PAYMENT ON DEMAND (1950)

Text für eine Publikation über Curtis Bernhardt

Eine amerikanische Familie. Joyce Ramsey, Mitte vierzig, hat alles, was sich eine Frau möglicherweise wünscht: zwei Töchter, die fast erwachsen sind, Geld, ein Haus, ein Dienstmädchen, Ansehen in der Gesellschaft von San Francisco. Und einen Mann, den sie zu dem gemacht hat, was er jetzt ist: Vizepräsident eines Stahlkonzerns. Aber: der Mann ist müde. Nachdem er sich über zwanzig Jahre lang von seiner Frau hat durchs Leben führen lassen, darf Joyce ihm an diesem Abend zwar noch die Fliege binden, aber statt dann mit ihm auf eine Party zu gehen, erklärt David Ramsay: „Ich will die Scheidung.“

Das ist ein Schock für Joyce Ramsay. Denn bisher war für sie alles in Ordnung, bisher hatte sie alles im Griff. Und nun das. Zuerst versucht sie zu reden, dann ohrfeigt sie ihn, und dann zieht sie sich in ihre Zimmer zurück. Sie blickt in den Spiegel, und sie blickt zurück: Wie aus einer Jugendliebe eine Ehe wurde. Wie sie für ihren Mann einen Job besorgt hat und dann einen besseren Job. Und damit das zu einer Karriere wurde, mussten auch ein paar Tricks angewendet werden. Wie zwischendurch die Kinder kamen. Und wie sich alles zu einer guten amerikanischen Familie gefügt hat.

Auch die Töchter sind schon dabei, Familien zu gründen. Diana, Anfang zwanzig, hat einen Verlobten mit einem guten Job, kann nicht kochen, kann nicht nähen, hasst Hausarbeit und liebt schöne Dinge. Martha, 19, lernt kochen, lernt Hausarbeit und hat einen Boyfriend aus armer Familie. Für Joyce Ramsey ist das einer, der nicht zu ihnen passt. Er heißt Bill Polanski und fühlt sich noch als eingewanderter Tscheche. Er fragt Joyce nach ihrer Nationalität, und da kann sie nur sagen „I’m an American“. Am Ende wird Martha ihren Bill heiraten.

David Ramsey verlässt das Haus, Joyce beibt zurück mit ihren Erinnerungen und mit ihren Töchtern. Den Töchtern erzählt sie von der Scheidungsabsicht des Vaters, weil die Journalisten der Stadt schon davon wissen. Diana und Martha sollen es nicht aus der Skandalpresse erfahren. Diana begreift nichts; warum will der Vater sich scheiden lassen? „Mother is a perfect wife!“

Joyce trifft sich mit Freundinnen in einem Café. Die wissen auch schon alles, und weil sie Erfahrungen haben mit Scheidungen und mit untreuen Männern, geben sie Ratschläge. Joyce soll Ausschau halten nach der Frau, die da im Spiel sein muss.

Joyce beauftragt eine Detektei mit der Beobachtung von David. Da ist einer, der den Auftrag übernimmt, und der wird alles herausfinden. Viel mehr, als Joyce wissen will. Abends ist sie wieder zu Hause. Aber dort ist es so leer, dass sie wieder ins Grübeln kommt. Also blendet der Film zurück, und man sieht, was Joyce für die Familie getan hat und für Davids Karriere. Man sieht auch, wie ein früherer Partner von David, der finanziell in Not ist, von Joyce abserviert wird. Darüber ist David, als er davon hört, sehr böse; er bringt die Sache in Ordnung und macht Joyce eine Szene. Sie sagt dann: „Ich habe in meinem Leben nie etwas getan, das nicht für dich und deine Töchter war.“ Und er sagt: „Bitte geh raus, bevor ich dir die Wahrheit über dich sage.“ Und die Rückblende endet, wenn die Töchter nach Hause kommen und die Mutter aus ihren Träumen reißen.

Zwei Szenen, die sich anschließen, bringen David ohne Joyce ins Bild. Der Blick auf die andere Seite. Schön ist, wie Martha auf der Straße ihren Vater trifft und im Reden über die Mutter ein Gefühl zwischen Vater und Tochter spürbar wird. Schade ist, dass dann wirklich eine junge Frau gezeigt wird, mit der David eine Beziehung hat. Die beiden hören Musik und reden über Musik und sind sich nahe und küssen sich, und dann blitzt es – der Detektiv hat den Auftrag von Joyce erfüllen können. Da merkt man, dass diese Szene nur eine dramaturgische Funktion hat, und alle Gefühle sind erloschen. David, der von Anfang an ein blasser Mann ist, wirkt von nun an noch blasser, weil er endgültig auf ein Handlungsklischee reduziert ist.

Schließlich hat Joyce ihre größte und schlimmste Stunde: Bei den Scheidungsanwälten wendet sie ihre innere Niederlage in einen äußeren Sieg; mit einer Erpressung unter vier Augen bringt sie David um seinen Anteil am gemeinsamen Besitz. Pament on Demand. Zahlung auf Verlangen. Martha, noch unmündig, wird gefragt, bei welchem Elternteil sie leben will. Sie entscheidet sich für den, der sie mehr braucht. Also die Mutter. Martha verkörpert im Film die guten Gefühle.

Eine Überblendung auf ein Schiff, irgendwo auf hoher See. Das heißt: Zeit ist vergangen. Joyce Ramsey, geschieden, reist. Da gibt es gleich eine Kamerafahrt auf das Gesicht eines Mannes. Der wird vorübergehend ihr Reisebegleiter. Auf den Westindischen Inseln besuchen die beiden eine alte Freundin von Joyce, die wir schon mehrmals gesehen haben: in den Rückblenden, im Café. Jetzt ist sie einsam, hat nur noch den Alkohol und einen Gigolo. Joyce erschrickt. Und von ihrem Reisebegleiter trennt sie sich ostentativ, als sie hört, dass er in England ein zweites Leben mit Frau und Kind führt. Eine Frage der Moral?

Am Ende heratet Martha ihren Bill Polanski, und bei der Hochzeitsfeier ist auch David dabei. Joyce am einen Ende der Tafel, David am anderen. Das frisch vermählte Paar fliegt nach Nebraska. Nach dem Abschied bricht Joyce am Flughafen zusammen. Und David bringt sie nach Hause. Irgendwie bleibt das Ende dennoch offen.

PAYMENT ON DEMAND verbindet Realismus und filmische Klischees. Das macht die zwiespältigen Gefühle aus, die sich beim Sehen einstellen. Das Hauptkonstrukt, wie es hier nur in der Struktur beschrieben ist, erweist sich auch in Details als zu heterogen. Und selbst die Rückblicke ins Leben von Joyce Ramsey, die lichttechnisch raffiniert mit durchsichtigen Kulissenwänden jeweils ein- und ausgeblendet werden, verlieren spätesten beim zweiten Sehen des Films ihre Faszination, reduzieren sich zu Theatereffekten.

Aber dann ist da immer: Bette Davis als Joyce Ramsey. Man leidet mit ihr, man hat Mitleid mit ihr, und manchmal kann man sie auch nicht leiden. Aber dann sind da: ihre Blicke, ihr Gang, ihre Gesten. Wie sie eine Treppe herunterkommt, wie sie einen Raum verlässt, wie sie ein langes schwarzes Kleid trägt oder auch einen weißen Hut, wie sie in einen Spiegel sieht. Wie sie berechnend und böse und einsam und klein und groß ist. Wie sie, mit 42, auch eine junge Frau spielt und doch meit ausseht wie Mitte fünfzig. Wie sie mit einer Fülle eine Leere zeigt.

Für Barry Sullivan war es eine unlösbare Aufgabe, eine Ehe mit Bette Davis zu spielen. PAYMENT ON DEMAND ist einzig und allein ein Bette-Davis-Film.

PAYMENT ON DEMAND. DIE EHRGEIZIGE. – Buch: Bruce Manning, Curtis Bernhardt. Kamera: Leo Tover. Schnitt: Harry Marker. Ton: Earl Wolcott. Musik: Victor Young. Bauten: Albert S. D’Agostino, Carroll Clark. Kostüme für Bette Davis: Edith Head. Darsteller: Bette Davis (Joyce Ramsey), Barry Sullivan (David Ramsey), Jane Cowl (Emily Hedges), Kent Taylor (Robert Townsend), Betty Lynn (Martha), John Sutton (Tunliffe), Peggie Castle (Diana), Otto Kruger (Prescott). Produktion: Skirball-Manning-Productions, Hollywood (für RKO). Produzent: Jack H. Skirball. Verleih: RKO Radio Pictures. Drehzeit: Frühjahr 1950. Uraufführung: 3.2.1951 (release date); New Yorker Premiere: 15.2.1951. Deutsche Erstaufführung: 14.11.1952. Fomat: 35mm, s/w. Länge: 91 Minuten; deutsche Länge: 87 Minuten. 

In: Stiftung Deutsche Kinemathek (Hg.): Aufruhr der Gefühle. Die Kinowelt des Curtis Bernhardt. München, Luzern: Verlag C.J Bucher 1982. Publikation zur Retrospektive der Berlinale 1982.