Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Jahres
1982
Filmbuch des Jahres

Wilhelm Roth
Der Dokumentarfilm seit 1960
C.J.Bucher, München und Luzern 1982
232 S., viele Abbildungen (xx DM)
ISBN 3-7658-0391-9

Wilhelm Roth:
Der Dokumentarfilm seit 1960

Mit dem Durchbruch der 16mm-Technik und des Synchrontons um 1960 begann eine besonders produktive Phase des Dokumentarfilms. Wilhelm Roth (* 1937), dem Gegenstand seiner Untersuchung seit Jahren zugeneigt, stellt ästhetische und politische Überlegungen in den Mittelpunkt.

Roth strukturiert sein Buch in elf Kapitel:

1. Direct Cinema und Cinéma Verité. Um 1960: ein Generationswechsel. USA: Direct Cinema. Frankreich: Cinéma Verité. Kanada: Pierre Perrault. Die kritische Aneignung der neuen Technik in Osteuropa. Anfänge des Direct Cinema in der Schweiz und der Bundesrepublik.

2. Lateinamerika – Von der kubanischen Revolution bis zum Putsch in Chile. Kuba: Im Dienste der Revolution. Die kubanische Wochenschau und Santiago Alvarez. Argentinien: Der Kampf um ein authentisches Kino. Uruguay und Venezuela: Flugbalttfilme. Kolumbien: Carlos Alvarez und Marta Rodriguez/Jorge Silva. Chile: das Kino der Unidad Popular. Filme der Solidarität.

3. Mai 68 und Vietnamkrieg – Gegenöffentlichkeit durch Dokumentarfilme. Westberlin: Studentenbewegung und Film. USA: Vietnamfilme – Vom Protest zur Analyse. Dokumente aus Vietnam. Der Pariser Mai: Studenten und Arbeiter.

4. Das Ende des Alltags. Klaus Wildenhahn. Peter Nestler. Methoden der Alltagsbeobachtung. Bundesrepublik: Eine Stimme für die Unterprivilegierten. Schweiz: Minderheiten und Randgruppen. DDR: Porträts und Lebensläufe. Polen, Ungarn, Jugoslawien. USA: Frederick Wiseman. Die Kamera. Die Montage.

5. Politische Arbeit mit Dokumentarfilm. Filmgruppen: Produzenten und Verleiher. Streiks, Fabrikbesetzungen. Filme von Frauen. Minderheiten – Randgruppen der Gesellschaft. Gegen Atomkraftwerke und die Zerstörung der Umwelt. Häuserkampf, Jugendprotest. Exkurs: CSSR 1968, Polen 1980/81.

6. Regionalismus der siebziger Jahre. Filme ethnischer Minderheiten. Der ethnographische Film in Europa. Topographie der DDR. USA: Vermont People und Les Blank. Städte, Stadtlandschaften.

7. Geschichte im Dokumentarfilm der sechziger und siebziger Jahre. Faschismus und „Drittes Reich“. Zwischenbemerkung zur Methode. Erinnerung: Gruppen- und Einzelporträts. Schauplätze der Geschichte. Der spanische Bürgerkrieg. Gegengeschichtsschreibung und „Oral History“. Gegengeschichtsschreibung: Proletarische Tradition/Frauen in der Arbeiterbewegung. Exemplarische Biographien. Gegengeschichtsschreibung in den USA. Von der Momentaufnahme zur Chronik.

8. Dokumentarfilm und Fernsehen. Verfügbarkeit und Allgegenwart. Dokumentarfilm: Neue Impulse fürs Fernsehen? Formen der TV-Dokumentation. Bundesrepublik siebziger Jahre: Restriktionen, neue Ansätze. Hans-Dieter Grabe. Die Wirkung des Dokumentarfilms im Fernsehen.

9. Dokumentarfilm der Dritten Welt – die siebziger Jahre. Lateinamerika: Exil und Solidarität. Palästinenser – Arabische Länder. Dokumentarfilm in Schwarzafrika. Südafrika. Asien: China, Indien, Iran. Indianer: Fremde im eigenen Land. Erste und Dritte Welt. Exkurs: Der Ethnographische Film.

10. Grenzüberschreitungen und Mischformen. Der dokumentarische Essay. Johan van der Keuken. Experimentalfilme. Dokumentarfilme von Spielfilmregisseuren. Christian Rischert. Der dokumentarische Spielfilm. Autobiographisches – Der Mut zum Privaten.

11. Super-8 und Video. Die dokumentarischen Medien der Zukunft? Super-8: Vom Amateurfilm zum Mittel alternativer Medienarbeit. Video: Die Umfunktionierung eines Mediums. Video militant und People’s Video. Die Jugendbewegung.

„An diesem Buch besticht die Genauigkeit, mit der genealogische Linien gezogen und unter verschiedensten Gesichtspunkten immer wieder aufgenommen werden – ebenso wie die Sorgfalt in der Darstellung einzelner Filme und Sequenzen. Roth komprimiert den vielfach aufgefächerten Stoff immer wieder zu monographischen Exkursen, zu Porträts einzelner Regisseure wie Klaus Wildenhahns, Peter Nestlers, Christian Rischerts oder – besonders liebevoll behandelt – der Amerikaner Frederick Wiseman und Les Blank.« (Klaus Kreimeier, Frankfurter Rundschau, 7.5.83).