Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
Februar 2008

Daniel Devoucoux
Mode im Film
Zur Kulturanthropologie zweier Medien
Transcript Verlag, Bielefeld 2007
350 S., 34,80 Euro
ISBN 978-3-89942-813-1

Daniel Devoucoux:
Mode im Film.
Zur Kulturanthropologie zweier Medien

„Dieses Buch zielt auf ein breites Publikum, das gleichermaßen an Medien wie Mode interessiert ist“, heißt der erste Satz des Vorworts. Aber das Buch macht es Leserinnen und Lesern nicht leicht. Bevor es richtig zur Sache kommt, ist ein wissenschaftlicher Hindernislauf zu absolvieren, dessen definitorische und semantische Hürden eine besonders gute Universitätskondition verlangen.

Die beiden Kapitel „Kleidungsdiskurs“ und „Kostümrhetorik“ sind sogar für Medienwissenschaftler eine Herausforderung. Dem „breiten Publikum“ möchte man deshalb empfehlen, auf Seite 85 in die Lektüre einzusteigen. Das dort beginnende Kapitel „Körper und Kleidung oder: Die Teilung der Welt“ handelt von der unterschiedlichen Geschlechterbedeutung der Mode und konkretisiert dies mit schönen, einleuchtenden Beispielen. Noch spannender ist das folgende Kapitel, „Das Nähkästchen der Kostümbildner“, in dem es um die Grundlagen der Profession selbst geht. Wenn dann „Die ästhetisch-technische Handwerkskiste“ geöffnet wird, erschließt sich sehr anschaulich der Umgang der Kostümbildner mit Farben, Formen und Stoffen. In „Nahaufnahme“ erfahren wir viel über Make-up, Frisuren, Hüte, Schuhe, Accessoires. Weit ausholend, in der Antike beginnend, und den Bogen spannend bis in die Zukunft ist das umfangreichste Kapitel dem Verhältnis zwischen Film, Geschichte und Mode gewidmet; hier werden auch die Uniformen behandelt und der diffizile Umgang des Films mit der Kleidung im Holocaust (SCHINDLER’S LIST). Während es bis dahin vorwiegend um das Hollywoodkino geht, blickt ein eigenes Kapitel nach Asien: „Kostüm-, Selbst- und Fremdbilder“, mit dem Spezialbereich „Bollywood“/Indien.

Zurück nach Amerika und Europa führt uns dann ein eigenständiger Diskurs über die bewegte Beziehung zwischen Designermode und Film. Für den Abschluss, „Mode im neuen Film- und Bildzeitalter“, gilt das, was zu den ersten beiden Kapiteln gesagt wurde. Er verirrt sich im Wissenschaftslabyrinth. Der Anhang ist zwiespältig: einer nützlichen Bibliografie folgt eine Liste der zitierten Filme, die aber keine Seitenzahlen registriert und weitgehend auf deutsche Verleihtitel reduziert ist. Ein kleines Glossar informiert über Fachtermini von Abho (lose, indisch-moslemische Frauenbluse mit breiten Ärmeln) bis Zoccolo (venezianische Stelzschuhe).

Einige Filme – dazu gehören CLEOPATRA, GONE WITH THE WIND, LES ENFANTS DU PARADISE, TITANIC, PRETTY WOMAN, THE PIANO und GLADIATOR – werden in den verschiedenen Kapiteln immer wieder als Beispiele herangezogen und beachtlich variabel ausgewertet. In der Schilderung von Konstellationen, Szenen, Personen / Darstellerinnen und Darstellern, sowie in den historischen Bezügen hat das Buch seine größten Stärken. „Kleidungsforschung“ und „Körpergeschichte“ sind als Spezialgebiete des Autors ausdrücklich ausgewiesen.

Daniel Devoucoux, geboren 1950 in Paris, ist Historiker und französischer Germanist, er lehrt Kulturanthropologie an der Universität Dortmund. Sein filmhistorischer Horizont ist weit, in vielen Formulierungen spürt man allerdings, dass Deutsch nicht seine Muttersprache ist. Das Lektorat hätte man sich insofern gründlicher gewünscht (so fehlt zu oft der Mut zum Genetiv, und bei den Namen gibt es höchst unterschiedliche Schreibweisen). Schließlich: Diese Publikation ist alles andere als ein Bilderbuch. Die Abbildungen sind klein und lösen selten das ein, was der Text uns so anschaulich schildert. Das gehört offenbar zu den Defiziten, mit denen ein Wissenschaftsverlag leben muss.