Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Monats
Juni 2010

Richard Schickel:
Clint Eastwood.
Ich bin nur ein Typ, der Filme macht
Edel, Hamburg 2010
288 S., 49,95 €
ISBN 978-3-941378-58-2

Richard Schickel:
Clint Eastwood.
Ich bin nur ein Typ, der Filme macht

Im Mai ist er achtzig Jahre alt geworden. Was für eine Karriere, was für ein Leben! Seit 55 Jahren gehört Clint Eastwood zum internationalen Film, zuerst als Darsteller, dann auch als Regisseur und Produzent. 1955 spielte er in seinem ersten Film einen Labortechniker in Jack Arnolds Revenge Of The Creature.

1964 wurde er als „der Fremde“ in Sergio Leones Per Un Pugnio di Dollari zum Star. 1971 war er bei PLAY MISTY FOR ME zum ersten Mal sein eigener Regisseur. 1993 gewann er für UNFORGIVEN die ersten Oscars als Regisseur und Produzent. 2005 wiederholte er den Erfolg mit MILLION DOLLAR BABY. Das Double-Feature FLAGS OF OUR FATHERS und LETTERS FROM IWO JIMA (2006) hatte im Perspektivwechsel einen fast experimentellen Charakter. Sein nächster Film, der Thriller HEREAFTER, wird im Oktober uraufgeführt.

Das Buch ist ein schönes Geburtstagsgeschenk. Es wirkt opulent, die Fotos springen ins Auge, manchmal wollen sie uns mit ihrer Größe und Blickkraft einfach überwältigen. Ein übergreifender Essay (Der ganze Weg), eine Vorgeschichte (Wie alles begann) und 54 Texte zu einzelnen Filmen machen deutlich, wie ungewöhnlich diese Karriere verlaufen ist, wie sie auch als Verbindung zwischen Europa und Amerika funktioniert hat und welche Brüche stattgefunden haben, denn es gab natürlich auch Misserfolge, zum Beispiel in den späten achtziger Jahren. Da hatte Eastwood mehr Erfolg bei der Kritik als beim Publikum. Mit UNFORGIVEN begann so etwas wie eine Alterskarriere.

In einem kurzen, sympathischen Vorwort bekennt sich Eastwood zur Tradition des Hollywood-Kinos: „Ich bin ja ein durch und durch amerikanischer Regisseur. Das heißt, meine Wurzeln liegen, wie bei meinen Kollegen auch, im Genrefilm. Die Genreregeln geben Filmen eine gewisse Stärke. Zugleich erlauben sie durchaus, die Grundthemen zu variieren und so einem Film Frische zu verleihen und ihn gewissermaßen neu zu erfinden.“ Das hat Eastwood immer wieder getan, vor allem in den letzten zehn Jahren.

Der Autor Richard Schickel, nur drei Jahre jünger als Eastwood, ist ein vielseitiger Profi, der als Kritiker für Life und Time gearbeitet, TV-Dokumentationen hergestellt und mehr als 30 Bücher publiziert hat. Seine Recherchen sind sorgfältig, ein Musterbeispiel ist in diesem Zusammenhang die Griffith-Biografie von 1984. Mitte der Neunziger hat Schickel eine erste, sehr beeindruckende Eastwood-Biografie verfasst, die ihm auch eine Nähe zu seinem Protagonisten verschaffte. Im neuen Bilderbuch sind seine Texte kurz und präzise, charakterisieren jeweils Genre, Stoff und Rolle, scheuen nicht vor kritischer Relativierung zurück und öffnen den Raum für unsere eigenen Erinnerungen.

Da stellt sich natürlich die nahe liegende Frage: Welches sind denn die persönlichen Lieblingsfilme von Eastwood? Meine Antwort: UNFORGIVEN als später Western, BRIDGES OF MADISON COUNTY als Liebesfilm und MILLION DOLLAR BABY als Frauenporträt. Aber es sind auch ganz andere Antworten möglich.