Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
Juli 2009

Richard Blank
Film & Licht
Die Geschichte des Filmlichts ist die Geschichte des Films
Alexander Verlag, Berlin 2009
264 S., 34,90 €
ISBN 978-3-89581-199-9

Richard Blank:
Film & Licht

Wenn wir die Sonne zum Ausgangspunkt nehmen und nicht die Scheinwerfer im Studio, dann ist dies wohl das richtige Buch für einen Sommermonat. Es handelt von Helligkeit, vom Licht, von Stimmungen, aber auch von Schatten und Finsternis. Es geht von natürlichen Lichtquellen aus, die von den Kameraleuten genutzt und durch technische Hilfsmittel unterstützt werden. Es erzählt vom Zustandekommen der Filmbilder. Und was zunächst sehr technisch klingt, wird schnell zu einer anschaulichen Passage durch den Kosmos des internationalen Kinos.

Bei seiner Reise durch die Filmgeschichte interessieren den Autor die speziellen Wirkungen des Lichts. Ausgestattet mit einigen Grundkenntnissen und begleitet von vielen Fragen, lässt er uns lesend und staunend am Erkenntnisprozess eines neugierigen Filmregisseurs teilhaben. Denn Richard Blank ist kein Theoretiker, kein Wissenschaftler (wenn auch ein promovierter Philosoph), er hat Dokumentarfilme gedreht und arbeitet seit dreißig Jahren als Autor und Filmemacher für Kino und Fernsehen. Bekannt ist seine große Affinität zu Bernhard Wicki.

Blank bewegt sich mit dieser Untersuchung auf einem erstaunlich unbearbeiteten Feld. Das einzige wirklich große Buch über das Filmlicht ist inzwischen sechzig Jahre alt: John Altons Painting with Light. Blank zitiert aus der vorliegenden Literatur zusätzlich Hilmar Mehnert (Filmfotografie, 1971), Barry Salt (Film Style and Technology, 1983) und einen Aufsatz von Wolfgang Samlowski und Hans J. Wulff in Licht und Leitung (2002). Er hat wichtige deutsche Kameraleute befragt (Franz Rath, Gernot Roll, Jost Vacano) und sich Filme speziell mit dem Blick auf die Lichtgestaltung angeschaut, beginnend mit Griffith, Chaplin und Cecil B. DeMille. Seine Beobachtungen beschreibt er sehr konkret, meist am Beispiel einzelner Szenen. Vom frühen und dann klassischen Hollywood geht die Reise nach Europa, zu den ersten Filmen von Fritz Lang, F. W. Murnau und Robert Siodmak. Sie führt über die Exil-Brücke zurück nach Hollywood, macht Station beim italienischen Neorealismus und der französischen Nouvelle vague, überprüft mit ambivalenten Ergebnissen den persönlichen Blick auf New Hollywood (positiv: Altman, Scorsese, negativ: Coppola), und am Ende wählt der Autor sehr mutig fünf Einzelgänger für seine abschließenden Erkenntnisse: Sergej Eisenstein, Orson Welles, Luis Buñuel, Wong Kar-Wai, Lars von Trier.

Die Subjektivität ist eine der Qualitäten dieses Buches. Die Anschaulichkeit, mit der Blank seine Entdeckungen beschreiben kann, eine andere. Er scheut sich nicht, gelegentlich mal salopp zu formulieren, und er nimmt uns auch emotional auf die Reise mit. Man spürt, wie zunehmend wichtig ihm sein Erkenntnisprozess wird, und diese Bedeutung überträgt sich auf den Leser. Daraus folgt, dass man selbst das Spiel fortsetzen kann. Ich tue das im Kopf fast automatisch mit John Fords THE SEARCHERS und Yasujiro Ozus TOKYO MONOGATARI. Was für Wirkungen hat in diesen Filmen das Licht?
Dem Buch ist eine DVD mit Filmszenen beigefügt, auf die der Autor genauer eingeht. Das hilft über die Beschreibungen hinaus und intensiviert – auch wenn die technische Qualität der Ausschnitte nicht immer befriedigt – das Lesevergnügen.

Der Alexander Verlag in Berlin, inzwischen 25 Jahre alt, und sein Leiter Alexander Wewerka machen sich seit langem um die Filmliteratur verdient, mit Klassikern (Bazins Was ist Film?, Bressons Notizen zum Kinematographen), mit Autobiografien (Bergmans Laterna magica. Mein Leben, Buñuels Mein letzter Seufzer) und vor allem mit intelligenten Büchern über die professionellen Filmgewerke: Drehbuch (Titel von Jean-Claude Carrière, Michel Chion, Robert McKee, Linda Seeger), Regie (David Mamet), Montage (Walter Murch). Richard Blanks Buch über das Licht fügt sich bestens in diese Reihe ein.