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13. Oktober 2021

Die Nibelungen

Das literarische Spiel von Felicitas Hoppe mit den Nibelungen findet auf vielen Ebenen, in unterschiedlichen Zeiten und mit häufigen Perspektivwechseln statt. Der Untertitel des Romans heißt „Ein deutscher Stummfilm“ und verweist auf den zweiteiligen Film von Fritz Lang aus dem Jahr 1924. Aber Schauplatz ist überwiegend die Freilichtbühne der Nibelungenfestspiele in Worms, wo „Frau Kettelhut“ Regie führt. Sie könnte eine Enkelin des Filmarchitekten Erich Kettelhut sein, der mit Fritz Lang zusammengearbeitet hat. Im Nachspann des Romans hat Quentin Tarantino einen Credit für die Dramaturgie. In seinem Western DJANGO UNCHAINED gibt es Hinweise auf die Nibelungen. Das Personal des Romans teilt sich zwischen Darstellung und Rollen. Wir erleben den Grünen Jäger Siegfried und seinen Widersacher Hagen, die deutsche Superwitwe Kriemhild und ihren Grünen Zwilling Brunhild, ihre Mutter Königin Ute, das dreifache G (Gunther, Gernot und Giselher), König Etzel („Die große Null“), Dietrich von Bern („Der größte Held von allen“) und die Tarnkappe, den Zwerg Zorn. Alle werden auf der Wormser Bühne von Schauspielerinnen und Schauspielern dargestellt, die zwischen den Akten Interviews geben sollen, obwohl sie lieber Ruhe hätten. Drei Großkapitel liefern die Struktur: „Der Rhein“, „Die Donau“ und „Die Klage“. Am Ende sind fast alle tot. Die Hauptfigur ist „Die Goldene Dreizehn“, die personifizierte Verkörperung des Schatzes, um den hart gekämpft wird. Er trägt das Gold in sich. Felicitas Hoppe spielt mit dem Stoff, sie arbeitet mit Assoziationen und Imaginationen, das macht die Lektüre nicht leicht. Gelegentlich wird aus der Prosaübertragung des Nibelungenliedes von Uwe Johnson zitiert. Ihm ist der Roman gewidmet. Ich finde ihn höchst lesenswert. Mehr zum Buch: felicitas-hoppe-die-nibelungen-9783100324580