Oskar Werner

2014.Oskar WernerDie Publikation kommt aus demselben Haus wie mein „Filmbuch des Monats“ über Fritz Kortner und das Kino: aus dem Filmarchiv Austria. Raimund Fritz, der Herausgeber des Buches, gehört seit 2000 zu den Mitarbeitern des Film-archivs. Er hat, unterstützt von den Autoren Klaus Kreimeier, Günter Krenn und Ralf Schenk und der Autorin Ines Steiner, hervorragende Arbeit geleistet. Fritz war bereits 2002 an der Publikation „Oskar Werner – Das Filmbuch“ beteiligt, er konnte jetzt noch einmal neu ansetzen, weil ihm der Zugang zum Nachlass des Schauspielers ermöglicht wurde, in dem sich viele Briefe, Fotos und Dokumente befinden, aus denen neue Erkenntnisse zu gewinnen waren. Von Klaus Kreimeier stammt ein sehr differenzierter Essay über Oskar Werner („Der schwierige Unbestechliche“), der den Blick auf seine individuelle Rollengestaltung öffnet. Ein „Prolog“ des Herausgebers informiert über Werner als Komparsen und Synchronsprecher (1938-43). Acht Filme werden im ersten Kapitel („Kometenhafter Aufstieg: Von Österreich über England nach Hollywood, 1947-50“) analysiert, beginnend mit DER ENGEL MIT DER POSAUNE von Karl Hartl, endend mit DECISION BEFORE DAWN von Anatole Litvak. Im zweiten Kapitel geht es um Oskar Werner und die deutschsprachige Filmproduktion der Jahre 1954 bis 58, also um DER LETZTE AKT von G. W. Pabst, SPIONAGE von Franz Antel, LOLA MONTEZ von Max Ophüls, den MOZART-Film von Karl Hartl, der in Deutschland REICH MIR DIE HAND MEIN LEBEN hieß, und EIN GEWISSER JUDAS, den Werner selbst inszeniert hat. Ein Zwischenkapitel handelt von François Truffauts JULES ET JIM und der Theateraufzeichnung TORQUATO TASSO von Josef Gielen. Sieben Filme stehen im letzten Kapitel im Fokus, sie stammen aus den Jahren 1964 bis 76, darunter sind SHIP OF FOOLS von Stanley Kramer, THE SPY, WHO CAME IN FROM THE COLD von Martin Ritt, FAHRENHEIT 451 von François Truffaut und VOYAGE OF THE DAMNED von Stuart Rosenberg. Der „Epilog“ informiert über gescheiterte Filmprojekte, der Anhang über abgelehnte Projekte, Oskar Werners Filmsammlung, über Fernsehaufzeichnungen und Dokumentarfilme und enthält eine Biografie des Schauspielers. In insgesamt 32 Filmen hat Oskar Werner große Rollen gespielt. Er starb 1984 im Alter von 61 Jahren. Das Buch ist überwältigend in seiner Fülle von Abbildungen, Informationen und Analysen. Es wirkt damit „defintitiv“. Mehr zum Buch: meta_id=-1#ov_item_782

ROTE FAHNEN SIEHT MAN BESSER

2014.DVD.Rote FahnenFür den Dokumentarfilm waren die 1970er und 80er Jahre eine Zeit entscheidender Verän-derungen: technisch, ästhetisch und inhaltlich. Dies wurde 2014 auf dem CineGraph-Kongress in Hamburg thematisiert. Eine DVD mit vier Filmbeispielen ist dazu bei AV Visionen erschie-nen. Am bekanntesten ist natürlich der Film ROTE FAHNEN SIEHT MAN BESSER (1970/71) von Theo Gallehr und Rolf Schübel. Er schildert die Betriebsstilllegung der Phrix-Werke in Krefeld aus der Sicht von vier entlassenen Kollegen. Zwar kommt auch die Konzernleitung zu Wort, aber die Gespräche mit den Betroffenen, ihre Besuche auf dem Arbeitsamt, ihre Existenzsorgen, ihre spürbare Politisierung stehen im Mittelpunkt des Films. Er wurde für den WDR gedreht (Redaktion: Martin Wiebel), enthielt in der Originalfassung u.a. ein Protestlied des Sängers Dieter Sieverkrüp, das für die Fernsehausstrahlung entfernt wurde, und galt schon durch seinen Titel als programmatisch für den „neuen“ Dokumentarfilm in der Bundesrepublik. Die DVD enthält die ungekürzte 100-Minuten-Fassung des Films, damals gedreht im 16mm-Format, schwarz/weiß. Wunderbar ist der zweite Film auf der DVD: WÄSCHERINNEN (1972) von Jürgen Böttcher, 23 min, 35mm, schwarz/weiß. Zwei Lehrlinge erzählen zwischen riesigen Waschmaschinen und viel Dreckwäsche von ihren Träumen und Wünschen im Alltag der DDR. Eigentlich als eine „Auftragsarbeit“ gedacht, unterläuft Böttcher durch seine Beobachtung (Kamera: Werner Kohlert) jede damals vorgegebene oder von den Auftraggebern erwartete Botschaft. Die beiden anderen Filme auf der DVD sind UPPER CLYDE SHIPBUILDERS (1971) von der Gruppe Cinema Action und THEBADFILM (1981-85) von Jürgen Mainusch und Christian Bau. Das Booklet (Redaktion: Swenja Schiemann) ist sehr informativ. Mehr zur DVD: page=0&art=3048

Prinzip Hollywood

2014.Prinzip HollywoodMarietheres Wagner ist Regisseurin (ihr Debütfilm war DIE NACHT DES MARDERS, 1989), Drehbuchautorin (LIPPELS TRAUM, 1991) und Produzentin. Sie war Dozentin an der HFF in München und an der Filmakademie in Ludwigs-burg, hat 2013 an der Universität Passau promoviert und ist dort Lehrbeauftragte am Lehrstuhl für Neuere Deutsche Literatur-wissenschaft und Medien-semiotik. Das Buch „Prinzip Hollywood“ ist nicht ihre Dissertation, sondern eine eigenständige Publikation zum Thema Dramaturgie. In zehn Kapiteln reflektiert sie die Frage, wie Dramaturgie unser Denken bestimmt. Sie beginnt mit einer kurzen Geschichte der Dramaturgie („Von Goethe bis Hollywood“), dann geht es um Elemente, Modelle und Fachbegriffe („Spannung und Struktur“), um Heldenreisen („Hollywoods Erzählstrukturen“), um die Grenzen des Erzählens („Die Welt jenseits der Worte“), um Raum, Zeit, Figuren und Handlung („Das Modell der vier Ebenen“). Eine genaue dramaturgische Analyse widmet sie dem Film WHAT’S EATING GILBERT GRAPE (1993) von Lasse Hallström. Die vier weiteren Kapitel handeln vom dramaturgischen Tempo, von der „Arena-Dramaturgie“, von den Wegen zum Happy End und von Realität & Fiktion, beispielhaft dargestellt am Film TITANIC (1997) von James Cameron. Die Autorin ist mit ihrem Thema natürlich bestens vertraut, ihr Wechselspiel zwischen Theater-, Literatur- und Filmgeschichte wirkt überzeugend. Man spürt die pädagogischen Erfahrungen. Ihre Zielgruppe sind nicht nur Menschen, die es auf den Regiestuhl drängt, der auf dem Cover abgebildet ist. Mehr zum Buch: 736e75bd0

Momente des Filmischen bei Patrick Modiano

2014.ModianoAls dieses Buch erschien, war ihm gerade der Nobelpreis zuerkannt worden. Patrick Modiano (*1945) ist seither auch über die literarische Welt hinaus bekannt. Seine Berührungen mit der Filmwelt sind überschaubar: er war Co-Autor von Louis Malle bei LACOMBE, LUCIEN und von Jean-Paul Rappeneau bei BON VOYAGE, sein Roman „Villa triste“ wurde 1994 unter dem Titel LE PARFUM D’YVONNE von Patrice Leconte verfilmt. Eva Gerritzen, Dozentin an der Ruhr-Universität Bochum, untersucht in ihrer Publikation „(Kon-)Fusionen von Film und Buch“ Momente des Filmischen in drei Romanen von Patrick Modiano. In „Villa Triste“ (1975) entdeckt die Autorin eine verborgene Filmwelt, die von Modiano in seine Geschichte integriert ist und für die handelnden Personen zu Begegnungen mit Stars und Glamour führt. Am Ende stellt der Protagonist fest, dass ihm diese Welt sehr fremd ist. In „Quartier perdu“ (1984), der bisher in Deutschland nicht erschienen ist, geht es ums Erinnern und Vergessen, um die Verbindung von Vergangenheit und Gegenwart, in der sich Literatur und Film medial sehr nahe kommen. In „Du plus loin de l’oubli“ (1996), deutsch: „Aus tiefstem Vergessen“, spielen die Zuschauer eine Rolle, das Kino wird als Zufluchtsort begriffen, die Protagonisten sind auf der Suche nach ihrer Identität. Eva Gerritzen baut Brücken zwischen den literarischen Elementen und den filmischen Assoziationen, sie stabilisiert ihre Untersuchung mit vielen filmtheoretischen Verweisen (Bazin, Deleuze, Barthes) und findet Beweismaterial auch in konkreten Filmbeispielen der „Nouvelle vague“. Ein interessantes Buch vor allem für Modiano-Leserinnen und -Leser. Mehr zum Buch: 6jol6je02ford50

Thomas Heise

2014.Thomas HeiseHeute Abend wird in der Akademie der Künste am Hanseatenweg in Berlin der Film STÄDTEBEWOHNER von Thomas Heise gezeigt. Er erzählt vom Alltag junger Männer in einem Gefängnis von Mexiko-Stadt. Präsentiert wird bei dieser Gelegenheit auch das Buch „Über Thomas Heise“, das im vergangenen Herbst im Verlag Vorwerk 8 erschienen ist. Matthias Dell und Simon Rothöhler haben es heraus-gegeben. In 14 Texten werden seine Filme kommentiert, ein Essay analysiert seine akustischen Arbeiten, in sieben Protokollen erinnern sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an die Zusammenarbeit mit Thomas Heise. Acht Texte zu seinen Filmen haben mir besonders gut gefallen: Annet Gröschners über WOZU DENN ÜBER DIESE LEUTE EINEN FILM?, Christoph Hochhäuslers über IMBISS SPEZIAL und IM GARTEN, Bert Rebhandls über STAU – JETZT GEHT’S’S LOS, NEUSTADT und KINDER, WIE DIE ZEIT VERGEHT, Barton Bygs über BARLUSCHKE, Michael Bautes über MEINE KNEIPE, Claus Lösers über MEIN BRUDER – WELL’MEET AGAIN, Dirk Baeckers über MATERIAL und Cristina Nords über GEGENWART. In den Gesprächsprotokollen geht es um Produktionsgeschichten (Heino Deckert), Kamerageschichten (Peter Badel), Schnittgeschichten (Mike Gürgen und René Frölke), Tongeschichten (Uve Haußig) und Theatergeschichten (Stephan Suschke, Ina Voigt & Hermann Beyer). Das Buch wird der Arbeit von Thomas Heise sehr gerecht. Mehr zum Buch: titel-ansicht.php?id=182

Deutsch-israelische Filmgeschichte

2014.Übergänge 3Die Beziehungen zwischen Deutschland und Israel haben bekanntlich eine sehr komplizierte und ambivalente Geschichte. Das betrifft natürlich auch die Filmgeschichte. Der Filmwissenschaftler Tobias Ebbrecht-Hartmann, inzwischen Professor an der Hebrew University in Jerusalem, unternimmt eine interessante Passage durch die deutsch-israelischen Filmbeziehungen. Dies geschieht nicht in einer strengen Chronologie, sondern eher assoziativ, es werden mehr israelische als deutsche Filme analysiert, in den neun Kapiteln sind insgesamt 131 Filme genannt und rund dreißig werden vom Autor ausführlicher behandelt. Das sind aus der deutschen Produktion ISRAEL, STAAT DER HOFFNUNG (1955) von Rolf Vogel, PARADIES UND FEUEROFEN (1958) von Herbert Viktor, EICHMANN UND DAS DRITTE REICH (1961) von Erwin Leiser, TEVYE UND SEINE SIEBEN TÖCHTER (1968) von Menachem Golan, BEI THEA (1987) von Dominik Graf, BALAGAN (1993) von Andres Veiel, HANNAS REISE (2013) von Julia von Heinz, als erste deutsch-israelische Gemeinschaftsproduktion BRENNENDER SAND (1960) von Raphael Nussbaum, aus der israelischen Produktion THE LAND OF PROMISE (1934/35) von Juda Lemann, AVODAH (1935) von Helmar Lerski, GIV’A 24 EINA ONA (1954) von Thorold Dickinson, HEM HAYU ASARAH (1961) von Baruch Dienar, HA-MARTEF (1963) von Natan Gross, SALLAH SHABBATI (1964) von Ephraim Kishon, VICTORY AT ENTEBBE (1976) von Marvin Chomsky, MIVTSA YONATAN (1977) von Menachem Golan, ROVEH HULIOT (1979) von Ilan Mashenson, TRANSIT (1980) von Daniel Wachsmann, YOMAN (1983) von David Pervov, ALEXANDER PENN (1987) von Dror Zahavi, AL TIG’U LI BA-SHO’A (1994) von Asher Tlalim, made in israel (2001) von Ari Folman, METALLIC BLUES (2004) von Dan Verete, WALK ON WATER (2004) von Eytan Fox, HA-HOV (2007) von Assaf Bernstein, YOUR TISCH IS NOT MY TABLE (2007) von Ester Amrami, ZARIM (2007) von Erez Tadmor und Guy Nattiv, die Serie HATUFIM (2009-12), HA-DIRA (2011) von Arnon Goldfinger, FAREWELL MR. SCHWARZ (2013) von Yael Reuveny. Ein eigenes Kapitel ist der „Geschichte einer Nichtbeziehung – Israel und die DDR“ gewidmet. Es ist das erste Buch, das sich so intensiv diesem Thema widmet, deshalb halte ich es für wichtig und lesenswert. Mehr zum Buch: /film/uebergaenge/

Eine offene Geschichte des Kinos

2014.Brombach 2Gestützt auf das theoretische Gedankengerüst des Philosophen Jacques Rancière und seinen Schlüsseltext „Die Aufteilung des Sinnlichen“ (2006) unternimmt die Filmwissenschaftlerin Ilka Rombach eine Neulektüre des westdeutschen Autorenfilms, speziell von Alexander Kluge, Rainer Werner Fassbinder und Wim Wenders, verbindet deren Filme der 1960er und 70er Jahre mit der Analyse von Filmen von Christian Petzold, Thomas Arslan und Michael Haneke und öffnet damit einen gedankenreichen Blick in zwei Phasen deutscher Filmgeschichte. Sie beginnt mit dem Film DEUTSCHLAND IM HERBST und widmet sich vor allem den Beiträgen Kluges und Fassbinders, ihren Bildern, ihrer Form. Das Buch gliedert sich dann in vier Teile. Teil I legt die Basis mit den Überlegungen von Rancière über das Kino als „unreine Kunst“. Teil II konfrontiert Alexander Kluges ABSCHIED VON GESTERN (1966) mit Christian Petzold BARBARA (2012) und stellt die beiden weiblichen Hauptfiguren gegenüber. Teil III beschäftigt sich zunächst umfassend mit Kritik und Ästhetizismus bei Rainer Werner Fassbinder und sucht anschließend nach Verbindungen zwischen Fassbinders FONTANE EFFI BRIEST (1972) und Hanekes DAS WEISSE BAND (2009). Im Teil IV geht es vor allem um das „cinephile Kino“ bei Wim Wenders, um seinen Film ALICE IN DEN STÄDTEN (1972), seine Formen des Zitierens großer Regisseure (John Ford, Alfred Hitchcock), die Dramaturgie der Abschweifung, das Sujet der Reise. Abgeschlossen wird dieses Kapitel mit einer Gegenüberstellung von Raoul Walshs THE BIG TRAIL (1930) mit Thomas Arslans GOLD (2013). Es ist beeindruckend, wie konkret und überzeugend der Text von Ilka Rombach insgesamt wirkt, wie sie wichtige Sekundärliteratur mit ihren eigenen Wahrnehmungen verbindet und daraus in der Tat eine „offene Geschichte des Kinos“ entstehen lässt. Coverfoto: DAS WEISSE BAND. Mehr zum Buch: ansicht.php?id=181

KREUZER EMDEN

2014.DVD.Kreuzer EmdenKurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs, am 9. November 1914, wurde der deutsche Kreuzer „Emden“ vor den Kokos-Inseln von dem australischen Kreuzer „Sydney“ unter Feuer genommen und zur Landung gezwungen. Ein Teil der Besatzung wurde gefangen genommen, ein anderer Teil unternahm eine abenteuerliche Rück-reise, die im Mai 1915 in Konstantinopel endete. Über die Geschichte des Kreuzers Emden entstanden in den 1920er und 30er Jahren mehrere Filme, die jetzt bei Absolut Medien auf einer DVD publiziert wurden. Zunächst gab es 1926 den Stummfilm UNSERE EMDEN. Es war der erste deutsche Spielfilm über den Weltkrieg zur See, produziert von der Münchner Firma „Emelka“, Regie führte Luis Ralph, die meisten Rollen wurden von Kapitänleutnants a. D. und ehemaligen Marinesoldaten gespielt. Der technische Aufwand für die Realisierung des Films war groß, er soll beim Publikum sehr erfolgreich gewesen sein. 1928 entstand der australische Film THE EXPLOITS OF THE EMDEN von Ken G. Hall, der das Schicksal der Emden aus anderer Perspektive zeigte und Aufnahmen aus der Sicht des Kreuzers Sydney mit deutschem Material des Emden-Films kombinierte. 1932 realisierte die Emelka den KREUZER EMDEN als Tonfilm, es wurden sehr viele neue Szenen gedreht, Regie führte wieder Louis Ralph, einige neue Darsteller waren an Bord (Werner Fuetterer, Renée Stobrawa, O.E. Hasse), es wurde ein kommerzieller Erfolg angestrebt, den es wohl auch gab. 1934 wurde der Film zurückgezogen und eine neu vertonte Fassung des Stummfilms hergestellt, die unter dem Titel HELDENTUM UND TODESKAMPF UNSERER EMDEN mehr den Kriterien des Nationalsozialismus entsprach. Von den Filmen der Jahre 1926, 1928 (Australien) und 1934 (Nazi-Fassung) sind nur Fragmente erhalten. Aber es ist interessant, diese Ausschnitte mit dem vollständigen KREUZER EMDEN zu vergleichen. Geradezu vorbildlich ist das Booklet, das der DVD beigefügt ist. Die Texte von Guido Altendorf, Stephan Huck, Philipp Stiasny, Simon During und Paul Byrnes geben alle notwendigen Informationen zu den verschiedenen Fassungen und liefern viel Stoff zum historischen Hintergrund. Mehr zur DVD: https://absolutmedien.de/film/

Synchronstimmen

2014.SynchronstimmeDiese Dissertation entstand an der Technischen Universität Berlin, Fakultät 1: Geisteswissenschaften. Sie ist das Ergebnis theoretischer Forschungen und empirischer Untersuchungen, konkret unterstützt von Prof. Walter Sendlmeier. Die Autorin Dagny Trägler hat eine sehr gute Arbeit vorgelegt. Sie informiert zunächst über die Geschichte der Filmsynchronisation, über die Formen der Synchronität, den Beruf des Synchronsprechers, den Synchronisationsprozess und die Filmsynchronisation in verschiedenen Genres. Ein zweites Kapitel widmet sich generell der Stimme, der Sprechweise und der Sprach-wahrnehmung. Dann geht es in den Bereich der empirischen Untersuchungen. Die erste und umfänglichste ist dem amerikanischen Film AGAINST THE ROPES (2003) von Charles S. Dutton gewidmet, der in Deutschland den Titel DIE PROMOTERIN hatte. Er erzählt die Lebensgeschichte der Boxpromoterin Jackie Kallen, die im Film von Meg Ryan gespielt wird. Ihre deutsche Synchronsprecherin war Ulrike Möckel. Mit großer Sensibilität untersucht die Autorin u.a. die Sprechstimmlage und den Intonationsverlauf von Ryan und Möckel, ihre Sprechdeutlichkeit, ihre Betonungen und die Vokalqualität, Sprechgeschwindigkeit und Pausengestaltung, Stimmstabilität und Energieverteilung. Daraus ergeben sich deutliche Unterschiede in der Charakterdarstellung. Dies wird durch einen Perzeptionstest mit 60 Teilnehmerinnen und Teilnehmern bestätigt. Als zweites Beispiel dient der Film HANGING UP! / AUFGELEGT! (2000) von Diane Keaton. Auch hier wurde ein Perzeptionstest durchgeführt. Die empirische Untersuchung wird mit drei weiteren Filmbeispielen fortgeführt. Basismaterial sind hier die Filme CITY OF ANGELS (1998) von Brad Silberling, ADAPTION (2002) von Spike Jonze und THE WEATHER MAN (2005) von Gore Verbinski. In allen drei Filmen spielte Nicolas Cage die Hauptrolle. Er wurde jeweils von einem anderen deutschen Sprecher synchronisiert. Wieder wurden die Stimmanalysen der Autorin von Testpersonen überprüft. Die Sorgfalt der Untersuchung und die konkreten Ergebnisse haben mich sehr beeindruckt. Zum Thema Synchronisation ist dies eine Arbeit, die Maßstäbe setzt. Unabhängig davon sehe ich amerikanische Filme am liebsten in Originalfassung mit deutschen Untertiteln. In Berlin ist das gottlob möglich. Mehr zum Buch: 3675&lng=deu&id=

Dubbing

2014.DubbingSeit der Tonfilm die Kinowelt dominiert, hat der Umgang mit Schrift, Bild und Sprache große Veränderungen erfahren. Zunächst entstanden unterschiedliche Sprachversionen, dann breitete sich die Synchronisierung aus. „Dubbing“ bedeutet „audiovisuelle Übersetzung“. Ihre Praxis ist in den verschiedenen Ländern und Kulturen sehr unterschiedlich, was man an konkreten Beispielen deutlich machen kann. Der vorliegende Band, entstanden in deutsch-französischer Zusammenarbeit, enthält 13 Texte – sechs in deutscher, sieben in französischer Sprache – die sich zu einem filmhistorisch interessanten Spektrum fügen. Jean-François Cornu informiert über die ersten Jahre der Synchronisation von Filmen ins Französische (1931-1934). Audrey Hostettler analysiert die englische Version des Films DER BLAUE ENGEL von Josef von Sternberg, die zu einem Teil in deutscher Sprache gedreht wurde. Das führte zu interessanten Veränderungen der Rollen von Lola (Marlene Dietrich) und dem Lehrer Rath (Emil Jannings). François Albera, Claire Angelini und Martin Barbier vergleichen den Film M von Fritz Lang mit der französischen Adaption (LE MAUDIT), die von Roger Goupillières und André Lang realisiert wurde und 1932 in die französischen Kinos kam. Jan Henschen beschäftigt sich mit Sprachversion und Polyglottie in ATLANTIC von E. A Dupont und KAMERADSCHAFT von G. W. Pabst. Mit den „cinephilen Vorbehalten“ gegen das Verfahren der Synchronisation setzt sich sehr generell Nathalie Mälzer auseinander. Und der Übersetzungswissenschaftler Alexander Künzli hat eine Umfrage zur Untertitelungspraxis im deutschsprachigen Raum unternommen. In den französischen Beiträgen werden thematisiert: die französische Fassung von Viscontis LA TERRA TREMA, die italienische Fassung von Godards A BOUT DE SOUFFLE, die Untertitelung von Godard-Filmen, die Sprachformen im Kino von Danièle Huillet und Jean-Marie Straub, Körper und Sprache in neueren japanischen Filmen und der Umgang mit Voice-Over. Ein Gespräch über den Umgang mit Sprache im Film schließt den Band ab. Das Coverfoto stammt aus dem Film SINGIN’ IN THE RAIN. Mehr zum Buch: la-traduction-audiovisuelle.html