Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
Juni 2015

Hans-Peter Reichmann (Red.)
Filmstoffe
Kostüme: Barbara Baum
Frankfurt am Main, Deutsches Filminstitut/Deutsches Filmmuseum 2015
208 S., 19,80 €
ISBN 978-3-88799-9

Hans-Peter Reichmann (Red.):
Filmstoffe.
Kostüme: Barbara Baum

Sie wird in diesem Jahr (am 19. Juni) mit dem Ehrenpreis des Deutschen Filmpreises ausgezeichnet. Barbara Baum (*1944) ist eine der großen Kostümbildnerinnen in unserem Land, ihre Kreationen vor allem für historische Filme sind herausragend. Sie hat achtmal mit Rainer Werner Fassbinder zusammengearbeitet, aber auch Kostüme für Filme von Peter Fleischmann, Reinhard Hauff, Peter Lilienthal, Volker Schlöndorff, Max Färberböck, Detlev Buck, Bernd Eichinger und Heinrich Breloer entworfen. In der Fassbinder-Ausstellung im Martin-Gropius-Bau ist ihr ein eigener Raum gewidmet, und das Deutsche Filmmuseum hat aus diesem Anlass in Zusammenarbeit mit der Rainer Werner Fassbinder Foundation einen schönen Text- und Bildband über sie publiziert.

Es sind vor allem Schauspielerinnen und Schauspieler, die in diesem Buch zu Wort kommen, beginnend natürlich mit Hanna Schygulla, die zuerst in Peter Fleischmanns JAGDSZENEN AUS NIEDERBAYERN, dann in Reinhard Hauffs MATHIAS KNEISSL und schließlich in sechs Fassbinder-Filmen von Barbara Baum kostümiert wurde. Ihr Text heißt „Kleider machen Leute… Ihre Kostüme machen Rollen!“. Iris Berben („Halt und Haltung“ überschreibt sie ihren Beitrag) hat zweimal mit ihr zusammengearbeitet, in SIGI, DER STRASSENFEGER von Wolf Gremm und in den BUDDENBROOKS von Heinrich Breloer. Es folgen Texte von Günter Lamprecht („Des Franzens neue Kleider“ – in BERLIN ALEXANDERPLATZ), Jessica Schwarz („Da hat sie wieder gezaubert“ – in den BUDDENBROOKS und in ROMY), Armin Mueller-Stahl („Das Kostüm als Teil der Zeitgeschichte“ – er hatte sechsmal das Vergnügen mit Barbara Baum: „Sie ist und bleibt die Beste, mit der ich je gearbeitet habe!“). Und es sind Grußworte auf Fotos reproduziert von Jeanne Moreau, Faye Dunaway, Glenn Close, Meryl Streep, Burt Lancaster und Julie Christie.

Auch drei Regisseure erinnern sich an die Zusammenarbeit mit Barbara Baum: Volker Schlöndorff bei HOMO FABER, Heinrich Breloer bei den BUDDENBROOKS, Detlev Buck bei LIEBE DEINE NÄCHSTE!, und der Kameramann Michael Ballhaus (er war bei drei Fassbinder-Filmen dabei, die sie ausgestattet hat) ist mit einem freundschaftlichen Brief präsent. Immer wieder wird die kreative Zusammenarbeit beschworen.

2015.Barbara BaumEingeleitet wird der Band mit einem Vorwort von Claudia Dillmann, der Direktorin des Deutschen Filmmuseums. Hans-Peter Reichmann reflektiert über die Rolle der Kostümbildnerin („Das Kostüm ist der dritte Regisseur“). Von Juliane Lorenz, der Präsidentin der Rainer Werner Fassbinder Foundation, stammen „Notizen über eine außergewöhnliche Künstlerin“. Ein umfangreicher Essay von Marisa Buovolo stellt das Werk von Barbara Baum in einen größeren Zusammenhang. Hans-Peter Reichmann und Ann-Christin Eikenbusch haben ein Gespräch mit der Kostümbildnerin geführt („Ich denke immer in Stoffen“) und einen Blick in ihr Archiv geworfen. Von Christa Hedderich, künstlerische Leiterin des Kostümverleihs „Theaterkunst Berlin“, stammt ein Grußwort. Und Ronny Loewys Text „I will keep you informed. All the work will not have been in vain.“ erinnert an die 1993 geplante Zusammenarbeit von Barbara Baum mit Stanley Kubrick, die am Ende nicht zustande kam.

Es waren in der Regel historische Themen, die in den Filmen realisiert wurden, für die Barbara Baum als Kostümbildnerin tätig war. Darin lag und liegt eine ihrer größten Stärken: die Kleidung einer vergangenen Epoche oder einer speziellen sozialen Schicht mit den Stoffen zu rekonstruieren, die zu der Zeit getragen wurden, in der ein Film spielt. Und sie für die Schauspielerinnen und Schauspieler nicht zu einem lästigen Kostüm werden zu lassen, sondern in ihnen beweglich und lebendig zu sein.

Natürlich beeindruckt der Band auch durch die unendlich vielen Abbildungen: Film- und Arbeitsfotos, viele Polaroidfotos, bewundernswerte Kostümskizzen, Dokumente aus allen Phasen eines kreativen Lebens. All dies fügt sich zu einer Festschrift, die der Bedeutung der Kostümbildnerin Barbara Baum angemessen ist. Die Filmografie am Ende des Bandes nennt 74 Titel, an denen sie bisher beteiligt war. Man wünscht ihr die Kraft, ihre Arbeit fortzusetzen.

Coverfoto: Hanna Schygulla als LILI MARLEEN (1980).