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06. Juni 2021

DIE REISE NACH LYON (1981)

Vor vierzig Jahren wurde der Film von Claudia von Alemann im Internationalen Forum des jungen Films der Berlinale uraufgeführt. Seine herausragenden Qualitäten haben sich in keiner Hinsicht verringert. Die Reise nach Lyon wird von der jungen deutschen Historikerin Elisabeth unternommen. Sie ist auf der Spurensuche nach der Sozialistin und Feministin Flora Tristan, die im frühen 19. Jahr-hundert eine Weile dort gelebt hat. Mit einem Kassettenrekorder durchquert sie die Stadt, ihre Wahrnehmungen sind subjektiv, haben nichts mit der Rekonstruktion der Geschichtswissenschaft zu tun, wie sie ihr von einem ortsansässigen Professor nahegelegt wird. Flora Tristans Tagebuch ihrer letzten Lebensmonate ist für Elisabeth ein wichtiger Begleiter. In einem Restaurant erzählt ihr die Wirtin von den Judenmassakern, die sie selbst miterlebt hat. Am Nebentisch montiert eine Frau Zeitungs-ausschnitte mit inhaltlichen Zusammenhängen. So erlebt Elisabeth die unterschiedlichsten Perspektiven der Wahrnehmung von Geschichte und Gegenwart und erinnert sich selbst an ihre Kindheit und Jugend, an Lieder, Gedichte, Märchen, die in verschiedenen Sprachen erklingen. Am Ende steht sie auf dem Bahnhof von Lyon, der sich verändert hat. Die Bildeinstellungen des Films sind meist lang und immer sorgfältig positioniert (Kamera: Hille Sagel). Herausragend: Musik (Frank Wolff) und Ton/Geräusche. Rebecca Pauly als Elisabeth hat eine große Präsenz auf ihren Wegen durch Lyon. Für die DVD wurde der Film digital restauriert. Die Supervision lag bei Martin Koerber/Deutsche Kinemathek. Zu sehen sind die deutsche und die französische Fassung. Das dreisprachige Booklet enthält u.a. einen beeindruckenden Text von Philippe Roger. „Edition filmmuseum“ Nr. 118. Unbedingt sehenswert. Mehr zur DVD: p200_Die-Reise-nach-Lyon.html