Mein Filmbuch des Jahres 2015

2015.Chaplin Archive

Zwölf Filmbücher des Monats habe ich im vergangenen Jahr auf dieser Seite vorgestellt: filmbuecher/2015/ Eines wähle ich traditionell zu meinem „Filmbuch des Jahres“ aus. Meine drei Kandidaten sind diesmal die Edgar Reitz-Biografie von Thomas Koebner, die Aufsatz-Sammlung „Wie der Film unsterblich wurde“, herausgegeben von Rolf Aurich und Ralf Forster, und der überwältigende Blick ins Archiv von Charlie Chaplin, den uns Paul Duncan ermöglicht. Das im Taschen Verlag erschienene Buch wähle ich diesmal zur Nummer eins. Hier ist meine Würdigung vom vergangenen November: the-charlie-chaplin-archives/

Alles nur Kulisse?!

2015.Alles nur KulisseDas Filmmuseum Potsdam zeigt seit Anfang Dezember die Sonderausstellung „Alles nur Kulisse?! – Filmräume aus der Traumfabrik Babelsberg“. Sie ist ein Jahr lang für das Publikum geöffnet. Den Katalog hat der Verlag und die Datenbank (VDG) für Geistesgeschichte in Weimar publiziert. Das Geleitwort stammt von der Museumsdirektorin Ursula von Keitz, die Einführung von den Herausgebern Annette Dorgerloh und Marcus Becker. Die Sammlungsleiterin Dorett Molitor informiert zunächst über den Szenenbildbestand im Filmmuseum Potsdam. Sie hat auch eine Interview-Collage mit Aussagen von Heike Bauersfeld, Peter Wilde und Gisela Schultze hergestellt. Größere Kapitel tragen die Überschriften „Atelier und Freigelände“, „On location“, „Bilderwelten für den Film“, „Szenenbild und Kamera“, „Szenenbild und Filmgenre“ und „Das dritte Leben der Filmstadt Babelsberg“. Unter den Autorinnen und Autoren findet man den Kameramann Peter Badel, die Szenenbildnerin Angelica Böhm, den Trickspezialisten Uwe Fleischer, die Filmwissenschaftlerin Stella Donata Haag, die Ausstellungskuratorin Kristina Jaspers, den Szenenbildner Sebastian Krawinkel, den Medienwissenschaftler Michael Wedel und acht Kunsthistoriker/innen der Humboldt-Universität, die dort das Forschungsprojekt „Spielräume“ realisieren. Die Themenvielfalt ist beeindruckend, die Texte sind informativ und werden durch ein großes Spektrum von Abbildungen ergänzt. Für 18 € ein preiswertes und lesenswertes Buch. Mehr zum Katalog: babelsberg-1353.html

Mit dieser Empfehlung endet meine Passage durch die Filmliteratur im Jahre 2015. Fortsetzung folgt…

Nouvelle Vague Polonaise?

2015.Nouvelle Vague PAusgangspunkt dieser Publikation war ein Symposium im Rahmen des Festivals „goEast“ im April 2014. Die Heraus-geberin Margarete Wach ist eine Expertin für den osteuropäischen Film, hat eine beeindruckende Dissertation über Krzysztof Kieslowśki geschrieben (2014 erschien bei Schüren eine überarbeitete und ergänzte Fassung), kommt aus der „Mainzer Schule“ und öffnet uns den Blick für die speziellen Qualitäten des polnischen Kinos in den 1960er Jahren. 15 Textbeiträge versammelt der Band, sie sind alle mit zahlreichen Abbildungen in erstaunlicher Qualität gefüllt. Ich greife zehn Beiträge heraus, die mir besonders gefallen haben: Tadeusz Lubelski schreibt über „Drei Phasen der polnischen ‚Neuen Welle’“ und stellt dabei die Regisseure Tadeusz Konwicki, Jerzy Skolimowski und Krzysztof Zanussi in den Mittelpunkt. Bei Małgorzata Fidelis geht es um „Die polnische Jugend an der Schwelle der Long Sixties“, bei David Crowley um Pop im osteuropäischen Film. Ralf Schenk unternimmt eine „unvollständige Annäherung“ an die Neuen Wellen im osteuropäischen Kino und in der DDR 1960-1968. Joachim Paech analysiert Jerzy Skolimowskis polnische Filme. Elżbieta Ostrowska erinnert an „Männlichkeitsdilemmata in den frühen Filmen von Polanski, Skolimowski, Żuławski und Królikiewicz“. Ewa Mazierska referiert über „Wanderer-Figuren in den Filmen der polnischen Neuen Welle“. Marcus Stiglegger entdeckt „Bilder des Grausamen bei Żuławski und Królikiewicz“. Schamma Schahadat untersucht die Filme DAS MESSER IM WASSER von Polanski und BESONDERE KENNZEICHEN: KEINE von Skolimowski. Margarete Wach würdigt den Filmessay als Gattung der Neuen Welle(n) mit beispielhaften Hinweisen auf Alexander Kluge, Krzysztof Zanussi und Dušan Makavejev. Natürlich ist auch der Einleitungsessay der Herausgeberin („Cineastischer Ost-West-Divan“) unbedingt lesenswert. Coverfoto aus dem Film WALKOVER von Jerzy Skolimowski. Mehr zum Buch: polonaise.html

Zur Geschichtlichkeit deutscher Nachkriegsfilme

2015.Filme sind unter unsBernhard Groß, Professor für Filmwissenschaft an der FU Berlin, hat sich intensiv mit der deut-schen Filmproduktion der Jahre 1945 bis 1951 beschäftigt. Rund 150 Trümmer- und Unter-haltungsfilme, Wochen-schauen, Kultur- und Dokumentarfilme aus West und Ost wurden von ihm gesichtet, dazu kamen zahlreiche inter-nationale Referenzfilme. Theoretisch begleitet u.a. von André Bazin, Gilles Deleuze, Thomas Elsaesser, Hans Ulrich Gumbrecht, Siegfried Kracauer, Maurice Merleau-Ponty, Jean-Luc Nancy und Jacques Rancière untersucht der Autor die „Geschichtlichkeit“ der damaligen Filmarbeit. Was erzählen sie über die historischen Erfahrungen einerseits der Autoren und Regisseure, andererseits der Zuschauerinnen und Zuschauer. „Die Filme sind unter uns“ erweist sich als kluger Titel in seiner Assoziation zu Staudtes Film DIE MÖRDER SIND UNTER UNS, der natürlich genau analysiert wird. Ausführlichere Interpretationen gelten außerdem den Filmen IRGENDWO IN BERLIN von Gerhard Lamprecht, EHE IM SCHATTEN von Kurt Maetzig, LIEBE 47 von Wolfgang Liebeneiner, UND ÜBER UNS DER HIMMEL von Josef von Baky, ZWISCHEN GESTERN UND MORGEN von Harald Braun, MORITURI von Eugen York, DIE SÜNDERIN von Willi Forst und GERMANIA ANNO ZERO von Roberto Rossellini. Der wissenschaftliche Anspruch der Publikation macht die Lektüre zuweilen sehr anstrengend. Aber die Erkenntnisse sind dann doch relativ ergiebig. Die Qualität der zahlreichen kleinen Abbildungen ist akzeptabel. Coverfoto: 1 x 1 DER EHE (1949) von Rudolf Jugert. Band 15 der Reihe „Traversen“.Mehr zum Buch: php?id=163&am=5

Weihnachtsgeschenk 9: Für James Bond-Fans

2015.James Bond

Seit 5. November ist der James Bond-Film SPECTRE in unseren Kinos zu sehen – und mehr als sechs Millionen Besucherinnen und Besucher haben bisher dafür gesorgt, dass er einer der großen Erfolge in diesem Herbst war. Vor drei Jahren, zum 50. Geburtstag der Spionage-Reihe, öffnete der Taschen Verlag erstmals den Blick in die Bond-Archive der Produktionsfirma EON. Paul Duncan, der Herausgeber der großformatigen Archivbücher, hatte wieder für eine wunderbare Mischung von Fotos, Dokumenten und Texten gesorgt. Er führte damals Interviews mit mehr als 100 Schauspielerinnen und Schauspielern, Ausstattern, Kameraleuten, Tricktechnikern, Stuntmen und Regisseuren. Das Buch ist jetzt – mit einem aktuellen Kapitel über SPECTRE – in einer Neuauflage erschienen und wird zum Sonderpreis von 49,90 € verkauft. Zur englischen Originalausgabe gibt es wieder ein Beiheft mit der deutschen Übersetzung aller Texte. Ein schönes Geschenk für Bond-Fans. Mehr zum Buch: spectre_edition.htm

Weihnachtsgeschenk 8: Zwölf Indianerfilme der DEFA

Bild 1Von 1966 bis 1983 entstanden bei der DEFA zwölf „Indianer-filme“. Sie waren eine Reaktion auf die Karl May-Filme der Bundes-republik, wurden in der DDR sehr geliebt und hatten einen Hauptdarsteller, Gojko Mitić, der zu einem Idol wurde. Er spielte in allen zwölf Filmen den heldenhaften Indianer mit so unterschiedlichen Namen wie Tokei-ihto (in DIE SÖHNE DER GROSSEN BÄRIN), Chingachgook (auch der Filmtitel), „Weitspähender Falke“ (in SPUR DES FALKEN und WEISSE WÖLFE, wo er am Ende erschossen wird), Shave Head (in TÖDLICHER IRRTUM), Osceola und Tecumseh (auch die Filmtitel), Ulzana (in APACHEN und ULZANA), „Harter Felsen“ (in BLUTSBRÜDER), Severino (auch der Filmtitel) und „Weiße Feder“ (Unterhäuptling in DER SCOUT). Die Regisseure der Filme waren Josef Mach, Richard Groschopp, Gottfried Kolditz (3), Konrad Petzold (4), Hans Kratzert, Werner W. Wallroth und Claus Dobberke. Man darf die Filme nicht mit amerikanischen Western vergleichen, schon gar nicht mit solchen von John Ford, aber sie sind zum Teil erstaunlich professionell gedreht und geschnitten, erzählen von den Leiden der Indianer unter der Kolonialisierung und versuchen gelegentlich, die Vision eines friedlichen Zusammenlebens vor Augen zu führen. Die meisten der Indianerfilme sind inzwischen digitalisiert und restauriert worden. Alle zwölf Filme gibt es bei Icestorm als DVD. Für Mitić-Fans wäre natürlich die rustikale Holzbox in limitierter Auflage eine gute Investition (kostet rund 90 €). Aber man kann auch mit einem Film beginnen und dann zum Fan werden. Mehr zu den DVDs: www.icestorm.de/

Weihnachtsgeschenk 7: Für Charlie Chaplin-Fans

2015.Rampenlicht größerLIMELIGHT (1952) war der letzte Film, den Charlie Chaplin in den USA realisiert hat; nach der Londoner Premiere wurde ihm aus politischen Gründen die Rückkehr nach Amerika verweigert. Er lebte ab 1953 in der Schweiz und drehte noch zwei Filme: A KING IN NEW YORK (1957) und A COUNTESS FROM HONG KONG (1967). LIMELIGHT ist ein Melodram, erzählt wird die Geschichte des Komikers Calvero (Chaplin) und der Balletttänzerin Terry (Claire Bloom), die sich umbringen wollte und von Calvero gerettet wird. Am Ende wird Terry als Tänzerin gefeiert und Calvero stirbt hinter der Bühne. Der Film basiert auf Chaplins Erzählung „Footlights“, die nie publiziert, kürzlich in seinem Nachlass gefunden wurde und jetzt, herausgegeben von David Robinson, bei C. Bertelsmann auch in einer deutschen Ausgabe erschienen ist. Das Buch liest sich spannend, weil man relativ viel über den Veränderungsprozess von der Erzählung über das Treatment zum Drehbuch erfährt und Robinson in einem umfangreichen Textteil zusätzliche Informationen über die Produktionshintergründe vermittelt. Auch der historische Background – das Varieté-Milieu in London in den Jahren 1914/15 – wird gut dokumentiert. Zu den Abbildungen gehören Faksimile-Seiten der von Chaplin bearbeiteten Erzählung, Filmfotos und Arbeitsfotos. Für Chaplin-Fans unverzichtbar. Mehr zum Buch: e467278.rhd

Weihnachtsgeschenk 6: Für Kinobesucher + DVD-Sammler

2015.1001 FilmeDas Buch ist gerade in der 11., aktualisierten Neu-ausgabe bei Edition Olms erschienen, es soll inzwischen 1,5 Millionen Exemplare geben, die kurzen Texte stammen von 77 Autorinnen und Autoren und haben ein erstaunlich hohes Niveau. Man muss akzeptieren, dass die Auswahl der Filme sehr USA-orientiert ist, aber zumindest Frankreich und Italien sind gut vertreten. Ich nenne hier die Regisseure mit den meisten Filmen: Alfred Hitchcock (16), Ingmar Bergman und Howard Hawks (beide 10), Stanley Kubrick und Steven Spielberg (beide 9), Luis Buñuel, Jean-Luc Godard, John Ford und William Wyler (je 8). Bei den deutschen Regisseuren ist die Reihenfolge: Fritz Lang (5), Rainer Werner Fassbinder, Werner Herzog, F. W. Murnau (je 4), Wim Wenders (3). Die jüngsten deutschen Filme sind LOLA RENNT (1998), GOODBYE, LENIN (2003), GEGEN DIE WAND und DER UNTERGANG (beide 2004) und DAS LEBEN DER ANDEREN (2006). Was mich ärgert: dass Konrad Wolf und die DEFA fehlen. Was mich freut: dass Abbas Kiarostami und Yasujiro Ozu mit jeweils drei Filmen vertreten sind. Die Abbildungen sind exzellent, die filmografischen Angaben relativ zuverlässig, unter den Autoren findet man Tom Gunning, David Robinson, Jonathan Rosenbaum und Marc Siegel. Ein Geschenk für Freundinnen und Freunde mit internationalem Horizont. Coverfoto: Scarlett Johansson in LUCY. Mehr zum Buch: 1001_filme_11_neuausgabe

Weihnachtsgeschenk 5: Für STAR WARS-Fans

2015.Star Wars kleinHeute hat die Episode VII von STAR WARS in den Kinos Premiere. Im Schüren Verlag ist aus diesem Grund ein kleines Buch für STAR WARS-Fans erschienen, das Michael Scholten und Hans Jahnke herausgegeben haben: „Es war einmal… Mein erstes Mal STAR WARS“. 55 Prominente und Fans – 53 Männer und zwei Frauen – erinnern sich in sehr persönlichen Texten oder antworten auf fünf Fragen: „Wie oft haben Sie den ersten STAR WARS-Film gesehen? Welche Lieblingsfigur haben Sie im STAR WARS-Universum? Wer ist Ihr Lieblingsschauspieler in der gesamten Saga? Welches ist Ihr Lieblingszitat? Die Gewissensfrage: STAR WARS oder STAR TREK?“. Zu den Befragten gehören Regisseure wie Uwe Boll, Dennis Gansel, Michael „Bully“ Herbig, Philipp Stölzl und Christian Zübert, Produzenten wie Christian Becker, Oliver Berben und Martin Moszkowicz, der Moderator Oliver Welke, der Autor Ronald M. Hahn, der Filmwissenschaftler Rolf Giesen und der CDU-Generalsekretär Peter Tauber. Der Jüngste unter den Befragten ist acht Jahre alt (ein Schüler aus Düsseldorf), der Älteste 76 (Werner Kließ, Filmkritiker, Autor, Produzent, Künstler). Die beiden Frauen, die sich zu STAR WARS äußern, sind Andrea David (Betreiberin der Seite www.filmtourismus.de & 1977 geboren) und Bibo Loebnau (PR-Agentin und Autorin, zuletzt erschien ihr Roman „Schorsch Clooney, die Landluft und ich“). Das STAR WARS-Buch soll 2017 fortgesetzt werden, wenn die Episode VIII ins Kino kommt. Cover-Zeichnung: Jan Meininghaus. Mehr zum Buch: star-wars.html

Weihnachtsgeschenk 4: Für Verehrerinnen von Joan Collins

2015.Joan CollinsSie ist inzwischen 82 Jahre alt, zum fünften Mal verheiratet und lebt in London, Los Angeles, New York und Frankreich. Joan Collins wurde in den 1980er Jahren weltberühmt als Alexis in der amerikanischen Serie THE DENVER CLAN. 1993 erschienen ihre „Intimen Memoiren“, jetzt gibt es bei LangenMüller das Buch „Joan Collins und wie sie die Welt sieht“, gewidmet ihrem Mann Percy Gibson, der gerade 50 geworden ist. Sie schreibt in neun Kapiteln altersweise und abgeklärt über Ruhm, Kinder, Glamour, modernes Reisen, Männer und Manieren, übers Altern, Essen und über Werte. Sie hat in ihrem Leben Höhen und Tiefen erlebt, sie erzählt Erlebnisse aus unterschiedlichen Zeiten, die man lesen kann, wenn man an den Erfahrungen eines Stars interessiert ist. Am Ende zitiert sie aus dem Gedicht „Desiderata“ von Max Ehrmann: „Trotz all der Täuschungen, Plackereien und unerfüllten Träume, ist es eine wunderschöne Welt. Sei frohgemut. Versuche, glücklich zu sein.“ Insofern für Weihnachten gut geeignet. Mehr zum Buch: wie-sie-die-welt-sieht.html