Aktuelles
06. Mai 2021

Sex – richtig!

Eine Habilitationsschrift, die an der Humboldt Universität zu Berlin entstanden ist. Anja Lau-kötter untersucht darin Körper-politik und Gefühlserziehung im Kino des 20. Jahrhunderts. Sexuelle Aufklärung durch Filme gehörte schon früh zu den Aufgaben der Lichtspieltheater. Medizin, Pädagogik und Psy-chologie, aber auch politische und soziale Veränderungen haben die Formen der Filme beeinflusst. Im Ersten Weltkrieg sollten Bilder von Syphilis-Erkrankungen den Soldaten Angst einflößen. Die vierteilige Spielfilmserie ES WERDE LICHT (1916-18) von Richard Oswald gilt als einer der ersten Aufklärungs-filme. Auch in der Weimarer Republik wurde programmatisch aufgeklärt. Ein Schlüsselfilm ist hier FALSCHE SCHAM (1926) von Rudolf Biebrach. Oft gab es begleitende Vorträge. In der NS-Zeit stand die männliche Sexualität im Zentrum, in den Frontkinos wurde der UFA-Dokumentarfilm EIN WORT VON MANN ZU MANN (1941) von Alfred Stöger vorgeführt. In der Besatzungszeit sollte vor allem die junge Generation aufgeklärt werden. Der DEFA-Film STRASSEN-BEKANNTSCHAFT (1948) von Peter Pewas wurde in allen vier Zonen gezeigt. In der Bundesrepublik initiierte die Bundesgesundheits-ministerin Käte Strobel 1966 den Film HELGA – VOM WERDEN DES MENSCHLICHEN LEBENS von Erich F. Bender, der viele Millionen Zuschauer hatte und in alle Welt verkauft wurde. Dann kamen die acht OSWALD KOLLE-Filme (1968-1972) und die 13 Folgen des SCHUL-MÄDCHEN-REPORTS (1970-1980), die ihr Thema relativ trivial variierten. Die Angst vor AIDS in den 1980er Jahren führte zu einer neuen Filmwelle der speziellen Aufklärung. In der DDR wurde sehr vielseitig aufgeklärt, eine große Bedeutung hatte hier die Serie BEZIEHUNGEN ZWISCHEN JUNGEN UND MÄDCHEN von Götz Oelschlägel (1963-65). Auch in den 80er Jahren entstanden erfolg-reiche Lehrfilme wie GESCHLECHTSKRANKHEITEN (1982) von Johannes Weiße oder GESCHLECHTSORGANE (1983) von Wolfgang Heyer. Mit dem AIDS-Film LIEBE OHNE ANGST (1989) von Franz Rinnelt endet die Analyse der Aufklärungsfilme. Die Autorin hat hervorragend recherchiert, ihre Erkenntnisse sind weitreichend, ihre Beschreibungen anschaulich. Das 544-Seiten-Buch ist ein Basiswerk zum Thema Aufklärungsfilm. Mehr zum Buch: 9783835338982-sex-richtig.html