18. Februar 2006
Audrey Hepburn
Text für die Süddeutsche Zeitung
Traumfrauen: Audrey Hepburn
Zuerst und immer wieder sind es die Augen: groß und braun, ihr Aufschlag ist fragend, suchend, die Tiefe hat einen Sog. Sie können auch lächeln. „Rehaugen“. Sanft und, wie man so sagt, „unschuldig“, also jungfräulich. Sie war die Tochter einer holländischen Baronesse und eines irischen Bankiers. Europäisch erzogen. Der Ballettunterricht wirkte sich auf Gang und Körpersprache aus. Ihr Nachname war Anfang der Fünfziger noch von Katherine besetzt. Aber nach ein herz und eine krone (1953) und dem Oscar als beste Hauptdarstellerin stand Audrey in Hollywood auf eigenen Beinen. Als Kindfrau, Gazelle, Elfe. Sie war der Gegenpol zu Marilyn Monroe und Jane Russell, zu den Busenfrauen der Fünfziger. Sie hat sich als grazile Mittzwanzigerin vertrauensvoll in die Hände älterer Regisseure begeben (George Cukor, Stanley Donen, William Wyler, Fred Zinnemann) und in die Arme älterer Schauspieler (Fred Astaire, Humphrey Bogart, Gary Cooper, Gregory Peck). Fühlte sie sich von den Gleichaltrigen unterfordert oder wollte sie von den Älteren beschützt werden? Sie war eher die Traumfrau des weiblichen Publikums und wurde eine Ikone. Weil sie sich mit Erfolg der forcierten Selbstentblößung widersetzte. Weil sie ihren eigenen Stil hatte. Wer Audrey Hepburn nacheiferte, musste dies mit viel Selbstdisziplin bezahlen. Vor allem in der Ernährung. Einer ihrer schönsten Filme handelt von Disziplin: geschichte einer nonne. Er thematisiert auch Krieg, Krankheit und Gewalt. Zu sehen ist vor allem die Haltung einer Protagonistin. Kein funny face, sondern der Widerstreit von Stolz, Gehorsam und Auflehnung. Am Ende führt der Weg in die Unabhängigkeit. Und dann kam das Playgirl Holly Goligthly in frühstück bei tiffany. Aber das waren dann schon die sechziger Jahre.
Süddeutsche Zeitung, 18. Februar 2006, Feuilleton.