Nachkriegskino in Deutschland

2015.ReflektionenEs gab in den letzten Jahren immer wieder Publikationen zum Nachkriegskino in Deutschland, ich erinnere nur an „Nachkriegskino“ von Gerhard Bliersbach, „Rubble, Ruins and Romanticism“ von Martina Moeller, „Trümmerfilme“ von Robert R. Shandley, aber diese historische Phase bietet der Filmforschung noch viel Stoff zur Bearbeitung. Das wird bei der Lektüre des Bandes „Reflexionen des beschädigten Lebens?“ deutlich. Er basiert auf einer Tagung, die im Juli 2012 in Frankfurt am Main stattgefunden hat. In ihrem Vorwort erinnert Claudia Dillmann an die frühen Aktivitäten des Deutschen Filmmuseums („Zwischen Gestern und Morgen“ hieß 1989 eine Publikation, die Hilmar Hoffmann und Walter Schobert herausgegeben haben). Die 14 Beiträge des vorliegenden Buches stammen zum Teil von erfahrenen Filmhistorikern (Jan-Christopher Horak, Bernhard Groß, Stephen Lowry), aber vor allem von jungen Autorinnen und Autoren, die mit einem neuen Blick auf die Periode schauen (zum Beispiel Christian Pischel, Sarah Kordecki oder Maja Figge). Auch die Herausgeber Bastian Blachut, Imme Klages und Sebastian Kuhn gehören zu dieser neuen Generation. Ich greife einige Texte heraus, die mich besonders interessiert haben: Chris Horaks Beitrag zur Nachkriegs-Remigration in Deutschland basiert natürlich auf seinen früheren Forschungen. Auch Stephen Lowry hat sich zum Thema „Stars im westdeutschen Nachkriegskino“ schon mehrfach geäußert. Interessant fand ich die Analysen von Daniel Jonah Wolpert über „Freitod und Neubeginn in den deutschen Filmen der unmittelbaren Nachkriegszeit“, also die Suizide u.a. in EHE IM SCHATTEN, IN JENEN TAGEN und ZWISCHEN GESTERN UND HEUTE, die der Autor sehr rigoros als Schlusspunkte interpretiert, die einen Neubeginn ermöglichen sollen. Auch der Text von Maja Figge über „Generische und rassisierte Überblendungen in DIE GOLDENE PEST“ basiert auf einer detaillierten Filmanalyse. Christian Pischel untersucht „Audiovisuelle Figurationen der Masse in den DEFA-Filmen der 1950er Jahre“, speziell in DIE UNBESIEGBAREN, DAS LIED DER MATROSEN und ERNST THÄLMANN I. Seine Bild- und Ton-Beobachtungen sind sehr differenziert. Judith Kretzschmar thematisiert den Heimatfilm in der DDR mit Konrad Wolfs EINMAL IST KEINMAL als zentralem Filmbeispiel. Einen Blick über die Grenzen wirft Massimo Perinelli mit seinem Text „Achtung! Tedeschi! Trümmerfilm, Neorealismus und das Bild der Deutschen im italienischen Nachkriegsfilm“. In der Summe: ein sehr lesenswertes Buch. Mehr zum Buch: VXBKmByWFgs

Dziga Vertov

2015.DVD.VertovDas Österreichische Filmmuseum hat eine besonders intensive Verbindung zum Werk des sowjetischen Regisseurs Dziga Vertov (1895-1954). Peter Konlechner war zu seiner Direktorenzeit der Initiator dazu, Alexander Horwath setzt sie fort. In der „Edition Film-museum“ erschien 2005 die DVD der SIMFONIJA DONBASSA / DIE DONBASS-SINFONIE (1930), 2010 eine Doppel-DVD von ŠESTAJA CAST’ MIRA / EIN SECHSTEL DER ERDE (1926) und ODINNADCATYJ / DAS ELFTE JAHR (1928). Jetzt sind TRI PESNI O LENINE / DREI LIEDER ÜBER LENIN (1934) an der Reihe. Der Film entstand zum zehnten Todestag Lenin. Die drei Lieder sollen in verschiedenen Regionen der UdSSR zu Ehren ihres Gründers vom Volk gesungen worden sein. Historisches Material verbindet sich mit neuen, von Vertov gedrehten Szenen. Der Film wird hier erstmals auch in den von Vertov überarbeiteten Stumm- und Tonfilm-Fassungen publiziert. Zum Bonus-Material gehören die KINOPRAVDA No. 21 und No. 22 von Vertov sowie der Film DZIGA VERTOV von Peter Konlechner, der 1974 entstanden ist und nie ausgestrahlt wurde. Er informiert chronologisch über den Aufstieg und Fall des großen sowjetischen Regisseurs und enthält Ausschnitte aus einem Interview mit Vertovs Witwe Elizaveta Svilova, die auch seine Assistentin war. Im Booklet kann man in Deutsch und Englisch informative Texte von Adelheid Heftberger lesen, der Kuratorin der Sammlung Dziga Vertov im Österreichischen Filmmuseum. Mehr zur DVD: Tri-pesni-o-Lenine.html

Edmund Meisel

2015.MeiselEdmund Meisel (1894-1930) war einer der wichtigsten Filmkom-ponisten in der Weimarer Republik. Er hat die Musik zu den deutschen Fassungen von Eisensteins PANZER-KREUZER POTEMKIN und OKTOBER komponiert, aber auch zu Walther Ruttmanns BERLIN – DIE SINFONIE DER GROSSSTADT und zu Friedrich Zelniks DER ROTE KREIS. Werner Sudendorf hat vor dreißig Jahren biografische Materialien über ihn publiziert. Aber die Erinnerungen an ihn sind lückenhaft. Martin Reinhart (Wien) und Thomas Tode (Hamburg) haben sich, inspiriert durch die wiederentdeckte „Wiener Fassung“ des PANZERKREUZER POTEMKIN, auf eine intensive Spurensuche begeben und sind dabei fündig geworden. Sie entdeckten Schallplatten und Filmmaterial in Wien, Frankfurt und Paris. „131 Minuten Meisel“ heißt die Überschrift von Reinharts Text in der vorliegenden Publikation. Er fügt sich mit vier anderen Beiträgen und sieben historischen Texten zu einem genaueren Bild des Komponisten. Co-Herausgeber Thomas Tode schreibt über den PANZERKREUZER POTEMKIN und seine Filmmusik im Spiegel der zeitgenössischen deutschen Presse („The Soul of a Century“). Von Fiona Ford wird ein Auszug aus ihrer Dissertation dokumentiert („Edmund Meisel’s POTEMKIN Score – A Close Reading“). Tode und Reinhart referieren über die Nachkriegsfassungen des PANZERKREUZER POTEMKIN. Und Fiona Ford gibt einen „Bibliographical Survey“. Auch die „Pressemeldungen“ zu Edmund Meisel aus den Jahren 1925 bis 1931 sind lesenswert. Wie schade, dass der Komponist im Alter von nur 36 Jahren an einer Blinddarmentzündung gestorben ist. Mit zahlreichen Abbildungen. Mehr zur Publikation: 978-3-205-20073-4.html

Claude Sautet

2015.Sautet 2Im Berliner Arsenal beginnt heute eine Retrospektive der Filme von Claude Sautet (1924-2000). Gezeigt werden bis 30. Juni seine 13 Filme, zum Teil in unterschiedlichen Fassungen. – Im Schüren Verlag ist gerade die erste deutschsprachige Monografie über Sautet erschienen. Sie stammt von Bettina Karrer, es handelt sich um ihre in Mainz geschriebene Dissertation. Der Text ist gut strukturiert und erschließt durch seine Analyse das Werk eines großen Regisseurs, der lange unterschätzt wurde. Karrer stellt Sautet zunächst in einen film-historischen Kontext, definiert seine Kinokonzeption, sie erkennt in seinem Werk „ein fragmentarisches Selbstporträt“. Dann geht es um narrative Strategien und Strukturen (Drehbuch, Dramaturgie, Erzählmodus, Montage), um „Erzählbausteine“, um die Strategien der Kamera und Lichtsetzung. Ein eigenes Kapitel ist den „Klangwelten“ gewidmet. Der Fokus richtet sich anschließend auf die Bildmotive (Klimatografische Zeichen, Bewegungs- und Übergangsindikatoren, Wanddekor). Es gibt eine „Topografie der Schauplätze“ (Paris, unterwegs in Frankreich, auf der Straße, Baustellen, Wohnsituationen und Innenräume). Besonders beeindruckend sind die Farbanalysen. Die letzten vier Kapitel konzentrieren sich auf „Figurenkonzeption“, „Interaktionsmuster“, „Kommunikation“ und „Seelen in Not“, das heißt auf das Personal, die Darsteller, das Verhältnis von Mann und Frau, auf Blicke, auf die Emotionalität. Das Resümee zu Sautet lautet schließlich, von der Autorin wunderbar formuliert: „Das Werk, widersprüchlich, skeptisch-melancholisch und voller Leben, eine Herzensangelegenheit, ein dissonantes Trotzdem. Seine Konstituenten: Zärtlichkeit, Ehrlichkeit. Ohnmacht, Schmerz, Sehnsucht. Und Hoffnung; trotzdem.“ (S. 360). Eine beeindruckende, bis ins Detail genaue Analyse mit vielen Quellenverweisen. Respekt! Die Abbildungen sind klug ausgewählt und auch in den kleinen Formaten gut erkennbar. Ich vermisse eine Filmografie und ein Register der Filmtitel. Coverfoto: MAX ET LES FERRAILLEURS (1971). Mehr zur Retrospektive: 5520/2796.html . Mehr zum Buch: claude-sautet.html

Günter Reisch

2015.ReischSeine Erinnerungen aufzuschreiben, war ihm offenbar eine Herzens-angelegenheit. Er wollte noch einmal den Ablauf seines Lebens, die Realisierung seiner Filme so in Erinnerung rufen, wie sie aus seiner Sicht stattgefunden haben. Ganz vollenden konnte er diese Autobiografie nicht. Als Günter Reisch am 24. Februar 2014 im Alter von 86 Jahren starb, fehlte noch das letzte Kapitel. Beate Reisch und Peter Warnecke haben die Lücken mit Dokumenten gefüllt. – „Günter R. will Regisseur werden“, stand auf dem Abiturzeugnis 1947. Er wurde Regisseur, drehte insgesamt zwanzig Filme: Komödien und historische Filme. Drei schätze ich persönlich besonders: EIN LORD AM ALEXANDERPLATZ (1967), WOLZ – LEBEN UND VERKLÄRUNG EINES DEUTSCHEN ANARCHISTEN (1973) und DIE VERLOBTE (1980, Co-Regisseur: Günther Rücker). In 15 Kapiteln erzählt Günter Reisch sein Leben, beginnend mit Kindheit und Jugend, den Lehrjahren bei Gerhard Lamprecht und Kurt Maetzig, den Debüts im Kino (JUNGES GEMÜSE, 1956) und im Theater („Krieg und Frieden“ 1958 in Rostock). Dann folgen die Realisierung des fünfteiligen Fernsehfilms GEWISSEN IN AUFRUHR (1961, gemeinsam mit Hans-Joachim Kasprzik), der Komödie ACH, DU FRÖHLICHE…, des ersten Liebknecht-Film SOLANGE LEBEN IN MIR IST (1965), die Erfahrungen beim 11. Plenum im Dezember 65, die Zusammenarbeit mit Erwin Geschonneck beim LORD AM ALEXANDERPLATZ, die Verfilmung von Alfred Kurellas Erinnerungsbuch „Unterwegs zu Lenin“, der zweite Liebknecht-Film TROTZ ALLEDEM! (1972), der Anarchistenfilm WOLZ, die Komödie ANTON DER ZAUBERER mit Ulrich Thein, das politische Drama DIE VERLOBTE mit Jutta Wachowiak, eine schwere Erkrankung und schließlich der letzte Film, WIE DIE ALTEN SUNGEN… (1987). Danach hat Günter Reisch vor allem unterrichtet, und verschiedene seiner Schüler erzählen davon. Eingeleitet wird das Buch mit einer Laudatio von Rudi Jürschik zu Reischs 85. Geburtstag, der Anhang enthält eine Biografie und eine Filmografie. Viele Abbildungen, einige stammen von Günter Reisch, der ein leidenschaftlicher Fotograf war. Mehr zum Buch: will-regisseur-werden.html

Drei Meister in Hollywood

2015.Drei MeisterAlle Drei stammen aus Europa: Erich von Stroheim (1885-1957) wurde in Wien geboren, William Wyler (1902-1981) im elsässischen Mülhausen und Otto Preminger (1905-1986) im rumänischen Wiznitz, einer Kleinstadt, die damals zu Österreich-Ungarn gehörte. Stroheim wanderte 1909 in die USA aus, Wyler 1921, Preminger 1935. Sie machten in Hollywood Karriere. – 1994 widmete die Berlinale ihre Retrospektive Erich von Stroheim, 1996 William Wyler, 1999 Otto Preminger. Norbert Grob hat für die drei Publikationen der Deutschen Kinemathek jeweils den großen Essay geschrieben. Da die Bücher inzwischen vergriffen sind, hat er sie für den jetzt vorliegenden Band überarbeitet und damit wieder zugänglich gemacht. Jeder der drei Texte umfasst rund 100 Seiten, ist exzellent bebildert und als Werkanalyse höchst lesenswert. Der Autor interpretiert die Filme der drei Regisseure, vermittelt Produktions-hintergründe, sieht sie – mit ihrem jeweiligen biografischen Background – als Entdecker, Erfinder, Erneuerer. So begegnen wir dem starrsinnigen und unerbittlichen Erich von Stroheim, dem eher gelassenen und an klassischen Formen interessierten William Wyler, dem provokanten und energischen Otto Preminger. Viele ihrer Filme sind natürlich auf DVD verfügbar, so dass man die Lektüre mit dem Blick auf die Filme begleiten kann. Coverfotos: BEN HUR, ANATOMY OF A MURDER, FOOLISH WIVES. Mehr zum Buch: dreimeisterinhollywood.html

Hollywood Goodbye!

2015.BlankRichard Blank (*1939) ist promovierter Philosoph (sein Lehrer war Ernesto Grassi), erfahrener Filmemacher (er hat Dokumentarfilme, Fernsehfilme und Kino-Spielfilme gedreht), vielseitiger Autor (zu seinen Publikationen gehören ein Roman und Bücher u.a. über Bernhard Wicki, über Schauspielkunst in Theater und Film, über die Geschichte des Filmlichts, über die Veränderungen der Filmdramaturgie), gefragter Dozent (seine Seminare und Workshops an Filmhochschulen sind sehr beliebt) und ein meinungsfreudiger Künstler. Er polemisiert gern – und mit Recht – gegen die Dominanz des aktuellen Hollywood-Kinos, das seit dem Ende von New Hollywood, also seit rund dreißig Jahren, nicht mehr viel zu künstlerischer Innovation beigetragen hat, aber immer noch große Macht ausübt und beispielgebend sein will. Blanks Plädoyer für eine eigenständige, von Hollywood unabhängige Filmkunst ist eine Passage vorzugsweise durchs europäische Kino, erinnert an die Bedeutung von Max Ophüls, Jean-Luc Godard oder David Lynch, die vor allem durch ihre Regelverletzungen berühmt geworden sind. Blank ärgert sich über die vielen Drehbuch-Ratgeber, die weltweit verbreitet werden und ihre Dramaturgien zur Norm machen wollen. Mit vielen Filmbeispielen weist er in eine andere Richtung: sich unabhängig zu machen von einer Vorherrschaft. 100 Seiten, die man mit Gewinn lesen kann. Mehr zum Buch: 349-Hollywood_Goodbye.html

Film Noir (2): DIE NACHT HAT TAUSEND AUGEN

2015.DVD.Film NoirJohn Triton (gespielt von Edward G. Robinson) hat als Wahrsager im Varieté gearbeitet und war mit seiner Assistentin Jenny und dem Pianisten Whitney Courtland sehr erfolgreich, bis er in kurzen Momenten real in die Zukunft schaut und dabei Menschen in Lebensgefahr sieht. Als er in einer solchen Vision Jenny bei der Geburt ihrer gemeinsamen Tochter sterben sieht, verlässt er den Schauplatz. Jenny heiratet Courtland, der zum Öl-Millionär wird. Das alles erfahren wir ziemlich am Anfang in Rückblenden, nachdem Triton verhindert hat, dass Jean, Courtlands Tochter (Gail Russell), Selbstmord begeht. Im zweiten Teil des Films visioniert Triton einen Flugzeugabsturz von Courtland, der dann auch stattfindet, und sieht schließlich die Ermordung von Jean um 11 Uhr nachts unter dem Sternenhimmel voraus, die passiert wäre, wenn Triton sie nicht im letzten Moment verhindert hätte. Er wird dabei von der Polizei erschossen. Die Geschichte stammt von Cornell Woolrich, wurde für den Film aber stark verändert. Eine wichtige Rolle spielt hier Jeans Verlobter Elliott Carson (gespielt von John Lund), der zunächst Triton misstraut, aber am Ende die Wahrheit der Visionen von Triton erkennt. John Farrow hat den Film 1948 inszeniert, hinter der Kamera stand John F. Seitz und die effektvolle Musik stammt von Victor Young. Bei Koch Media ist jetzt, digitally remastered, in der Film Noir-Reihe eine DVD des Films erschienen. Das Booklet enthält einen lesenswerten Text von Frank Arnold. Mehr zur DVD: 1008674&nav1=FILM

Film Noir (1): D.O.A./OPFER DER UNTERWELT (1950)

2015.DVD.Opfer der UnterweltD.O.A. ist der Originaltitel des Films: „Dead On Arrival“. So befindet am Ende der diensthabende Polizist im Revier in San Francisco, nachdem er sich die bizarre Geschichte von Frank Bigelow angehört hat, der zwei Tage lang auf der Suche nach seinen Mördern war und am Ende, vergiftet, tot zusammen-bricht. Der Beginn dieses Films ist legendär: ein Mann betritt in der Nacht ein Polizeirevier, geht durch die leeren Gänge, landet in der ‚Homicide Division’ und erklärt dort den Beamten, er habe einen Mord zu melden. Gefragt, wer das Opfer sei, sagt er: „Ich!“. Dann erzählt der Versicherungsmakler Bigelow in einer langen Rückblende, wie ihm eine kurze Urlaubsreise nach S.F. zum Verhängnis wird. Eigentlich wollte er doch nur dem Drängen seiner Sekretärin Paula entfliehen, die ihn heiraten möchte, und der Eintönigkeit eines kleinen Ortes in der kalifornischen Wüste. Aber dann überschlagen sich die Ereignisse: ein Abend mit verführerischen Frauen, ein Drink erweist sich als vergiftet, die ärztliche Diagnose am nächsten Morgen ist hoffnungslos, aber Bigelow macht sich auf die Suche nach seinen Mördern, findet eine Spur durch den Tod eines Geschäftsmannes in L.A., der ihn zuvor permanent erreichen wollte (es ging offenbar um eine Schiffsladung Iridium), wird von drei Gangstern im Hotel gequält, kann sich aber befreien und (s.o.) seine Ermordung der Polizei melden. Rudolph Maté hat den Film inszeniert, sein Hauptdarsteller ist Edmond O’Brien, hinter der Kamera stand Ernest Laszlo, die Musik stammt von Dimitri Tiomkin. Ein Klassiker des Film Noir. Bei Koch Media ist jetzt in der Noir-Reihe die DVD erschienen. Die Bilder sind, digitally remastered, brillant. Das Booklet enthält einen sehr informativen Text zum Film von Frank Arnold. Mehr zur DVD: opfer_der_unterwelt_dvd

Anjelica Huston

2015.Anjelica HustonSie war eine beein-druckende Schauspielerin. Ich erinnere mich vor allem an THE DEAD (1987) von John Huston, GRIFTERS (1990) von Stephen Frears, THE CROSSING GUARD (1995) von Sean Penn und THE ROYAL TENEN-BAUMS (2001) von Wes Anderson. Ihre Augen, ihre Stimme, ihre Körper-sprache, ihre Präsenz! Anjelica Huston (*1951), Tochter des Regisseurs John Huston, viele Jahre Lebenspartnerin von Jack Nicholson, hat jetzt ihre Autobiografie veröffentlicht. In Amerika erschien sie in zwei Bänden („A Story Lately Told“, 2013, „Watch Me“, 2014), in Deutschland kompakt in einem Band („Das Mädchen im Spiegel“, 2015) im Rowohlt Verlag. 686 Seiten müssen da bewältigt werden, und das ist manchmal sehr mühsam. Die Autorin reiht kleine und große Ereignisse aneinander: Kindheit und Jugend in Irland, Karriere in Hollywood, ein Privatleben, das sie ziemlich freimütig vor uns ausbreitet, und unendlich viele Begegnungen mit mehr oder weniger berühmten Menschen. Natürlich gibt es auf der Strecke intensive Momente – ein Besuch in Ostberlin, als im Juni 1963 Hustons FREUD auf der Berlinale lief, der Tod der Mutter nach einem Verkehrsunfall 1969, die Oscar-Verleihung 1986, bei der Anjelica als Best Supporting Actress für PRIZZI’S HONOR ausgezeichnet wurde und ihr Vater als Regisseur des Films leer ausging, der Tod des Vaters im August 1987, der Tod ihres Mannes, des Bildhauers Robert Graham im Dezember 2008 – aber sie sind überlagert von viel zu vielen Ereignissen, die für den Leser keine Bedeutung haben. Namedropping kann nerven. Man hätte lieber mehr über die Arbeitserfahrungen der Schauspielerin Anjelica Huston erfahren. Aber damit war sie als Autorin offenbar überfordert. Mehr zum Buch: 3140995.html