Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
Juli 2008

Torsten Körner
Götz George
Mit dem Leben gespielt
Scherz Verlag, Frankfurt am Main 2008.
480 S., 19,90 Euro
ISBN 978-3-502-15029-9

Torsten Körner:
Götz George.
Mit dem Leben gespielt

Am 23. Juli wird er siebzig Jahre alt. Dann sind in den Zeitungen all die schönen Texte zu lesen, die einem berühmten Schauspieler zu einem runden Geburtstag gewidmet werden. Ich vermute, sie handeln vor allem von Horst Schimanski, dem Duisburger Kriminalkommissar, mit dem Götz George in Deutschland zuallererst identifiziert wird. Jener Kommissar, der die Fälle mehr mit dem Körper als mit dem Kopf löst, der sich äußerlich als Muskelprotz, als Rüpel und Macho geriert und irgendwo ganz innen sehr verletzlich, sensibel und liebebedürftig ist. An die 30mal hat er diese Rolle in der „Tatort“-Reihe verkörpert und dann noch 14mal in der eigenen „Schimanski“-Serie. So geht man in die Fernsehgeschichte ein.

Natürlich referiert Torsten Körner in seiner beeindruckenden Biografie auch den Popularitätsschub, den Götz George ab 1981 mit dem Schimanski bekam. Aber das Buch stellt die Rollen und Lebensphasen des Schauspielers in einen größeren Zusammenhang. Es beginnt – das geht wohl gar nicht anders – mit einem Verlust: mit dem Tod des berühmten Vaters Heinrich, der im September 1946 in sowjetischer Haft an einer Bilddarmentzündung starb. Der Schatten des Vaters und die Liebe der Mutter (Berta Drews, Schauspielerin, gestorben 1987) begleiten Götz George durch ein wechselhaftes Berufs- und Privatleben, das Körner weitgehend chronologisch, auf der Basis einer intensiven Recherche, angereichert mit vielen neuen Details beschreibt.

Kindheit im Internat, schwierige Schulzeit, Knabenrollen auf der Bühne, erste Filmrollen Mitte der fünfziger Jahre (die allererste als Partner von Romy Schneider in WENN DER WEISSE FLIEDER WIEDER BLÜHT), Schauspielausbildung bei Else Bongers, erstes Theaterengagement in Göttingen, Erfolge im Film (KIRMES und Karl May), Fernsehkonfektion in den Siebzigern, die große Herausforderung der Rudolf Höß-Darstellung in Kotullas AUS EINEM DEUTSCHEN LEBEN, Gastspielreisen durch die Theaterrepublik, die Entstehung der Schimanski-Figur und die vielen Charakterrollen im Kinofilm der achtziger und neunziger Jahre: Werbemanager in Schenkels ABWÄRTS, Gangster in Grafs DIE KATZE, Geschäftsmann in Hauffs BLAUÄUGIG, Reporter in Dietls SCHTONK, Serienmörder in Karmakars DER TOTMACHER, Regisseur in Dietls ROSSINI, Polizist in Hofmanns SOLO FÜR KLARINETTE, KZ-Arzt in Richters NICHTS ALS DIE WAHRHEIT, Vater in Sözens GOTT IST TOT. Und im Fernsehen, immer wieder: der Mann in extremen Situationen. Viel Maske, viel Körper, starke physische Präsenz.

Körner beschreibt über all die Jahrzehnte im Leben von Götz George das Öffentliche (vor allem Deutschland) und das Private (viel Sardinien), die Auf und Abs, die Preise und Auszeichnungen, auch die Enttäuschungen und Misserfolge. Im Umgang mit der Film- und Fernseharbeit ist der Autor sachkundig (er hat schließlich mit einer Arbeit über Heinz Rühmann promoviert und danach eine kluge Rühmann-Biografie geschrieben), es gibt viele psychologisierende Zwischentöne, und gelegentlich, aber selten, wird Körners Prosa sogar lyrisch. Als wolle er auf der Ebene der Sprache das Mannsbild George austricksen.

Insgesamt: ein gutes Buch zum richtigen Zeitpunkt.