19. Januar 2015
Eine offene Geschichte des Kinos
Gestützt auf das theoretische Gedankengerüst des Philosophen Jacques Rancière und seinen Schlüsseltext „Die Aufteilung des Sinnlichen“ (2006) unternimmt die Filmwissenschaftlerin Ilka Rombach eine Neulektüre des westdeutschen Autorenfilms, speziell von Alexander Kluge, Rainer Werner Fassbinder und Wim Wenders, verbindet deren Filme der 1960er und 70er Jahre mit der Analyse von Filmen von Christian Petzold, Thomas Arslan und Michael Haneke und öffnet damit einen gedankenreichen Blick in zwei Phasen deutscher Filmgeschichte. Sie beginnt mit dem Film DEUTSCHLAND IM HERBST und widmet sich vor allem den Beiträgen Kluges und Fassbinders, ihren Bildern, ihrer Form. Das Buch gliedert sich dann in vier Teile. Teil I legt die Basis mit den Überlegungen von Rancière über das Kino als „unreine Kunst“. Teil II konfrontiert Alexander Kluges ABSCHIED VON GESTERN (1966) mit Christian Petzold BARBARA (2012) und stellt die beiden weiblichen Hauptfiguren gegenüber. Teil III beschäftigt sich zunächst umfassend mit Kritik und Ästhetizismus bei Rainer Werner Fassbinder und sucht anschließend nach Verbindungen zwischen Fassbinders FONTANE EFFI BRIEST (1972) und Hanekes DAS WEISSE BAND (2009). Im Teil IV geht es vor allem um das „cinephile Kino“ bei Wim Wenders, um seinen Film ALICE IN DEN STÄDTEN (1972), seine Formen des Zitierens großer Regisseure (John Ford, Alfred Hitchcock), die Dramaturgie der Abschweifung, das Sujet der Reise. Abgeschlossen wird dieses Kapitel mit einer Gegenüberstellung von Raoul Walshs THE BIG TRAIL (1930) mit Thomas Arslans GOLD (2013). Es ist beeindruckend, wie konkret und überzeugend der Text von Ilka Rombach insgesamt wirkt, wie sie wichtige Sekundärliteratur mit ihren eigenen Wahrnehmungen verbindet und daraus in der Tat eine „offene Geschichte des Kinos“ entstehen lässt. Coverfoto: DAS WEISSE BAND. Mehr zum Buch: ansicht.php?id=181