Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
April 2013

Béatrice Ottersbach / Thomas Schadt
Filmlehren
Ein undogmatischer Leitfaden für Studierende
Bertz + Fischer, Berlin 2013
304 S., 19,90 €
ISBN 978-3-86505-220-9

Béatrice Ottersbach / Thomas Schadt:
Filmlehren.
Ein undogmatischer Leitfaden für Studierende

Dies ist kein „Berufsführer: Film“ für Unentschlossene, sondern eine kluge, „undogmatische“ und sehr informative Bestandsaufnahme der Arbeit an den fünf großen Filmhochschulen in unserem Land. In 30 Texten und Gesprächen kommen vor allem Persönlichkeiten zu Wort, die Film lehren, zum Teil schon seit langer Zeit, mit inzwischen großer Erfahrung im breiten Spektrum von Spiel- und Dokumentarfilm, von Produktion, Regie, Drehbuch, Kamera, Ton und Schnitt. Auch die technischen Veränderungen und ihre Auswirkungen auf ästhetische und ökonomische Aspekte werden thematisiert.

Ein so komplexes Buch kann man nur machen, wenn es eine gemeinsame Publikationserfahrung gibt. Béatrice Ottersbach und Thomas Schadt haben zwischen 2006 und 2009 sechs Bücher veröffentlicht, in denen Regisseure und  -innen, Schauspieler/innen, Drehbuchautoren, Kameraleute, Filmkomponisten und Cutterinnen in Gesprächen ihre Ausbildungs- und Berufserfahrungen zu Protokoll gegeben haben. Die Bücher, veröffentlicht in Zusammenarbeit mit der Filmakademie Baden-Württemberg, erschienen in der Reihe „Praxis Film“ des Konstanzer Universitätsverlags und sind noch immer eine lohnende Lektüre.

Ludwigsburg übernahm für das neue, siebte Buch, diesmal im Verlag Bertz + Fischer, die Federführung im Verbund der Filmhochschulen. Potsdam und Köln haben sich auch finanziell beteiligt, München ist mit mehreren profilierten Texten vertreten, etwas blass wirkt die Präsenz der Berliner dffb.

Am Anfang werden mit knappen Informationen die fünf Filmhochschulen vorgestellt: die Deutsche Film- und Fernsehakademie Berlin (dffb, gegründet 1966), die Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg (gegründet 1991), die Hochschule für Fernsehen und Film in München (gegründet 1967), die Hochschule für Film und Fernsehen „Konrad Wolf“ in Potsdam-Babelsberg (die älteste deutsche Filmhochschule, gegründet 1954) und die Internationale Filmschule Köln (ifs, die jüngste, es gibt sie seit 2000). Die dann folgenden Texte sind weitgehend nach den traditionellen Fachrichtungen geordnet, beginnend mit Regie, endend mit den Neuen Medien.

Ganz persönlich haben mir zehn Beiträge besonders gut gefallen: die Gespräche von Béatrice Ottersbach mit Peter C. Slansky, Döris Dörrie, Hans Beller und Michaela Krützen, das E-Mail-Interview von Béatrice Ottersbach mit Jochen Kuhn, die acht Gedanken des Kameradozenten Michael Bertl („Bilder in der Dunkelheit“), die Gespräche von Thomas Schadt mit Nico Hofmann und von Simone Stevens mit Gerd Haag, der Disput zwischen den Kamera­dozenten Axel Block und Peter Zeitlinger („Regeln lernen, Regeln brechen“) und Hans-Erich Viets Annäherung an die erste Phase des Studiums („Die Angst des Regisseurs vor dem Schauspieler“).

Der Text von Dieter Wiedemann, dem inzwischen verabschiedeten Präsidenten der Potsdamer HFF, hat den programmatischen Titel „Ist Film lehrbar?“ und liest sich in der Tat wie eine Abschiedsrede. Seine Nachfolgerin, Susanne Stürmer, die im Herbst ihre Arbeit aufnimmt, kann dann für die zweite Auflage des Buches ihre ersten Erfahrungen zu Papier bringen. Da lassen sich vielleicht auch einige andere Lücken produktiv füllen.

2011 war mein Filmbuch des Jahres das Basiswerk „Filmhochschulen in Deutschland. Geschichte, Typologie, Architektur“ von Peter C. Slansky. Es ist durch das neue Buch keineswegs überholt, im Gegenteil: die beiden Publikationen ergänzen sich bestens. Deshalb hier noch mal ein kleiner Verweis: filmhochschulen-in-deutschland/

Das Foto auf dem Titel mag man als Metapher deuten: junge Menschen mit der Kamera wollen hoch hinaus.

Mehr zum Buch: www.bertz-fischer.de/product_info.php?products_id=393