Filmbuch-Rezensionen
Filmbuch des Jahres
2019
Filmbuch des Jahres

Paul Duncan (Hg.)
Alfred Hitchcock
Sämtliche Filme
Köln, Taschen Verlag 2019
688 S., 30,00 €
ISBN 978-3-8365-6681-0

Paul Duncan (Hg.):
Alfred Hitchcock.
Sämtliche Filme

Am 13. August können wir seinen 120. Geburtstag feiern. Alfred Hitchcock (1899-1980) gehört zu den bedeutendsten Regisseuren der internationalen Film­geschichte. Sein Genre war der Thriller, man verbindet ihn mit den Begriffen Suspense und MacGuffin, er hat 53 Filme hinterlassen, die Literatur über sein Leben und Werk ist umfangreich. Im Taschen Verlag ist jetzt, herausgegeben von Paul Duncan, ein 688-Seiten-Buch über sämtliche Filme von Alfred Hitchcock erschienen.

Es gibt keinen Regisseur, über den so viele Bücher publiziert worden sind wie über Alfred Hitchcock. Weltweit sind es inzwischen rund 400: Biografien, Werkanalysen, Bildbände, Monografien, Bücher zu einzelnen Filmen. Die meisten stammen aus den USA, England und Frankreich. Das von Paul Duncan herausgegebene Buch erschien erstmals vor 15 Jahren, war damals aber eine Miniaturausgabe (200 Seiten) verglichen mit der aktuellen Ausgabe zum 120. Geburtstag, die einen Umfang von 688 Seiten hat.

Vom Herausgeber stammen eine 20 Seiten lange Einführung („Die Angst vorm Fallen“) und ein 200 Seiten langer Essay über Hitchcocks Leben und Werk. Drei Phasen werden hier periodisiert: 1925-1939 („Ein junges Genie“), 1940-1954 („Der Typ, der Dein Vertrauen in dieses ganze lausige Geschäft wiederherstellt“), 1954-1976 („Ein wahrer Meister“). Der Text konzentriert sich auf wesentliche Aspekte, liefert Fakten zu Produktion und Rezeption, führt uns – begleitet von vielen Abbildungen – durch Hitchcocks Leben und Werk.

Der Hauptteil (440 Seiten) ist den 53 Filmen gewidmet, die auf jeweils sechs bis zehn Seiten beschrieben werden. Zwölf Autorinnen und Autoren sind hier für die Texte verantwortlich, darunter Philipp Bühler, Jörn Hetebrügge, Heinz-Jürgen Köhler, Eckhard Pabst, Burkhard Röwekamp, Alain Silver und Elizabeth Ward. Die Beschreibungen sind konkret, die Bewertungen fokussiert auf Höhepunkte.

Jedem der 53 Filme ist ein Kasten mit einem Personenporträt (beginnend mit der Ehefrau Alma Reville, wichtigen Darstellerinnen und Darstellern, Autoren, Kameraleuten, Produzenten) oder einem Kurzessay zu einem Sachthema zugeordnet. Die zehn Themen sind: Hitchcock und der Film Noir, Verfilmung von Theaterstücken, Hitchcock und der Walzer, Begrenzte Schauplätze, Wahre Verbrechen, Romanverfilmungen, Hitchcock und die Komik, Suspense, Hitchcock und seine Spione, Cameo.

Auch der Hauptteil ist von Abbildungen dominiert, die eine hervorra-gende Qualität haben. Zu jedem der 53 Filme gibt es eine Plakatrepro-duktion.

Der Anhang enthält eine Bildstrecke zu den Cameo-Auftritten von Hitchcock und eine Bibliografie ausgewählter Hitchcock-Publikationen aus dem englischsprachigen Bereich.

Paul Duncan (* 1964) ist ein renommierter Filmhistoriker, der für den Taschen Verlag bereits zahlreiche Bücher herausgegeben hat, zuletzt „Das Star Wars Archiv“, davor u.a.: „Das James Bond Archiv“, „Das Pedro Almodóvar Archiv“, „Film Noir“, „Stanley Kubrick: Sämtliche Filme“. Seine Professionalität und sein Fleiß als Autor und Herausgeber sind beeindruckend. Mit dem aktuellen Hitchcock-Buch ist ihm aus meiner Sicht eine Basis-Publikation gelungen, die ich sicherlich zur Hand nehme, wenn ich mich über einen Film gezielt informieren möchte. Die Verfügbarkeit der Hitchcock-Filme auf DVD und Blu-ray ist sehr groß. Mal sehen, zu welchem Titel ich demnächst greife. Vielleicht zum ersten Hitchcock-Film, den ich in meinem Kinoleben gesehen habe: ICH KÄMPFE UM DICH (1945) mit Ingrid Bergman und Gregory Peck, vor 65 Jahren, im Juni 1954.

Coverfoto: Hitchcock auf dem Set von PSYCHO. Wenn man den Schutzumschlag entfernt, verbirgt sich dahinter eine Grafik von Robert Nippoldt zu dem Film DIE VÖGEL.

Vor zwanzig Jahren, zum 100. Geburtstag, sind einige noch immer lesenswerte Bücher über Alfred Hitchcock erschienen. An erster Stelle ist hier der Klassiker „Mr. Hitchcock, wie haben Sie das gemacht?“ von François Truffaut zu nennen, der, übersetzt von Frieda Grafe und Enno Patalas, herausgegeben von Robert Fischer, in erweiterter Fassung 1999 im Diana Verlag publiziert wurde. Lars-Olav Beier und Georg Seeßlen haben damals ihr Hitchcock-Buch bei Bertz + Fischer ediert, es versammelte Aufsätze von 48 Autorinnen und Autoren, darunter auch einige kritische Beiträge und eine Generalabrechnung von Ulrich von Berg. Klein, aber fein: das Hitchcock-Buch von Enno Patalas bei dtv. Voluminös und provokant: die Biografie von Donald Spoto bei Piper: „Alfred Hitchcock: Die dunkle Seite des Genies“. Vor sechs Jahren hat Robert Fischer im Alexander Verlag die erste deutsche Übersetzung des Hitchcock-Buches von Éric Rohmer und Claude Chabrol herausgegeben, das in Frankreich 1957 erschienen ist. Im Frühjahr ist bei Schirmer/Mosel das schöne Buch „Hitchcock’s Blondes“ von Thilo Wydra publiziert worden. Es wird auch in Zukunft neue Bücher über den Regisseur geben, weil das Interesse an ihm offenbar nicht erlischt.

Mehr zum Buch von Paul Duncan: alfred_hitchcock_saemtliche_filme.htm