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21. Juni 2022

Tod im Kino

Eine Dissertation, die an der Technischen Universität Braunschweig entstanden ist. Christoph Seeliger untersucht darin „indexikalisches Sterben in ikonisch-symbolischen Ordnungen des kinemato-graphischen Diskurses“. Es geht um den Tod von Menschen und Tieren seit der Geburt des Films bis in die jüngste Zeit in dokumentarischer und fiktionaler Form. Die erste Leiche auf einer Leinwand war eine Königin in THE EXECUTION OF MARY, QUEEN OF SCOTS (1895), einem 20-Sekunden-Film. Edwin S. Porter ließ die Hinrichtung eines zum Tode Verurteilten in EXECUTION OF CZOLGOSZ 1901 vor der Kamera simulieren und filmte den Tod des Zirkuselefanten Topsy 1903 real in ELECTROCUTING AN ELEPHANT. Für die 1920er und frühen 30er Jahre sind die Kaninchenjagd in LA RÈGLE DU JEU von Jean Renoir, der Tod eines Stieres in STREIK von Sergej Eisenstein und die Tiertode im Dschungel in TRADER HORN von W. S. Van Dyke exemplarisch. Ein eigenes Kapitel ist Todesszenen im Exploitation-Kino gewidmet. Zu den indexikalischen Todesszenen der 1960er bis 80er Jahre gehören vor allem Beispiele aus italienischen Kannibalenfilmen. Dann richtet sich der Blick des Autors auf ästhetische Praktiken zur (Selbst-)Reflexion indexikalischer Todes- und Totendarstellung, endend mit dem Film als Sterbebegleitung in LIGHTNING OVER WATER von Wim Wenders und Nicholas Ray über den krebskranken Ray. Das letzte Kapitel handelt von indexikalischen Todesszenen zwischen analoger Tradition und digitaler Emanzipation. IS-Exekutionsvideos machen die Sichtbarkeit des Terrors deutlich. Die wissenschaftliche Absicherung der Arbeit dokumentiert sich in 1.857 Quellenverweisen. Die Filmbeschreibungen sind sehr konkret. Zehn Abbildungen im Anhang. Der Text leistet Grundlagenarbeit. Mehr zum Buch: buechner-verlag.de/buch/tod-im-kino/