Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Jahres
1985
Filmbuch des Jahres

James Monaco
American Film Now
Carl Hanser, München, Wien 1985
392 S. (56 DM)
ISBN 3-446-13578-2

James Monaco:
American Film Now

James Monaco (* 1942) hat sich vor allem mit einem Buch um die Filmbildung verdient gemacht: „How to Read a Film“ (1977), deutsch: „Film verstehen“ (1980). Sein Buch über New Hollywood, das erst im zweiten Anlauf auf Deutsch erschien, ist originell und provokant. Für Anhänger von Coppola, Scorsese oder Paul Schrader klingen Monacos Kommentare sicherlich harsch bis zynisch. Aber da das Querdenken nicht zu den Haupteigenschaften der US-amerikanischen Filmliteratur gehört, gebührt dem Buch ein besonderer Platz.

Aus Willi Winklers Rezension in der Süddeutschen Zeitung:

„Mit Spielberg, Scorsese, de Palma und Lucas, die wie ihr bissiger und witziger Beschreiber James Monaco alle um die vierzig sind, hat sich das alte Hollywood den idealen Nachwuchs gezogen, eben Leute, die mit dem Medium aufgewachsen sind und sich selber nichts Schöneres wünschen konnten, als die alten Filme neu zu drehen. Für den Filmhistoriker ist deshalb ‚Nostalgie wahrscheinlich die wesentliche ästhetische Kraft’ im Gegenwartskino. Weil der Film nach Monacos Ansicht seine besten Tage bereits hinter sich hat, bleibt ihm wohl auch nichts anderes übrig, als seine altbewährten Muster zu wiederholen. Monacos Monographie erschien am Ende der bisher letzten Experimentierphase Hollywoods. Mit New Yorker, also europäischen Augen versucht er wenigstens in seinem Buch ein Autorenkino zu etablieren, das sich den europäischen ‚Neuen Wellen’ an die Seite stellen ließe. Robert Altman, Arthur Penn, Paul Mazursky: sie und manche anderen haben als Regisseure ein reflektiertes Verhältnis zum Medium, in all ihren Filmen lassen sich durchgehende Themen feststellen, und sie alle haben negative Erfahrungen mit der Filmindustrie gemacht.

Seit sich aber die Branche immer enger zusammenschließt und auf immer weniger, immer teurere Produkte setzt, die das investierte Kapital mit Sicherheit mehrfach wieder einspielen, schrumpft der Platz für unabhängige, billige Filme; die Regisseure trauen sich an nichts Eigensinniges mehr heran.

Das Kino, das Monaco festhält, gehörte also bereits 1979, als sein Buch zum ersten Mal herauskam, der Geschichte an. Für die im vorigen Jahr in Amerika erschienene Neuauflage hat er ein paar aktualisierende Anmerkungen angefügt, aber mit dem gegenwärtigen Boom der an den Bedürfnissen der Teenager orientierten Filme kann und will Monaco nicht Schritt halten. Wenn man das now im Titel jedoch auf eine Zustandsbeschreibung in den siebziger Jahren bezieht, dann ist ‚American Film Now’ eine solide Informationsquelle. (…)

Das Buch bewährt sich vor allem in seinen Synopsen zu amerikanischen Themen, die manchmal auch Mythen heißen. Das sind dann die einsamen Helden der Landstraße, die Abenteurer, die staunenden Gläubigen, ihre Waffen, Autos, ihre Musik. Auch die Komiker gehören notwendig zu diesem Gefühlshaushalt: ‚Die große amerikanische Filmtradition ist natürlich die Komödie.’ Deshalb werden Woody Allen, Mel Brooks und Neil Simon in ihrer Bedeutung gewürdigt. (…)“ Süddeutsche Zeitung, 24. Juli 1985.