Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
März 2007

Gabriele Voss
Schnitte in Raum und Zeit
Notizen und Gespräche zu Filmmontage und Dramaturgie
Vorwerk 8, Berlin 2006
252 S., 19 €
ISBN 3-930916-75-4

Gabriele Voss:
Schnitte in Raum und Zeit.
Notizen und Gespräche zu Filmmontage und Dramaturgie

Die Montage, das wissen wir, ist ein wesentlicher Prozess beim Filme-machen. Im Schneideraum, beim „Editing“, erhält der Film seine defi-nitive Form. Das ist seit 100 Jahren so, seit Griffith für den Film ein spezifisches Erzählraffinement erfunden hat. Montage-Theorien (Eisenstein, Pudowkin) und Montage-Praktiken (Karel Reisz/Gavin Millar, Hans Beller) sind in vielen Varianten publiziert worden. Zuletzt erschien der Dialog zwischen Walter Murch und Michael Ondaatje, „Die Kunst des Filmschnitts“ (Hanser 2005), mein Filmbuch des Jahres. Nun gibt es ein neues, anregendes Buch zum Thema, in dem auf hohem Niveau über Wahrnehmung, Dramaturgie und Montage reflektiert wird.

Gabriele Voss, Dokumentaristin und Cutterin ihrer Filme, hat zunächst eher assoziativ Texte und Gedanken zur Montage gesammelt. Sie ver-gleicht den schöpferischen Vorgang mit einer Spirale, in deren Win-dungen man auf- und absteigt. Ihr Buch wirkt selbst wie eine solche Spirale. Es zieht den Leser in einen Sog des Mitdenkens und dies mit einer immer stärker werdenden Intensität. Formal gliedert die Autorin ihr Material in vier Teile: mit vielen Zitaten von Béla Balázs bis zu Gilles Deleuze öffnet sie zunächst ein weites Feld des Nachdenkens darüber, was Montage überhaupt ist und wie sie funktioniert. Im zweiten Teil spricht sie mit zwei hochrangigen Denkern, mit dem Hirnforscher Wolf Singer über die Arbeit des Sehens und mit dem Autor und Filmemacher Alexander Kluge über das Erzählen. Den größten Raum nimmt die Montage verschiedener Gespräche mit elf Editoren und Filmemachern ein (Raimund Barthelmes, Bettina Böhler, Mathilde Bonnefoy, Heide Breitel, Thomas Giefer, Barbara Hennings, Brigitte Kirsche, Elfi Kreiter, Beate Mainka-Jellinghaus, Peter Przygodda und Wolfgang Widerhofer). Den Schluss bilden Materialreste: Texte von Dschuang Dsi, Laurence Sterne, Maya Deren, Wsewolod Pudowkin, Klaus Kreimeier, Karel Reisz/Gavin Millar, Helen van Dongen und Urban Gad. Klugerweise ist das Buch nicht mit Filmfotos illustriert, sondern mit sehr eigenwilligen Material- und Reisefotos von Christoph Hübner.

Das Buch sollte zur Pflichtlektüre für Filmstudenten und Filmkritiker erklärt werden.