Ava DuVernay (RUE CASES-NÈGRES VON EUZHAN PALZI), Nora Fingscheidt (GOUNDHOG DAY von Harold Ramis) , Kateryna Gornostai (THE VIRGIN SUICIDES von Sofia Coppola), Luca Guadagnino (CRUEL STORY OF YOUTH von Nagisa Oshima), Ryūsuke Hamaguchi (TOUKI BOUKI von Djibril Diop Mambéti), Ethan Hawke (RUMBLE FISH von Francis Ford Coppola), Karoline Herfurth (MURIEL’S WEDDING von P. J. Hogan), Niki Karimi (WHERE IS THE FRIEND’S HOUSE von Abbas Kiarostami), Nadine Labaki (FERRIS BUELLER’S DAY OFF von John Hughes), Nadav Lapid (DE BRUIT ET DE FUREUR von Jean-Claude Brisseau), Sergei Loznitsa (GRAZUOLE von Arunas Zebriunas), Mohammad Rasoulof (JEDER FÜR SICH UND GOTT GEGEN ALLE von Werner Herzog), Céline Sciamma (NOT A PRETTY PICTURE von Martha Coolidge), Martin Scorsese (PRIMA DELLA RIVOLUTIONE von Bernardo Bertolucci), Aparna Sen (APARAJITO von Satyajit Ray), M. Night Shyamalan (THE LAST PICTURE SHOW von Peter Bogdanovich), Carla Simón (EL ESPIRITU DE LA COLMENA von Victor Erice), Kristen Stewart (NOW AND THEN von Lesli Linka Glatter), Tilda Swinton (BAG OF RICE von Mohammad-Ali Talebi), Wim Wenders (REBEL WITHOUT A CAUSE von Nicholas Ray; Foto), Jasmila Žbanić (TAUSENDSCHÖNCHEN von Véra Chytilová). Eine Buchpublikation gibt es in diesem Jahr leider nicht. Mehr zum Programm der Retrospektive: berlinale-programm.html?query=Retrospektive&page=1

73. Berlinale

Heute beginnt die 73. Berlinale. Eröffnungsfilm ist SHE CAME TO ME von Rebecca Miller. Im Wettbewerb konkurrieren insgesamt 19 Filme um den „Goldenen Bären“, fünf stam-men aus Deutschland, das gab es noch nie: BIS ANS ENDE DER NACHT von Christoph Hochhäusler, INGEBORG BACHMANN – REISE IN DIE WÜSTE von Margarethe von Trotta, IRGENDWANN WERDEN WIR UNS ALLES ERZÄHLEN von Emily Atef, MUSIC von Angela Schanelec und ROTER HIMMEL von Christian Petzold. Ich bin auch gespannt auf DER SCHATTENLOSE TURM von Zhang Lu (China), DISCO BOY von Giacomo Abbruzzese (Frankreich) mit Franz Rugowski, LE GRAND CHARIOT von Philippe Garrel (Frankreich), PAST LIVES von Celine Song (USA). Als „Berlinale Special“ ist der Dokumentarfilm SUPERPOWER von Sean Penn und Aaron Kaufman über den Krieg in der Ukraine zu sehen. Präsidentin der Jury ist die amerikanische Schauspielerin Kristen Stewart. Am 25. Februar werden die Bären verliehen. Mehr zum Programm: https://www.berlinale.de/de/home.html

Harun Farocki: Texte 2001-2014

Dies ist der sechste Band mit Texten von Harun Farocki, der im Juli 2014 gestorben ist. Dokumentiert sind 73 Beiträge zu Katalogen, diversen Publi-kationen und für die Website new filmkritik. Das thematische Spektrum ist wieder sehr breit, die Länge der Texte unter-schiedlich zwischen einer halben und 44 Seiten. Ich nenne zehn Texte, die mich besonders beeindruckt haben. 1. „Bilder-schatz“ (2001, über ein Projekt zur Geschichte des Kinos). 2. „Bildtexte“ (2002, Fotos und Kommentare zu ausgewählten Filmen von Farocki). 3. „Erkennen und Verfolgen“ (2004, was man auf Bildern erkennen kann). 4. „Ewigkeiten bei TAS“ (2004, über das Fußballspielen). 5. „Popstar mit Brille“ (über Rainer Werner Fassbinder). 6. „Einseitig perforiert, schmaler Steg“ (2005, über Filme auf 16 mm). 7. „Somewhere over the Rainbow: ARIEL (2008, über den Film von Aki Kaurismäki). 8. “Auf zwölf flachen Schirmen“ (2007, Tagebucheintragungen zur eigenen Filmarbeit). 9. „Lerne das Einfachste!“ (2010, über das Filmemachen). 10. „Über das Dokumentarische (2014). Mit einem Nachwort des Herausgebers Volker Pantenburg. Man kann sich in dieses Buch stundenlang vertiefen und dabei viel lernen. Mehr zum Buch: de/publikationen/farocki-band-6

„Ich bin zu zart für diese Welt“

Dies ist der zweite Band der Tagebücher des Schauspielers Manfred Krug. Es geht um die Jahre 1998 und 1999. Krug spürt die Folgen seines Schlaganfalls. Er spielt weiterhin den Kommissar Paul Stoever im Hamburger Tatort, sein Partner ist Charles Brauer; es fällt ihm schwer, sich die Dialoge zu merken. Er pendelt zwischen Hamburg und seinem Wohnort Berlin, publiziert das Buch „66 Gedichte – was soll das?“ über seinen 1997 verstorben Freund Jurek Becker, fährt zur Frankfurter Buchmesse, wo er heftiges Nasenbluten bekommt und ins Krankenhaus muss. Seine Autobiografie „Abgehauen“ wird von Frank Beyer mit Peter Lohmeyer verfilmt. Krugs Kommentar ist abschätzig. Es werden in den beiden Jahren viele Geburtstagsfeste gefeiert, oft beteiligt er sich daran lustlos, weil er sich müde und zerschlagen fühlt. Andererseits verbringt er zahlreiche Nächte bei Diener mit verschiedenen Freunden und seiner Frau Ottilie. Eine wichtige Rolle spielt seine Tochter Marlene, die aus der Beziehung mit der Schauspielerin Petra Duda entstanden ist. Sie wohnt mit ihrer Mutter im Hinterhaus. Sein Vater stirbt. Er hat zuvor ein langes Gespräch mit ihm geführt, das er transkribiert. Krug träumt viel, oft von Jurek Becker. Er schaut sich im Fernsehen viele alte Filme an, die ihn beeindrucken oder langweilen. Er kommentiert die politischen Geschehnisse. Im letzten Eintrag heißt es: „Boris Jelzin, der alte Tanzbär, tritt zurück und übergibt an das schmale Jüngelchen Wladimir Putin, der jetzt gerade den Krieg in Tschetschenien führt und damit Pluspunkte bei den Russen macht.“ Herausgegeben mit einem Nachwort von Krista Maria Schädlich. Lesenswert. Mehr zum Buch: ich-bin-zu-zart-fuer-diese-welt/

FREIBAD (2022)

Der Film von Doris Dörrie ist komisch und dramatisch. Im Freibad Melusine treffen sich sehr unterschiedliche Frauen und geraten schnell in Streit. Die Hauptfiguren sind Eva (Andrea Sawatzki), ein früherer Schlagerstar und Feministin, die gegen ihr Alter kämpft, ihre Freundin Gabi (Maria Happel), verheiratete Lehrerin mit einem kleinen Hund, die junge Türkin Yasemin (Nilam Farooq), die im neuen Burkini badet, die Bademeisterin Steffi (Lisa Wagner), die von den Frauen zunehmend genervt ist und schließlich kündigt, der Wurstverkäufer Kim und die Besitzerin des Bades, Rocky. Es beginnt mit einem Polizeieinsatz, für den sich niemand verantwortlich fühlt, und endet mit der Umstellung von Kalbswürstchen auf vegane Wurst. Für heftige Konflikte sorgt der Nachfolger von Steffi, Nils (Samuel Schneider), ein Mann aus Berlin. So ist das Freibad eigentlich ein Kampfplatz, auf dem ein Clash der Kulturen stattfindet. Bei Constantin ist jetzt die DVD des Films erschienen, die man sich ansehen kann, auch wenn es im Film viele Klischees gibt. Mehr zur DVD: constantin-film.de/home-entertainment/freibad/

Filmmythos Wachau

Die Wachau mit dem Donautal zwischen Melk und Krems in Niederösterreich westlich von Wien war Schauplatz vieler Filme vor allem in den 1950er Jahren. Hier eine kleine Aus-wahl: DAS KIND DER DONAU (1950) von Georg Jacoby mit Marika Rökk, DORT IN DER WACHAU (1957) von Rudolf Carl mit Wolf Albach-Retty und Gerlinde Locker, VIER MÄDELS AUS DER WACHAU (1957) von Franz Antel mit Isa und Jutty Günther, Alice und Ellen Kessler, DER SCHÖNSTE TAG MEINES LEBENS (1957) von Max Neufeld mit Paul Hörbiger, HEIMWEH … DORT WO DIE BLUMEN BLÜH’N (1957) von Franz Antel mit Sabine Bethmann und Rudolf Prack, DIE LINDENWIRTIN VOM DONAUSTRAND (1957) von Hans Quest mit Marianne Hold und Claus Holm, MARIANDL (1961) von Werner Jacobs mit Cornelia Froboess und Rudolf Prack. Auch für ausländische Filme wie IVANHOE (1952) von Richard Thorpe mit Robert Taylor oder THE CARDINAL (1961) von Otto Preminger mit Tom Tyron und Romy Schneider fanden Dreharbeiten in der Wachau statt. Das Buch von Stefan Schmidl beschreibt die wichtigsten Filme und vermittelt Hintergründe. Mit zahlreichen Abbildungen. Sehr lesenswert. Mehr zum Buch: hollitzer.at/buch/filmmythos-wachau

Charly Hübner

Carsten Johannes Markus „Charly“ Hübner, geboren 1972 in Neustrelitz, hat 1997 sein Studium an der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“ abgeschlossen, stand in Berlin, Frankfurt, Zürich, Köln und Hamburg auf der Bühne, ist seit 2010 als Kommissar Buckow im Rostocker Polizeiruf 110 eine Fernsehlegende und war in mehr als fünfzig Kinofilmen zu sehen, zum Beispiel in DAS LEBEN DER ANDEREN (2006) von Florian Henckel von Donnersmarck, DER ROSA RIESE (2008) von Rosa von Praunheim, BORNHOLMER STRASSE (2014) von Christian Schwochow, 3 TAGE IN QUIBERON (2018) von Emily Atef und RABIYE KURNAZ GEGEN GEORGE W. BUSH (2022) von Andreas Dresen. Hans-Dieter Schütt hat mit Charly Hübner im letzten Sommer mehrere Gespräche geführt, über sein Leben, seine Arbeit, sein Denken und Fühlen. Die Lektüre der 120 Seiten (mit Fotos) ist unterhaltsam und beeindruckt durch kluge Antworten auf viele Fragen. Zu lesen sind außerdem eine Einleitung von Hans-Dieter Schütt, die Laudatio von Christian Tschirner zur Verleihung des Gertrud-Eysoldt-Ringes an Charly Hübner, eine Hommage von Heinz Strunk und Texte von Tobias Rempe und Charly Hübner. Demnächst kommt der Film SOPHIA, DER TOD UND ICH ins Kino, bei dem Charly Hübner Regie geführt hat. Mehr zum Buch: 2621c960-c4cc-440b-a568-74702233cef9