My Week with Marilyn

Heute startet der englische Film MY WEEK WITH MARILYN von Simon Curtis mit Michelle Williams, Emma Watson und Kenneth Branagh in den deutschen Kinos. Erzählt wird eine „True Story“, die sich im September 1956 während der Dreharbeiten zu THE PRINCE AND THE SHOWGIRL ereignet haben soll. Der Autor Colin Clark war damals als dritter Assistent auf dem Set in den Pinewood Studios ein sehr realer Protagonist in einem fast mythischen Geschehen. Sein Buch, geschrieben vor zwölf Jahren, ist rechtzeitig zu Filmpremiere bei Schirmer/Mosel Literatur erschienen: „Meine Woche mit Marilyn. Eine wahre Geschichte“. Clark hat in den 1960er und 70er Jahren viele Dokumentarfilme gedreht, dann als Schriftsteller gearbeitet und ist 2002 gestorben. Für Marilyn-Fans ist es natürlich obligatorisch, das Buch zu lesen und den Film zu sehen.

Filmland Brandenburg

Aus Berliner Sicht ist Brandenburg „das Umland“. Aber das Land Brandenburg hat eine eigene Geschichte und, wie man weiß und durch dieses Buch bestätigt bekommt, auch eine eigene Filmgeschichte. Sie ist eng verbunden mit dem Studio in Babelsberg, aber ihre Schauplätze sind kreuz und quer über das Land verstreut. Da ist es hilfreich, eine Art Reiseführer zur Hand zu haben. Marcel Piethe, gut vertraut mit Regional- und Landesgeschichte, gibt sechs Strecken vor, die er mit insgesamt mehr als 300 Filmen verknüpft: vom Spreewald und dem FREMDEN VOGEL (1912) mit Asta Nielsen bis nach Neuruppin und Hermine Huntgeburths HUCK FINN (2012) mit Heike Makatsch. Kein Lexikon, sondern ein schönes Lesebuch.

Bertrand Tavernier

Kompliment an Thomas Koebner und Fabienne Liptay: jetzt ist der 25. Band ihrer Reihe „Film-Konzepte“ erschienen. Er ist dem französischer Regisseur Bertrand Tavernier gewidmet, und als Gastheraus-geber fungiert diesmal Karl Prümm, der natürlich auch in den Band einleitet. Es gibt zwei Generalartikel (von Pascale Anja Dannenberg und Marie Krämer) und vier Texte zu einzelnen Filmen; sie stammen von Norbert Grob (über ROUND MIDNIGHT), Karl Prümm (LA VIE ET RIEN D’AUTRE), Karina Kirsten (LA GUERRE SANS NOM) und Gerhard Midding (LA PRINSECCE DE MONTPENSIER im Kontext der Historienfilme von Tavernier). Mit Bio- und Filmgrafie. Schön, dass dieser Regisseur endlich bei uns gewürdigt wird.

Intermaterialität

Zur Definition: „Intermaterialität beschreibt die Beziehung zweier oder mehrerer Artefakte oder Zeichengebilde, wenn sie auf materialer Basis interagieren.“ Auch wenn zu Zeiten des Expressionismus von Intermaterialität noch nicht die Rede war, lässt sich aus dem Bezugssystem für das damalige Zusammenspiel der Künste einiger Erkenntnisgewinn erzielen. Kleinschmidt analysiert an konkreten Beispielen das Zusammenwirken zwischen Text und Bild, Schrift und Film, Musik und Theater. Sein wissenschaftlicher Anspruch ist hoch, mit über 1.000 Quellenvermerken ist er auf der sicheren Seite. Was den Film betrifft, so konfrontiert er ihn, ausgehend vom „Kinobuch“ von Kurt Pinthus, mit der Literatur der Zeit und deren Aneignung des neuen Mediums. Sehr lesenswert ist das Kapitel „Der Stummfilm und die Schrift“, das sich auf drei Beispiele konzentriert: DAS CABINET DES DR. CALIGARI, DER GOLEM, WIE ER IN DIE WELT KAM und NOSFERATU.

Untergang der Titanic

Seit Wochen werden wir auf das Jubiläum eingestimmt: heute vor 100 Jahren ist die Titanic untergegangen. In vielen Kinos läuft Camerons Film in 3D. An verschiedenen Orten sind Spezialveranstaltungen ange-kündigt. Im Fernsehen gibt es jede Menge Dokumentationen. Und auch die Film-literatur leistet einen originalen Beitrag: im Verlag edition text + kritik ist soeben ein Buch von Michael Wedel erschienen. Es heißt „Kollision im Kino“ und stellt zwei Mythen in den Mittelpunkt: den frühen deutschen Film TITANIC – IN NACHT UND EIS aus dem Jahr 1912, der lange als verschollen galt und jetzt wieder zugänglich ist, und den Regisseur dieses Films, den Rumänen Mime Misou, über den fast gar nichts bekannt war. Er hat als Regisseur und Darsteller bis 1914 fünf kurze und mittellange Filme gedreht, in den folgenden Jahren in Holland und den USA gelebt und sich 1921 aus dem Filmgeschäft zurückgezogen. Wedels Buch, gut recherchiert, ist ein eigenständiger Beitrag zum Untergangsjahr.

Märchen im Film

Frohe Ostern!

Ich nutze den Feiertag für den Hinweis auf ein besonderes Buch, das im vergangenen Jahr bei Routledge in New York und London erschienen ist und auf das ich von einer Freundin aufmerksam gemacht wurde. Der Autor Jack Zipes ist emeritierter Professor für Germanistik und Vergleichende Literatur-wissenschaft in Minnesota. Er hat sich über Jahrzehnte mit dem Märchen als litera-rischer Gattung beschäftigt und nun so etwas wie ein definitives Buch über Märchenfilme geschrieben: „The Enchanted Screen. The Unknown History of Fairy-Tale Films“ (436 S., viele Abbildungen). Im ersten Teil wird im Überblick die Geschichte des Märchenfilms erzählt, beginnend mit dem Franzosen Georges Méliès. Im zweiten Teil geht es um die Verfilmungen einzelner Märchen: Schneewittchen, Rotkäppchen, Blaubart, Aschenputtel. Eigene Kapitel sind dem Tierbräutigam und den Märchen von Hans Christian Andersen gewidmet. Im dritten Teil werden die unterschiedlichen Verfilmungen von „Der Zauberer von Oz“, „Pinocchio“, „Alice im Wunderland“ und „Peter Pan“ analysiert; ein separater Text ist den Märchenfilmen der CSSR und der DDR vorbehalten; und am Ende rücken Filme der vergangenen zwanzig Jahre ins Zentrum. Mit 144 Verfilmungen steht übrigens „Aschenputtel“ an der Spitze aller Titel. Die Analysen von Zipes sind sehr konkret und nachvollziehbar, sie berücksichtigen psychologische und soziologische Aspekte. Natürlich spielt auch Walt Disney eine zentrale Rolle. Die Filmografie im Anhang, klug strukturiert, nennt 1.935 Titel. Eine Verbeugung nach Minnesota. Mehr zum Buch: www.routledge.com/books/details/9780415990615/

100 Jahre für den Film

Auf der Leipziger Buchmesse habe ich kürz-lich die interessante Festschrift einer Firma entdeckt, die heute „CinePostproduction“ heißt und bis 1998 den Namen „Geyer-Werke“ trug. Geyer, gegründet 1911, war das traditionsreiche Kopierwerk in Berlin-Neukölln, über das Martin Koerber 1989 für die Ausstellung „Nahaufnahme Neukölln“ eine Firmengeschichte geschrieben hat. Die Autoren Matthias Georgi und Benjamin Geissert erzählen die Geschichte in dem Buch „100 Jahre für den Film“ ausführlicher und führen sie bis in die Gegenwart fort. Die Umstellung auf Digitalisierung spielt dabei eine große Rolle. Mit umfangreichen Quellenangaben und vielen Abbildungen. Die Lektüre ist nicht nur für Filmtechniker ein Gewinn.

Preußen

Im Deutschen Historischen Museum ist inzwischen die Ausstellung „Friedrich der Große, verehrt, verklärt, verdammt“ zu sehen. Da kann man gern noch einmal auf die intelligente Publikation des Filmmuseums Potsdam hinweisen: „Preußen aus Celluloid“, herausgegeben von Annette Dorgerloh und Marcus Becker im Jaron Verlag. Andreas Kilb schreibt über Friedrich als Heldenfigur in den Filmen der Weimarer Republik und des Nationalsozialismus, Guido Altendorf über Friedrich als Komödienfigur, Michael Gebühr über seinen Vater Otto, den bekanntesten Friedrich-Darsteller, Annette Dorgerloh und Marcus Becker über Filmräume und Szenografien des Preußenkönigs, Hubertus Fischer über Blicke und Großaufnahmen, Anett Werner über den Schriftsteller Walter von Molo (Autor des Friedrich-Films von 1936) und Kathrin Nachtigall über Frideriziana im Historienfilm. Viele gut gedruckte Abbildungen. Mehr über das Buch: Products/978-3-89773-681-8

Lexikon des Internationalen Films

Mit großer Verlässlichkeit erscheint jeweils Ende März der Rückblick auf das vergangene Filmjahr, in lexikalischer Form, herausgegeben von Horst Peter Koll und Hans Messias. Mehr als 2.000  Titel sind wieder mit Kurztext und filmografischen Daten erfasst. Es gibt wie immer eine Jahres-chronik und diesmal einen speziellen Schwerpunkt zum Kinder- und Jugendfilm. Seit nun schon acht Jahren enthält das Lexikon ein Dossier des Verbandes der Deutschen Filmkritik, in diesem Jahr zum Thema Berlinale, aber sehr auf das Festival des Jahres 2011 bezogen.

Hans-Dieter Grabe

Am 6. März ist der Dokumentarist Hans-Dieter Grabe 75 Jahre alt geworden. Er gehört zu den Großen seiner Zunft. Vierzig Jahre hat er beim ZDF in die deutsche und internationale Geschichte zurückgeblickt, mit Porträts, die uns informiert und bewegt haben. Die Filme NUR LEICHTE KÄMPFE IM RAUM DA NANG (1970), Hiroshima, Nagasaki – Atombombenopfer sagen aus (1985) und Er nannte sich Hohenstein (1994) werde ich nie vergessen. 13 Filme von Hans-Dieter sind jetzt, herausgegeben von Peter Paul Kubitz, in einer DVD-Box erschienen. Sie beansprucht einen festen Platz neben der Box von Klaus Wildenhahn.