Die Heldin reist

Drei Geschichten einer Frau, die verreist, um das Fürchten zu verlernen. Doris Dörrie fuhr 2019, im Jahr vor Ausbruch der Pandemie, nach San Francisco, Tokio und Marrakesch. In San Francisco zeigt sie auf einem Festival ihren Film KIRSCH-BLÜTEN UND DÄMONEN. Sie erinnert sich an ihre ersten Reisen nach San Francisco, wo sie 1973/74 studiert hat. Sie trifft Freundinnen und Freunde, träumt im Halbschlaf und denkt über die Abenteuerreisen von Helden in der Literatur nach. Die Rückreise nach Deutschland endet mit einem Zwischenfall. 1985 war Doris zum ersten Mal in Japan. Inzwischen fährt sie fast jedes Jahr dorthin. 2019 trifft sie ihre Freundin Tatsu in Tokio, die in Deutschland Musik studiert hat. Was haben zwei Frauen im jeweils anderen Land für unterschiedliche Erfahrungen gemacht? Nach Marrakesch reist Doris mit ihrer Freundin Eva. Die erleidet dort eine Panikattacke. Es sind Erinnerungen, Reflexionen und Fiktionen, die Doris Dörrie in diesem Buch miteinander verbindet. Und weil sie wunderbar schreiben kann, ist die Lektüre spannend und regt zum Nachdenken über das Reisen an. Mehr zum Buch: die-heldin-reist-9783257612646.html

AMERASIA (1985) & VIỆT NAM! (1994)

Wolf-Eckart Bühler (1945-2020) war Filmkritiker (er hat in den 1970er Jahren einige unvergessliche Themenhefte der Filmkritik herausgegeben), Regisseur und Autor. Seine Filme LEUCHTTURM DES CHAOS (1983) und DER HAVARIST (1984) sind 2018 in der „Edition Filmmuseum“ als DVDs erschienen, jetzt gibt es dort auch AMERASIA und Việt Nam!. Film Nr. 1 dokumentiert Folgen des Vietnamkrieges in Thailand, wo sich US-Veteranen von den Traumata des Krieges zu befreien versuchen und auch andere Spuren des Krieges zu finden sind. Film Nr. 2 zeigt den „Umgang mit einer leidvollen Vergangenheit“ in Vietnam selbst, Erinnerungen an Erniedrigung, Angst und den Tod von Angehörigen. Beide Filme sind nah an ihren Protagonisten und sehr sehenswert als Dokumentationen von Kriegsfolgen. Zu den Extras gehören die Bühler-Filme LEO T. HURWITZ: FILME FÜR EIN ANDERES AMERIKA (1980, 44 Min.), ÜBER IRVING LERNER (1981, 11 Min.) und INNERE SICHERHEIT: ABRAHAM POLONSKY (1981, 44 Min.), realisiert für den WDR. Als Audios sind Sendungen über die Zeitschrift Filmkritik (1974, 55 Min.), Sterling Hayden (1980, 55 Min.) und Abraham Polonsky (1982, 55 Min.) zu hören. Das Booklet enthält Texte von Olaf Möller, Wolf-Eckart Bühler und einen Nachruf auf Bühler von Hans Schifferle aus SigiGötz Entertainment Nr. 35. Mehr zur DVD: p202_Amerasia—Vi–7879-t-Nam-.html

Geschichte der Filmstadt Berlin

In 14 Kapiteln erzählt Oliver Ohmann die Geschichte der Filmstadt Berlin: Pioniere aus Pankow bringen Bilder zum Laufen (1895-1910), Berliner Kindheit der Kinematographie (1911-1918), Aufstieg zur Stummfilm-Metropole Europas (1919-1924) – Die Filmstadt im goldenen Jahrfünft (1915-1929) – Tonfilm-Durchbruch und die Auflösung der Republik (1930-1932) – Die braune Macht greift nach dem Film (1933-1938) – Kino im Krieg mit Unterhaltung bis zum Untergang (1939-1945) – Stunde Null und Neuanfang in Trümmern (1945-1949) – Kino-Comeback in einer geteilten Stadt (1950-1959) – Winnetou, Sir John und die Spur der Steine (1960-1969) – Von Paul und Paula zu Fassbinders Alexanderplatz (1970-1979) – Solo Sunny und der Himmel über Berlin (1980-1989) – Marlene kehrt heim und Lola rennt in die Filmgeschichte (1990-2000) – Dauergast Hollywood und Kinozwangspause in der Pandemie (2001 bis heute). Wir erfahren viel über Filme, die in Berlin gedreht wurden, über Kinos, in denen sie zu sehen waren, über Menschen aus der Filmbranche, die hier gelebt haben oder noch leben, über das Studio in Babelsberg und die Berlinale. Gut recherchiert, spannend erzählt. Eingefügt sind 35 kleine Porträts von Schauspielerinnen und Schauspielern, Regisseuren und Produzenten. Die Abbildungen haben eine gute Qualität. Coverfoto: Dreharbeiten zu EINS, ZWEI, DREI von Billy Wilder (Sommer 1961). Mehr zum Buch: elsengold.de/produkt/klappe/

„Brunnenstraße“

Dies ist der achte Roman der Schauspielerin Andrea Sawatzki und ihr persönlichster. Sie erzählt die Geschichte ihrer Kindheit und Jugend. Sie war unehelich geboren, ihre Mutter arbeitete als Krankenschwester in Vaihingen, sie wuchs bei fremden Familien auf. Ihr Vater, Günther Sawatzki, war für den Kölner Stadt-Anzeiger tätig. Nachdem seine Frau gestorben war, heiratete er Andreas Mutter. Da war seine Tochter acht Jahre alt. Durch verschiedene Unglückfälle verlor er seinen Job als Redakteur, er versuchte sich als freier Autor, hatte aber gesundheitlich Probleme. Die finanzielle Lage der Familie wurde desolat, die Mutter arbeitete als Nachtschwester, Andrea musste sich um den Vater kümmern, der mehrere Schlaganfälle hatte und zunehmend an Demenz litt. Die Konflikte wurden oft physisch ausgetragen. Er starb, als Andrea 15 Jahre alt war. Es ist bewegend, mit welcher Genauigkeit die Schauspielerin das wechselvolle Verhältnis zu ihrem Vater schildert. Es gibt Szenen, die man kaum glauben möchte, die aber sicherlich so stattgefunden haben. Eine Coming-of-Age-Geschichte der 1970er Jahre, wie man sie noch nie gelesen hat. Mehr zum Buch: brunnenstrasse-isbn-978-3-492-07053-9

Friedrich Dalsheim

Er war ein Pionier des ethnographischen Films und ist inzwischen weitgehend in Vergessenheit geraten. Der Regisseur, Autor, Produzent und Kameramann Friedrich Dalsheim (1895-1936) hat in den 1930er Jahren vier abendfüllende Dokumentationen realisiert, die das alltägliche Leben in entfernten Regionen aus der Perspektive der Gefilmten zeigen. MENSCHEN IM BUSCH (1930) entstand im westafrikanischen Togo gemeinsam mit der Ethnologin Gulla Pfeffer und beobachtet den Alltag und das Leben in einem Dorf. DIE INSEL DER DÄMONEN (1933) wurde auf Bali gedreht, das damals von den Niederlanden beherrscht war, und zeigt die Macht einer alten Hexe und Zauberin, deren Einfluss nur mit Mühe gebrochen werden kann. Schauplatz von PALOS BRUDEFAERD (1934) ist Ostgrönland, erzählt wird die Werbung von zwei Robbenfängern um eine schöne junge Frau, die brutale Formen annimmt. Das Drehbuch stammte von Knud Rasmussen. DIE KOPFJÄGER VON BORNEO (1936) führt uns auf die Insel in Südostasien, zeigt die Rivalität zwischen zwei Dörfern, deren Häuptlinge einen Friedenschluss versuchen. Expeditionsleiter war – wie auch bei DIE INSEL DER DÄMONEN – Victor von Plessen. Das Buch über Friedrich Dalsheim, herausgegeben von Louise von Plessen, sollte eigentlich der Katalog zu einer Ausstellung des Museums für Film und Fernsehen werden. Das Projekt wurde coronabedingt verschoben. Bei Hentrich & Hentrich ist jetzt die sehr lesenswerte Publikation erschienen. Vier Essays über die genannten Filme stehen im Mittelpunkt, sie stammen von Ulrike Ottinger (über MENSCHEN IM BUSCH), Louise von Plessen (über DIE INSEL DER DÄMONEN und PALOS BRUDERFAERD) und Sophie von Plessen (über DIE KOPFGJÄGER VON BORNEO). Michael Appel erschließt die Sammlung Friedrich Dalsheim im Museum fünf Kontinente, München. Mit einem Vorwort von Rainer Rother. Zweisprachig (deutsch/englisch), mit vielen Abbildungen in guter Qualität. Mehr zum Buch: hentrichhentrich.de/buch-friedrich-dalsheim.html

Morgen Abend wird in der Schleswig-Holsteinischen Landesvertretung der Film DIE INSEL DER DÄMONEN gezeigt und das Buch präsentiert.

Erinnerungen im Film

42 Filme, in denen verschiedene Arten von Erinnerungen gezeigt werden, beschreibt Thomas Koebner in seinem Buch. Sechsmal geht es um Erinnerungen an das „Lager“ (zum Beispiel in DIE PASSAGIERIN von Andrzej Munk, THE PAWNBROKER von Sidney Lumet, KADDISCH NACH EINEM LEBENDEM von Karl Fruchtmann, SOPHIE’S CHOICE von Alan J. Pakula), siebenmal um Liebe von gestern (u.a. in PARIS, TEXAS von Wim Wenders, THE ENGLISH PATIENT von Anthony Minghella, BEAUTIFUL KATE von Rachel Ward), sechsmal um Familien-Alben (zum Beispiel in LA PRIMA ANGÉLICA von Carlos Saura, ONCE UPON A TIME IN AMERICA von Sergio Leone, CINEMA PARADISO von Giuseppe Tornatore), achtmal um Gedächtnisverlust (u.a. in UNE AUSSI LONGUE ABSENCE von Henri Colpi, MIRAGE von Edward Dmytryk, MEMENTO von Christopher Nolan, DER MANN OHNE VERGANGENHEIT von Aki Kaurismäki, TRAP FOR CINDERELLA von Iain Softley), viermal um Erinnerungen an ein Trauma (REBECCA von Alfred Hitchcock, CITIZEN KANE von Orson Welles, GIULIETTA DEGLI SPIRITI von Federico Fellini, REGRESSION von Alejandro Amenábar). In Einzelbeispielen werden demütigende Erinnerungen (WILDE ERDBEEREN von Ingmar Bergman), das Gedächtnis der Dinge (IN JENEN TAGEN von Helmut Käutner), unzerstörbare Erinnerungen (UN SECRET von Claude Miller) und gefälschte Erinnerungen (BLADE RUNNER von Ridley Scott) thematisiert. Die Frage „Was ist wirklich geschehen?“ stellt der Film RASHOMON von Akira Kurosawa. Thomas Koebner hat für seinen „Versuch“ eine hervorragende Filmauswahl getroffen, seine Beschreibungen sind präzise formuliert, man erinnert sich gern an Filme, die man vor langer Zeit gesehen hat. Der Versuch ist bestens gelungen. Mehr zum Buch: titel/714-erinnerungen-im-film.html

THIEVES LIKE US (1974)

Südstaaten, frühe dreißiger Jahre, Zeit der Depression. Der humpelnde T-Dup, der Halb-indianer Mobley und ihr Komplize Bowie sind zu lebenslänglicher Haft verurteilt. Zunächst kann Bowie aus dem Gefängnis fliehen, dann gelingt das auch T-Dub und Mobley. Bei Verwandten von Mobley finden sie Unterschlupf. Sie beginnen mit neuen Banküberfällen und sind sehr erfolgreich. Bei einer nächtlichen Autofahrt verursachen Bowie und Mobley einen Unfall. Zwei zivile Polizisten, die ermitteln wollen, werden von ihnen erschossen. Nach weiteren Banküberfällen eskaliert die Verfolgung dramatisch und es gibt Opfer. Der Film von Robert Altman ist sehr spannend inszeniert und mit Keith Carradine (Bowie), Bert Remsen (T-Dub) und John Schuck (Mobley) hervorragend besetzt. Es gibt auch eine schöne Liebesgeschichte mit Shelley Duvall, die aber kein Happy-End hat. Hinter der Kamera stand Jean Boffety. Bei Koch Media sind jetzt Blu-ray und DVD des Films erschienen. Mit einem Audio-Kommentar von Robert Altman. Sehr zu empfehlen. Mehr zur Blu-ray: view/film/diebe_wie_wir_dvd/

35 Millimeter: Animationsfilm

Schwerpunktthema der jüngsten Ausgabe der Zeitschrift 35 Millimeter (Nr. 45) ist der Animationsfilm. Ihm sind elf Beiträge gewidmet. Bernward Knappik erinnert an den Pionier des deutschen Zeichentrickfilms Gerhard Fieber. Lars Johansen befasst sich mit Oskar Fischinger und Ray Harryhausen, Marco Koch mit Lotte Reiniger. In den fünf Texten von Christoph Seelinger geht es um die Animation im (post-) dadaistischen Experimentalfilm, um den in Frankreich tätigen Wladislaw Starewicz, um frühe italienische Animationsfilme als Kriegspropaganda, um den in Nigeria arbeitenden Moustapha Alassane und um die Figur MomotarO im japanischen Anime-Film 1928 bis 1945. Katharina Noß informiert über das Rotoskop und die Fleischer Studios in den USA. Tonio Klein beschäftigt sich mit den frühen Arbeiten des Disney Studios. Marc Schaumburg vergleicht den REBECCA-Film von Alfred Hitchcock mit der Netflix-Adaption von Ben Wheatley (2020). Fünf Noir-Filme von Maxwell Shane beschreibt Bernward Knappik. Nils Gampert richtet seinen Blick auf den frühen Film DAS SCHWEIGEN DES MEERES (1948) von Jean-Pierre Melville. Ausgehend von einer einstigen Wohnung von Asta Nielsen in der Berliner Fasanenstraße entdeckt Sigrid Weitemeyer für sich die Bedeutung der Schauspielerin. Robert Zion schreibt über die Pirate Queens Joan Fontaine, Yvonne de Carlo, Jean Peters, Maureen O’Hara und Rhonda Fleming. Clemens G. Williges erinnert an den vergessenen Film THE SIN OF NORA MORAN (1933) von Phil Goldstone. Wieder ein interessantes Heft. Im Juni erscheint das nächste, sein Schwerpunkt ist Pre-Code Hollywood. Mehr zur Zeitschrift: 2022/03/35-mm-45-animationsfilm-erhaeltlich/

Stewart Granger

Seine erste Filmrolle spielte er 1934 in THE RISE OF CATHERINE THE GREAT von Paul Czinner: einen Regimentssoldaten. Mit THE MAN IN GREY wurde er 1943 zu einer Heldenfigur im britischen Film. 1949 ging er mit seiner Ehefrau Jean Simmons nach Hollywood und hatte an der Seite von Deborah Kerr seinen ersten großen Erfolg in KING SOLOMON’S DIAMONDS. Abenteuer- und Historienfilme wie SCARAMOUCHE von George Sidney, SALOME von William Dieterle, BEAU BRUMMEL von Curtis Bernhardt, MOONFLEET von Fritz Lang, THE LAST HUNT von Richard Brooks und NORTH TO ALASKA von Henry Hathaway machten ihn zu einem beliebten Star. Anfang der 60er Jahre kehrte er nach Europa zurück, spielte in Deutschland in den Karl May-Verfilmungen von Rialto den Old Shurehand und verabschiedete sich mit dem Film THE WILD GEESE 1978 von der Kinoleinwand. In der deutschen Fernsehserie DAS ERBE DER GULDENBURGS war er in mehreren Folgen als Nebendarsteller zu sehen. Stewart Granger starb 1993 in Santa Monica im Alter von 80 Jahren. Die Biografie von Rainer Boller mit dem Untertitel „Männlichkeit auf der Leinwand“ ist hervorragend recherchiert und erinnert uns an viele Filme der 50er und 60er Jahre, die man sich gern mal wieder anschauen sollte. Mit Abbildungen in guter Qualität. Mehr zum Buch: leinwand-reiner-boller-9783755786030

STAR WARS

Es begann 1977 mit KRIEG DER STERNE von George Lucas. Inzwischen sind daraus neun Filme geworden, die jeweils als Trilogien entstanden. Die letzten hießen bei uns DAS ERWACHEN DER MACHT (2015), DIE LETZTEN JEDI (2017) und DER AUFSTIEG SKYWALKERS (2019). Alle neun Titel haben weltweit zusammen über zehn Milliarden Dollar eingespielt. Die Rechte liegen seit 2012 bei der Walt Disney Company. Es gibt viel STAR WARS-Literatur, gerade ist bei Dorling Kindersley eine erweiterte Neuausgabe des „Lexikons der Helden, Schurken und Droiden“ erschienen, mit Texten von Simon Beecroft, Elizabeth Dowsett, Pablo Hidalgo, Amy Richau und Dan Zer. In alphabetischer Reihenfolge werden auf jeweils einer Seite 280 Figuren porträtiert, beginnend mit dem Chirurgiedroiden 2-1 B, endend mit dem Gand-Kopfgeldjäger Zukuss. Natürlich sind es vor allem die mutigen Jedi-Ritter, die unsere Sympathien haben, und die grausamen Sith-Lords lieben wir gar nicht. Mehr als 1.200 Abbildungen. Man muss schon ein Fan sein, um alle Figuren wiederzuerkennen. Mehr zum Buch: lexikon-der-helden-schurken-und-droiden-9783831044283