Töne der Angst

Es gab den Horror schon im Stummfilm, aber der Ton hat ihm eine wichtige zusätzliche Wirkungskraft verliehen. Das Buch von Frank Hentschel untersucht analytisch die „Töne der Angst“. Es geht um Musik und Geräusche, um Atonalität und Elektronik, um Geistliche Musik, Kinder-lieder und Spieluhren. Kluge Gedanken zu Filmen wie THE BIRDS, THE SHINING, CANDYMAN und THE INNOCENTS. Im Mittelpunkt stehen die 1960er und 70er Jahre. Mit vielen Abbildungen in guter Qualität, einem Glossar, einem umfangreichen Literatur-verzeichnis und einer beigelegten DVD, die mit Filmausschnitten die Analysen konkretisiert. Verlag: Bertz + Fischer.

Die Lust am Genre

Im Oktober 2010 fand im Berliner Museum für Film und Fernsehen ein Symposium der Deutschen Kinemathek über Tradition und Erneuerung des Thrillers aus Deutschland statt. Sieben zum Teil überarbeitete Referate und sieben „Fallbeispiele“ sind jetzt, heraus-gegeben von Rainer Rother und Julia Pattis, in einem Buch nachzulesen (Verlag Bertz + Fischer, 224 S., 19,90 €). Unter den Autoren findet man Jan Distelmeyer, Britta Hart-mann, Andreas Kilb, Stefan Pethke, Ralf Schenk, Chris Wahl, Michael Wedel. Malte Hagener klärt zu Beginn den Begriff „Genre“ und Hans-Christoph Blumenberg fordert „Gerechtigkeit für Gerd Oswald“.

Forry Ackermans Leben

Er war einer der verrücktesten Sammler, die ich kennengelernt habe: 1984 bei einer Amerikareise mit Rolf Giesen, zur Vorbe-reitung einer Special-Effects-Ausstellung der Kinemathek im Kaufhaus Wertheim am Kurfürstendamm und einer Retrospektive der Berlinale. In seinem Haus in Hollywood verwahrte er – unterstützt von einem Assistenten – geschätzt 200.000 Exponate aus der Geschichte des Sci-fi- und Horror-films. Er war KING KONG- und METROPO-LIS-süchtig. Was auch immer er uns zeigte – Masken, Helme, Minia-turen, Zeichnungen, Produktionsentwürfe – , es glitzerte in seinen Augen. 1985 kam er zur Ausstellungseröffnung nach Berlin. Er war mit Vincent Price, Ray Harryhausen und Ray Bradbury befreundet. 2008 ist Forrest J Ackerman im Alter von 92 Jahren in Los Angeles gestorben. Deborah Painter hat eine schöne Biografie über ihn geschrieben, erschienen bei McFarland and Company, Jefferson, N.Y. (224 S., viele Bilder). Eve LeQuinu hat eine zugeneigt-kritische Rezension publiziert: ForryAckerman.html

Filmbuch des Jahres

Das Jahr geht zu Ende. Ich habe meine zwölf Filmbücher des Monats vorgestellt. Nun muss ich entscheiden, welches davon das „Filmbuch des Jahres“ werden soll. Ich habe drei Kandidaten: die Autobiografie von Werner Schroeter, aufgeschrieben von Claudia Lenssen (April), „Filmhochschulen in Deutschland“ von Peter Slansky (Juli) und „Floating Food“ von Ulrike Ottinger (Okto-ber). Meine Wahl fällt auf das Buch von Peter Slansky, weil es ein solches Stück Grund-lagenliteratur bisher nicht gab und die jahrelangen Recherchen des Münchner HFF-Professors vorbildlich sind. Ein beeindruckendes  Buch! Mehr unter  www.hhprinzler.de/filmbuecher/filmhochschulen-in-deutschland/

Filmkonzepte: Max Ophüls

Seit sechs Jahren gibt es die Reihe „Film-Konzepte“, herausgegeben von Thomas Koebner und Fabienne Liptay in der edition text + kritik, alle drei Monate erscheint ein Band. Folgerichtig liegt jetzt der Band 24 vor, von Ronny Loewy als Gast-herausgeber betreut. Er ist Max Ophüls gewidmet. Sein Werk wird in vier klugen Texten erschlossen: Verena Lueken schreibt über die frühen Jahre in Deutschland, Fritz Göttler über die 1930er, Lutz Bacher über die Erfahrungen in Hollywood und Martina Müller über die 1950er. Angefügt ist eine kurze Biografie (Loewy). Das Titelfoto stammt aus dem wunderschönen Film LIEBELEI (1933).

Volker Schlöndorff

Der Germanist Hans-Bernhard Moeller (University of Texas, Austin) und der Kom-munikationswissenschaftler George Lellis (Coke College, South Carolina) haben 2002 bei der Southern Illinois University Press ein Buch über Volker Schlöndorff publiziert, das jetzt revidiert und erweitert seinen Weg nach Deutschland gefunden hat und bei Vorwerk 8 erschienen ist (422 S., 24 €). Die Film-für-Film-Analyse ist profund, es kommen nicht nur die speziellen Qualitäten des „Literatur-verfilmers“ zur Sprache, auch die Kontexte des Neuen Deutschen Films der 1960er und 70er Jahre werden thematisiert. Grenzwertig ist die Papierqualität im Hinblick auf die Fotos.

Die Filme von Nanni Moretti

In den deutschen Kinos kann man zurzeit seinen Film HABEMUS PAPAM sehen. Da trifft es sich gut, dass gerade ein Buch erschienen ist, das sich intensiv mit dem bisherigen Gesamtwerk des Regisseurs auseinandersetzt: „Die Filme von Nanni Moretti“ (Schüren Verlag, 392 S., 29,90 €). Die Autorin Charlotte Lorber stellt den Blick auf Raum und Zeit in den Mittelpunkt ihrer Untersuchung, mit der sie, betreut von Heinz-B. Heller, in Marburg promoviert hat. Die zehn Filmanalysen (HABEMUS PAPAM ist noch nicht dabei) sind gut strukturiert, erschließen die italienische Sekundärliteratur und charakterisieren sehr konkret Morettis Stil als Autor, Regisseur und Hauptdarsteller. 335 Screenshots begleiten den Text.

Tenöre, Touristen, Gastarbeiter

Es ist eine gute Tradition, dass jeweils ein Jahr nach dem CineGraph-Kongress in einem Buch die wichtigsten Konferenz-beiträge dokumentiert werden. So ist jetzt, redaktionell betreut von Francesco Bono und Johannes Roschlau, der Band über den 2010-Kongress erschienen: „Tenöre, Touristen, Gastarbeiter“ (Verlag edition text + kritik, 190 S., 21,80 €). Thema sind die deutsch-italienischen Filmbeziehungen. In 14 Beiträgen werden biografische, künst-lerische, politische und ökonomische Zusammenhänge konkretisiert, von den frühen zwanziger Jahren bis in die Gegenwart. Zu den Autoren gehören Alfons Maria Arns, Evelyn Hampicke, Marcus Stiglegger, Michael Töteberg und Chris Wahl.

Diane Keatons Memoiren

Sie ist inzwischen 65 Jahre alt, lebt mit ihren zwei Adoptivkindern in L.A. und denkt gern an die Zeiten mit Woody Allen zurück. Sie hat – sehr assoziativ – ganz persönliche Erinnerungen an ihr Leben aufgeschrieben, die im Frühjahr in New York und nun auch in Deutschland erschienen sind: „Damals Heute“ (btb Verlag/Random House, 320 S.). Eine unterhaltsame Rezension von Christiane Heil erschien am 20.11. im Gesellschaftsteil der FAS  11534124.html

Filmkritiken von Uwe Nettelbeck

 

Bei Philo Fine Arts in Hamburg sind ausgewählte Filmkritiken von Uwe Nettelbeck aus den sechziger Jahren als Anthologie erschienen (320 S., 16 €). Er war – als Filmkritiker der Zeit und Mitarbeiter der Filmkritik – ein Wegbereiter des Neuen (west) deutschen Kinos. Seine streitbaren Texte hatten höchstes Niveau. Es ist erfrischend, sie wiederzulesen.