DAS LIED DER MATROSEN (1958)

Zwei Protagonisten der DEFA, Kurt Maetzig und Günter Reisch, haben bei diesem Film gemeinsam Regie geführt. Er entstand zum 40. Jahrestag der Novemberrevolution. Das Dreh-buch zu dem Film stammte von Karl Georg Egel und Paul Wiens, die für ihre traditionelle Erzählweise bekannt waren, hinter der Kamera standen Joachim Hasler und Otto Merz, die zum Teil interessante Einstellungen gewählt haben. Erzählt wird die Geschichte von sieben Matrosen des Schlachtschiffes Friedrich der Große im Jahr 1917. Es sind die Maschinisten Erich Steigert (Günter Simon) und Henne Lobke (Ulrich Thein), der Oberheizer August Lenz (Raimund Schelcher), der Heizer Jens Kasten (Horst Kube), der Funker Ludwig Batuschek (Hilmar Thate), die Matrosen Jupp König (Stefan Lisewski) und Sebastian Huber (Jochen Thomas). Sie sind auf vielfältige Weise miteinander verbunden. Ein Klassiker der DEFA mit guten Darstellern. Bei Icestorm ist jetzt die DVD des Films erschienen. Zum Bonus-Material gehört eine Dokumentation von Günter Jordan mit Original-Archivaufnahmen MATROSEN IN BERLIN (51 min.). Mehr zur DVD: das-lied-der-matrosen.html

Gisela Stein

Der Schauspielerin Gisela Stein (1934-2009) ist eine Ausstellung im Deutschen Theatermuseum in Mün-chen gewidmet, die dort noch bis zum 15. Oktober zu sehen ist. Die Kurato-rin Birgit Pargner hat auch den Katalog heraus-gegeben, der im Henschel Verlag erschienen ist. Er macht noch einmal ihre große Bedeutung für das deutschsprachige Theater klar, die sie sich von den 60er bis in die 90er Jahre in großen Inszenierungen in Berlin und München erspielt hat. Sie war vor allem auf der Bühne präsent, kaum im Film oder Fernsehen. Ich habe sie in den 60er Jahren rund 20mal im Schiller- und Schloßparktheater gesehen, u.a. als Pauline Piperkarcka in den „Ratten“ von Gerhart Hauptmann, inszeniert von Boleslav Barlog, als Prinzessin Eboli in „Don Carlos“ von Friedrich Schiller, inszeniert von Gustav Rudolf Sellner, als Klara in „Maria Magdalene“ von Friedrich Hebbel, inszeniert von Fritz Kortner, als „Maria Stuart“ von Friedrich Schiller, inszeniert von Rolf Henniger. Sie hat mich damals sehr beeindruckt. Birgit Pragner dokumentiert in ihrem Text die Bühnenkarriere von Gisela Stein, die 1953 in Koblenz begann und 2006 in München endete. Zu ihren wichtigsten Regisseuren gehörte Hans Lietzau. Über Gisela Stein äußern sich die Regisseure Niels-Peter Rudolph, Günter Krämer, Dieter Dorn, Robert Wilson und Elmar Goerden, ihre Kolleginnen und Kollegen Cornelia Froboess, Michael von Au, Manfred Zapatka, Jens Harzer, Daphne Wagner und Sophie von Kessel, der Kostüm- und Bühnenbildner Jürgen Rose, der Maskenbildner Michael Wachsmann, die Theaterfotografin Oda Sternberg. Sehr berührend ist der Text ihrer Tochter Katharina Hinze-Kertész. Wenn wir demnächst in München sind, werden wir die Ausstellung mit Sicherheit besuchen. Mehr zum Buch: Hinter-den-Worten-9783894877958

Horror Cinema

Die Erstausgabe des Buches von Jonathan Penner und Jay Schneider, herausgege-ben von Paul Duncan, erschien bei Taschen 2008 mit einem Umfang von 192 Seiten. Jetzt wurde in der „Bibliotheca Universalis“ eine erweiterte Neuausgabe publiziert, Jürgen Müller ist als zweiter Herausgeber hinzugekommen, und der Umfang hat sich auf 624 Seiten erweitert. Zunächst geht es um die Frage „Was ist Horror?“. Dann kommen die verschiedenen Varianten ins Spiel: Slasher und Serienmörder, Kannibalen, Freaks und Hinterwäldler, Die Rache der Natur, Science-Fiction-Horror, Die lebenden Toten, Geister und Spukhäuser, Besessene, Dämonen und teuflische Bösewichte, Voodoo, Sekten und Satanisten, Vampire und Werwölfe, Ungeheure in Frauengestalt (S. 20-250). Im zweiten Teil werden auf jeweils sechs oder acht Seiten „Taschens Top 50 Horrorfilme“ in chronologischer Reihenfolge vorgestellt, beginnend mit DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM (1920) von Paul Wegener und Carl Boese, endend mit THE OTHERS (2001) von Alejandro Amenábar. Dass hier zwischen Klassikern wie DRACULA und KING KONG auch Murnaus FAUST auftaucht, ist etwas überraschend. Die Texte sind sachkundig, die filmografischen Informationen korrekt. Zu jedem Film ist ein Plakat reproduziert, die Abbildungen haben eine hervorragende Qualität. Die Chronologie am Ende des Bandes reicht bis ins Jahr 2014. Für 14,99 € sehr preiswert. Mehr zum Buch: horror_cinema.htm

Schillernd grau

In dem von den Deut-schen besetzten Frank-reich der Jahre 1940 bis 1944 spielte die mit deutschem Geld finan-zierte Produktionsfirma „Continental Films Paris“ eine wichtige Rolle. Sie sollte nach den Vorstellungen des Propagandaministers Goebbels anspruchslose Unterhaltungsfilme herstellen. Aber der Firmenchef Alfred Greven verfolgte andere Ziele und ermöglichte qualitativ höherwertige Produktionen. Unter den Regisseuren findet man u.a. Henri Decoin, Maurice Tourneur, Christian-Jacque, Henri-Georges Clouzot, Georges Lacombe, André Cayatte und Jean Grémillon. 22 der damals 30 entstandenen Filme sind zurzeit im Zeughauskino zu sehen. Eine Publikation der Wiener Synema-Reihe informiert über die Filme und ihre historischen Hintergründe. Die Texte stammen von der Kuratoren Ralph Eue und Frederik Lang, Francis Courtade, Hans Peter Kochenrath und Peter H. Schröder (Kommentar zu einer arte-Produktion des Jahres 1997), François Garçon, Michael Omasta und François Truffaut. Eue und Lang haben auch ein „Kleines Who’s who der Continental“ und eine kommentierte Filmografie beigesteuert. Das Projekt wurde vom Hauptstadtkulturfonds gefördert. Mehr zum Buch: 9783901644702  

THE SALVATION HUNTERS (1925)

Bevor Josef von Sternberg 1929/30 in Deutschland den BLAUEN ENGEL mit Marlene Dietrich und Emil Jannings realisiert hat, drehte er in den USA acht Filme als Regisseur. Der erste war THE SALVATION HUNTERS (1925), ein unab-hängig produziertes Sozial-drama, das vor allem in der Bildgestaltung große Qualitäten hat. Erzählt wird die Geschichte eines arbeitslosen jungen Mannes, einer selbstbewussten jungen Frau und eines Waisen-kindes, um das sich die beiden kümmern. Der erste Teil spielt im Hafen von L.A., dann geht es in die Stadt und am Ende ins Valley, wo ein großes Schild verkündet: „Here Your Dreams Come True“. Eine sichere Zukunft gibt es natürlich für die kleine Familie nicht, aber ein gefühltes Happyend. Obwohl Charles Chaplin sich damals sehr für den Film eingesetzt hat, war er im Kino nicht erfolgreich. Der WDR hat ihn 1975 unter dem Titel DIE HEILSJÄGER ausgestrahlt. In der „Edition Filmmuseum“ ist jetzt eine DVD erschienen, die sehr zu empfehlen ist. Die Musik stammt von dem österreichischen Komponisten Siegfried Friedrich und passt wunderbar zu den poetischen Bildern. Auch wenn zunächst die Zwischentitel dominieren, gewinnen die Bilder zunehmend an Bedeutung. Vor allem der Umgang mit dem Licht ist beeindruckend. Georgia Hale spielt die junge Frau; Chaplin hat sie anschließend für seinen Film THE GOLD RUSH engagiert. Die DVD enthält außerdem ein Fragment des Sternberg-Films THE CASE OF LENA SMITH (1929) und einen sehenswerten Filmessay von Janet Bergström über THE SALVATION HUNTERS (32 min.). Die Texte im Booklet stammen von Alexander Horwath und Janet Bergström. Mehr zur DVD: The-Salvation-Hunters.html

Lexikon des internationalen Films 2016

Es ist zu befürchten, dass dies die letzte Print-Ausgabe des „Lexikons des internationalen Films“ ist. In seinem Vorwort bestätigt Peter Hasenberg die Information, dass der Film-dienst ab 2018 nur noch als Online-Angebot weitergeführt wird. Und davon ist auch das letzte Jahrbuch betroffen, das es in der Bundesrepublik noch gibt. Wenn man die neue Ausgabe liest, macht einen der Abschied sehr traurig. Horst Peter Koll hat wieder eine Chronik der wichtigsten Filme, der großen Ereignisse und der Nachrufe zusammen-gestellt. Das „Special“ – mit Beiträgen von Felicitas Kleiner, Karsten Essen, Olaf Brill, Stefan Stiletto und Alex Schmidt – ist diesmal TV-Serien gewidmet. Das Lexikon der Filme 2016 liefert auf 360 Seiten Kurzkritiken und Informationen zu rund 2.000 Titeln. Dokumentiert sind wie immer die „Silberlinge 2016“ (herausragende DVD- und Blu-ray-Editionen) und die Preise der wichtigsten Festivals und Länder. Die Auflage des Jahrbuchs sind immerhin 4.000 Exemplare. Wie schade, dass nun Schluss sein soll. Danke, Horst Peter Koll, für die in den letzten Jahren geleistete Arbeit! Coverfoto: FRANTZ. Mehr zum Buch: filmjahr-2016.html

Ohne Liebe trauern die Sterne

Hannelore Hoger (*1942) ist Schauspielerin und Regisseurin. Ihre Präsenz auf der Bühne und im Kino war besonders in den 1960er und 70er Jahren groß. Populär wurde sie in der Titel-rolle der ZDF-Serie BELLA BLOCK, von der seit 1993 bisher 36 Folgen gesendet wurden. Jetzt hat sie im Rowohlt Verlag ihre Erinnerungen publiziert. Drei Kapitel sind monologische Erzählungen: „Meine Familie und ich“, „Schauspielerleben“ und „Leidenschaften“. Hier geht es um ihre Kindheit und Jugend in Hamburg, ihre Arbeit für das Theater und den Film, ihr Hobby: die Malerei. Drei Kapitel sind Gespräche: mit Alexander Kluge über ihr Leben, mit Thilo Wydra über die Kommissarin Bella Block und, noch einmal, über ihr Leben. Auch wenn es im Text manche Redundanzen gibt, er liest sich gut, weil Hannelore Hoger eine kluge, selbstkritische Autorin ist, die assoziativ formuliert und viel mitzuteilen hat. Mir persönlich hat vor allem das Kapitel „Schauspielerleben“ gefallen, weil es interessante Informationen über Kolleginnen und Kollegen enthält, mit denen sie zusammengearbeitet hat. Abbildungen in allen Kapiteln – auch Reproduktionen ihrer Bilder – geben dem Buch eine zusätzliche Ebene. Das Werkverzeichnis im Anhang hat ein paar Lücken. Ich freue mich auf die beiden letzten Folgen von BELLA BLOCK. Mehr zum Buch: ohne-liebe-trauern-die-sterne.html

Germaine Dulac

Sie war Regisseurin, Filmtheoretikerin und aktive Feministin. Das Werk von Germaine Dulac (1882-1942) wird seit einigen Jahren von der Frankfurter Kinothek Asta Nielsen präsentiert. Im Wiener Metro Kino-kulturhaus fand kürzlich eine Retrospektive statt. Aus diesem Anlass hat Synema eine Broschüre publiziert, in der fünf Texte von Germaine Dulac zu lesen sind: „Das Kino der Avantgarde“ (1932), „Das Wesen des Films: Die visuelle Idee“ (1925), „Von der Empfindung zur Linie“ (1927), „Die Musik der Stille“ (1928) und „Unabhängigkeit“ (1931). Heide Schlüpmann informiert in einem einleitenden Text über Germaine Dulacs Filme, ihre Theorie und ihre Geschichte. Eine kommentierte Filmographie (Texte: Heide Schlüpmann, Credits: Brigitte Mayr) erschließt die zwischen 1917 und 1936 produzierten Werke. Eine nicht nur für Frauen interessante Publikation. Mehr zur Broschüre: 9783901644726

New Hollywood

Dies ist der vierte und wieder sehr lesenswerte Band der Reihe „Stilepochen des Films“, dies-mal herausgegeben von Norbert Grob, Bernd Kiefer und Ivo Ritzer. Vierzig Filme werden von dreißig Autorinnen und Autoren auf jeweils sechs bis zehn Seiten in chronologischer Reihenfolge vorgestellt, beginnend mit BONNIE AND CLYDE (1967), endend mit HEAVEN’S GATE (1980). Der einleitende Essay der Herausgeber ist exzellent. Dies sind die zwölf Texte, die mir am besten gefallen haben: Isabella Louise Bastian über BONNIE AND CLYDE von Arthur Penn, Manuela Reichart über THE GRADUATE von Mike Nichols, Wilfried Reichart über TWO-LANE BLACKTOP von Monte Hellman, Karlheinz Oplustil über A SAFE PLACE von Henry Jaglom, Thomas Koebner über THE LAST PICTURE SHOW von Peter Bogdanovich, Elisabeth Bronfen über THE GODFATHER I/II von Francis Ford Coppola, Norbert Grob über BADLANDS von Terrence Malick, Johannes Binotto über SERPICO von Sidney Lumet, Marion Löhndorf über THE DAY OF THE LOCUST von John Schlesinger, Helmut Merker über THE KILLING OF A CHINESE BOOKIE von John Cassavetes, Bernd Kiefer über NEW YORK, NEW YORK von Martin Scorsese, Ivo Ritzer über BIG WEDNESDAY von John Milius. Der einzige Schwachpunkt der Publikation ist die Qualität der Abbildungen. Mehr zum Buch: New_Hollywood

Zwei Western

THE CIMARRON KID (1951) ist der erste Western von Budd Boetticher, die Hauptrolle, spielt Audie Murphy. Er heißt im Film eigentlich Bill Doolin, wird „Cimarron Kid“ genannt und zu Beginn auf Bewährung aus dem Knast entlassen, wo er drei Jahre gesessen hat, weil er die Mitglieder der Dalton-Gang nicht verraten wollte, mit denen er einen Banküberfall begangen hatte. Bei einem Raubüberfall in der Eisenbahn gerät Bill in den Verdacht einer Mittäterschaft, flieht und wird nach kurzer Zeit nicht nur zum Mitglied, sondern zum Anführer der Dalton-Bande. Er verliebt sich in die Tochter eines Ranchers, träumt davon, mit ihr nach Argentinien auszuwandern, aber die Vergangenheit lässt ihn nicht los. Man spürt bereits bei diesem Film, wie souverän Boetticher als Regisseur agiert. Audie Murphy ist für die Rolle des ambivalenten Helden bestens geeignet. Gedreht in Technicolor, die Farben sind inzwischen remastert. Der Film ist jetzt als DVD in der Reihe der „Western-Legenden“ bei Koch Media erschienen. In der Original-fassung und in deutscher Synchronisation. Mit einem Booklet von Hank Schradolph. Mehr zur DVD: legenden_46_dvd/

Der Regisseur Harmon Jones war mir bisher eher als Schnitt-meister und als Regisseur von Fernsehserien bekannt. 1956 hat er den ungewöhnlichen Western A DAY OF FURY gedreht. Hauptfigur ist der Gunman Jagade (gespielt von Dale Robertson), der an einem Sonntagmorgen dem Marshall einer kleinen Stadt das Leben rettet, als der von einem Banditen bedroht wird. Der Marshall (Jock Mahoney) will an diesem Tag eigentlich heiraten, aber die Zeremonie wird verschoben, als Jagade in die Stadt kommt und dort für Unruhe und Konfrontationen sorgt. Der Marshall greift nicht ein, weil er Jagade sein Leben zu verdanken hat. Die Bürger sind irritiert und beginnen mit Aktionen einer Selbstjustiz. Auch die Braut (Mara Corday) gerät in eine schwierige Situation. Am späten Abend findet die Hochzeit statt, und das Paar verlässt den Ort. Zwischendurch ist der Film manchmal etwas dialoglastig, aber er hat viele überraschende Momente. Nr. 47 der „Western Legenden“ von Koch Media. In der Originalfassung und in deutscher Synchronisation. Der Text von Fritz Göttler im Booklet ist hervorragend! Mehr zur DVD: legenden_47_dvd/