Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
September 2010

Ulrich Kriest (Hg.):
Formen der Liebe
Die Filme von Rudolf Thome
Schüren Verlag, Marburg 2010
352 S., 29,90 Euro
ISBN 978-3-89472-681-2

Ulrich Kriest (Hg.):
Formen der Liebe.
Die Filme von Rudolf Thome

Das Buch war für den Herbst 2009 angekündigt: als eine Art Festschrift zum 70. Geburtstag des Regisseurs. Der Verlag musste mehrfach ver-trösten, weil der Herausgeber seine Autoren oder vielleicht auch sich selbst nicht disziplinieren konnte, und schließlich ging noch die beauftragte Druckerei in die Insolvenz. Manche Bücher haben ihre eigene Geschichte. Wie schön, wenn sie am Ende doch noch erschei-nen und das Warten gelohnt hat.

Rudolf Thome hatte offensichtlich Geduld und kann sich jetzt freuen. Denn die 34 Texte und Gespräche – 23 Originalbeiträge, zehn Nach-drucke, eine Überarbeitung – fügen sich zu einem Patchwork der Zuneigung und neuen Entdeckung. Sie öffnen den Blick für den gleich-zeitig kleinen und großen Thome-Kosmos, für die fantasievollen Variationen seiner Geschichten, bei denen es immer um das Verhältnis von Mann und Frau geht, um grundlegende Verschiedenheiten, subtile Konflikte und konkrete Lebenssituationen. Also um Formen der Liebe.

Thome macht seit 45 Jahren unter schwierigen Bedingungen, selten mit Förderung, seine individuellen Filme. Inzwischen sind es 26 Spiel-filme und sechs Kurzfilme, der 27. ist abgedreht: DAS ROTE ZIMMER. Da es inzwischen auch eine Thome-DVD-Box gibt, kann man das Buch mit partieller Filmbegleitung lesen. Das hilft, mehr als die kleinen Bilder des Buches, um sich den visuellen, atmosphärischen Raum seiner Filme in Erinnerung zu rufen.

Immer wieder gern lese ich Thomes autobiografischen Text Überleben in den Niederlagen, der vor 30 Jahren in der Zeitschrift Filme erschien und auf unnachahmlich lakonische Weise seinen Weg zum Filme-machen und seinen Umzug von München nach Berlin erzählt. Im Buch korrespondiert damit ein Werkstattgespräch, das Michael Girke und Ulrich Kriest 2009 mit ihm geführt haben. Die Überschrift ist ein Thome-Zitat: „Hätte ein Regisseur ein Bewusstsein von dem, was er macht, dann gäbe es doch gar keine schlechten Filme.“ Eine schöne Kombination dazu ergibt der Nachdruck eines Gesprächs von Petra Seeger mit Thome (aus dem Presseheft zu JUST MARRIED, 1998): ironischer Flirt, Schlagfertigkeit, kleinere Eitelkeiten. Aus dem Leben eines sehr speziellen deutschen Filmemachers.

Über Rudolf Thome sprechen seine Kollegen Klaus Lemke und Max Zihlmann mit Olaf Möller (aus dem Oberhausen-Katalog 2003) und der Autor Jochen Brunow mit Livia Theuer (2009). Die Gespräche heben sich weit übers Anekdotische hinaus und machen die Unbe-irrbarkeit des Filmemachers Thome deutlich

Das Buch enthält Texte zu einzelnen Filmen (u. a. von Rüdiger Tom-czak, Hans-Christoph Blumenberg und Peter Körte), kurze Verneigun-gen von Hanns Zischler und Thomas Arslan, längere Essays von Norbert Grob („Zur Schönheit serieller Variation“), Livia Theuer, Stefan Volk und dem Herausgeber Kriest, Seitenblicke auf den Filmkritiker Thome, auf Tanzszenen, auf einige Motive in Filmen von und mit Marquard Bohm und auf Hannelore Elsner als Zeitreisende im deutschen Film. Am Ende gibt es auch die obligatorische Filmografie. In der Summe ist dieses Buch der Blick auf ein Lebenswerk, auch wenn wir hoffen, dass noch viele Filme entstehen werden.