Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
Juli 2019

Elizabeth Prommer/Christine Linke
Ausgeblendet
Frauen im deutschen Film und Fernsehen
Köln, Herbert von Halem Verlag 2019
182 S., 21,00 €
ISBN 978-3-86962-428-0

Elizabeth Prommer / Christine Linke:
Ausgeblendet.
Frauen im deutschen Film und Fernsehen

Die Geschlechterungerechtigkeit im deutschen Kino und Fernsehen wird seit langer Zeit beklagt – zu wenige Frauen führen Regie oder stehen hinter der Kamera. Dass es auch vor der Kamera keine Parität gibt, hat eine Studie der Universität Rostock erwiesen, deren Ergebnisse jetzt in einem Buch von Elizabeth Prommer und Christine Linke zu lesen sind. Es ist im Herbert von Halem Verlag erschienen.

Die Schauspielerin Maria Furtwängler war die Initiatorin für eine wissenschaftlich fundierte Studie zum Thema „Geschlechterdarstel-lungen in den Medien in Deutschland“. Sie gründete die „MaLisa-Stiftung“, entdeckte zwei kompetente Wissenschaftlerinnen, denen sie die Realisierung des Projekts zutraute, und erreichte eine Kooperation mit den vier großen Sendergruppen und den drei großen Filmförder-anstalten in Deutschland. Ihr Vorwort ist kurz und persönlich geprägt.

Die Struktur des Buches folgt logischen Fragen der Leserinnen und Leser: „Warum dieses Buch?“ – „Geschlechterbilder in Fernsehen und Kino“ (Forschungsstand) – „Frauenforschung, Geschlechterforschung und Gender Studies“ (Historie) – „Wie wurde die Studie angelegt und umgesetzt?“ (Methode) – „Wie divers ist das deutsche Fernsehen?“ (Die Fernsehfrau: ausgeblendet – Männer erklären die Welt) – „Die Frau im deutschen Kino“ – „Ist die Zukunft gleichberechtigt? – nicht im Kinder-fernsehen“ – „Wer macht unser Fernsehen und Kino?“ – „Medienreso-nanz der Studie“ (nach der ersten Veröffentlichung 2017) – „Gender bias without orders“ (die internationale Situation) – „Einblenden – aber wie?“ (Möglichkeiten der Zukunft).

Ausgewertet wurden von einem Team am Institut für Medienforschung der Universität Rostock insgesamt 3.500 Stunden Fernsehen und 800 deutsche Kinofilme aus den Jahren 2011 bis 2016. Es ging dabei nicht nur um die zeitliche Sichtbarkeit von Männern und Frauen, sondern auch um die Rollenklischees und ihre Zementierung: „hübsche junge Frau, starker kluger Mann“. In einem speziellen Kapitel werden Kinderkörper analysiert: sie erweisen sich als überwiegend unnatürlich, sexualisiert und realitätsfern.

Der Schlussabsatz des Kapitels „Die Frau im deutschen Kino“ lautet: „Die Frauenrollen sind wesentlich statischer und eindimensionaler angelegt als die Männerrollen. Es gibt dadurch erkennbare Tendenzen zu tradierten Rollenmustern, da bei Frauen die soziale Komponente stärker ausgeprägt ist. Auch im kleinen Sample haben Frauen kaum Führungspositionen im Beruf. Männer kommen insgesamt doppelt so oft in einem beruflichen Umfeld vor wie Frauen, die vor allem im Um-feld mit Freunden zu sehen sind.“ (S. 80).

Wie lässt sich eine gleichberechtigte Darstellung der Geschlechter im Kino und im Fernsehen erreichen? Es macht sicherlich einen Unter-schied, ob Drehbücher von Frauen stammen oder ob Frauen Regie führen. Die viel diskutierte Quotenfrage spielt eine wichtige Rolle auch für das, was vor der Kamera passiert. Die Sensibilisierung dafür ist in den letzten Jahren gewachsen, auch wenn konkrete Ergebnisse noch auf sich warten lassen.

Das Buch von Elizabeth Prommer und Christine Linke ist in seinen faktischen Resultaten und analytischen Befunden ein wichtiger Beitrag zum Genderthema. Ich bin gespannt, wie die Resonanz darauf sein wird. Zu den ersten Reaktionen gehört ein Beitrag im NDR: frauenstudie104.html. Am 26. Juni hat die Ministerpräsidentin von MeckPom Manuela Schwesig zusammen mit Maria Furtwängler und den beiden Autorinnen das Buch in Berlin vorgestellt.

Hier noch einige Hinweise zu anderen lesenswerten Büchern zum Thema Frauen und Film: retrospektive-2/ . regisseurinnen-der-defa/ . frauen-und-filme/ . fantasie-und-arbeit-biografische-zwiesprache/

Mehr zum Buch: halem-verlag.de/ausgeblendet/