05. Januar 2015
Fernseh- und Gesellschaftsgeschichte im TATORT
Über die inzwischen 40jäh-rige TATORT-Reihe der ARD wird seit einiger Zeit viel geforscht und publiziert. Der vorliegende Band dokumen-tiert die Beiträge einer wissenschaftlichen Tagung, die im Sommer 2013 in Göttingen stattgefunden hat. In 16 Texten blicken die Autorinnen und Autoren aus unterschiedlichen Perspektiven auf den TATORT. Ich nenne hier zehn Beiträge, die mich besonders interessiert haben. Thomas Weber führt mit Überlegungen zur kommunikativen Figuration der Reihe und der Darstellung der Protagonisten in den Band ein. Joan Kristin Bleicher macht sich Gedanken über die Veränderung von Täterprofilen, die über die Jahrzehnte mehr in ihren Erscheinungsformen und weniger in ihrem Kern (zum Beispiel den Tatmotiven) deutlich werden. Bei Stephen Völlmicke geht es um die Inszenierung des Todes im TATORT und um die sozialen Subtexte. Besonders originell finde ich den Beitrag von Rolf Parr, der die Autos der Kommissare und ihren Umgang mit den Dienstfahrzeugen untersucht. Christian Hißnauer erinnert an die Frühgeschichte bundesdeutscher Krimiserien, an STAHLNETZ und DER KOMMISSAR. Sehr informativ ist das Gespräch mit der SWR-Redakteurin Melanie Wolber, die für die Lena Odenthal-Folgen zuständig ist. Natürlich wird der Münster-TATORT genauer untersucht; im einen Text sieht Andreas Blödorn „Münster als Raum exzessiver Selbstreflexion“ des Krimi-Formats, im anderen verortet Thomas Klein das komödiantische Niveau „zwischen Wortwitz und Klamauk“. Tina Welke hat sich auf den MDR-TATORT der Jahre 1992 bis 2007 konzentriert und fragt, wie konkret sich die Lebensverhältnisse in den Neuen Bundesländern dort widerspiegeln. Julika Griem stellt den TATORT in einen internationalen Kontext und fordert zum Vergleich mit amerikanischen Serien auf. Wenige Abbildungen, viel Lesestoff. Mehr zum Buch: /zwischen-serie-und-werk?c=738