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06. Januar 2022

Falladas letzte Liebe

Hans Fallada (eigentlich: Rudolf Ditzen) war ein erfolgreicher Schriftsteller, dessen erste Romane „Bauern, Bonzen, Bomben“ und „Kleiner Mann – was nun?“ 1931 und 32 erschie-nen. Er konnte auch in der NS-Zeit publizieren. Über sein Leben von 1945 bis zu seinem Tod im Februar 1947 hat Michael Töteberg einen Roman geschrieben, der jetzt im Aufbau Verlag erschienen ist. In dokumentarischer Form werden die materiellen und gesundheitlichen Krisen, die persönlichen und schriftstellerischen Hoffnungen erzählt. In zweiter Ehe mit der sehr viel jüngeren Ursula Losch, genannt Ulla, verheiratet, begleitet das Paar eine Morphiumsucht, die zu schweren Auseinandersetzungen, Entzugskuren und Rückfällen führt. Im September 1945 aus der Provinz nach Berlin zurückgekehrt, wohnen sie zunächst in der Meraner Straße in Schöneberg, dann in Pankow, Eisenmengerweg 19. Krankenhaus- und Kuraufenthalte unterbrechen immer wieder die Kontinuität. Vermittelt durch Johannes R. Becher wird Fallada Mitglied des „Kulturbunds zur demokratischen Erneuerung Deutschlands“, kann Texte in der Täglichen Rundschau veröffentlichen und hat Verbindungen zum neu gegründeten Aufbau Verlag. Es entstehen Buchprojekte, die häufig verändert werden. Seine Romane „Alpdruck“ und „Jeder stirbt für sich allein“ schreibt Fallada trotz gesundheitlicher Probleme. Sie werden posthum publiziert. Der Briefwechsel mit seiner Mutter, seiner Exfrau Anna, genannt Suse, seinem früheren Verleger Ernst Rowohlt, auch mit Ulla, wenn sie örtlich getrennt sind, ist rege. Falladas Sohn Ulrich und Ullas Tochter Jutta wohnen bei ihnen und sind Zeugen heftiger Konflikte. Weil Honorare ausbleiben und Ulla zu viel Geld ausgibt, müssen immer wieder Schulden gemacht werden. Die Freundschaft mit Becher ist hilfreich. Töteberg macht uns zu Augenzeugen individueller Schicksale und vermittelt gleichzeitig eine Momentaufnahme der kulturellen Situation in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Das ist spannend, bewegend und informativ. Unbedingt lesenswert. Mehr zum Buch: falladas-letzte-liebe/978-3-351-03894-6