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27. Mai 2021

Aufbruch ins Ungewisse

Er war einer der herausragen-den kritischen Journalisten in der Bundesrepublik, beginnend 1957 als politischer Redakteur der Neuen Ruhr-Zeitung, endend 1991 als ARD-Korrespondent in London mit seiner Pensionierung. Jetzt hat Peter Merseburger (*1928) seine Lebenserinnerungen publiziert. Geboren in Zeitz in Sachsen-Anhalt wurde er mit 15 Jahren Luftwaffenhelfer, erlebte die Befreiung durch die Alliierten als Geschenk zum 17. Geburtstag, studierte zunächst in Halle, dann in Marburg, wurde Mitglied des SDS, arbeitete zwei Jahre als „Cultural Advisor“ in Korbach, volontierte bei der Hannoverschen Presse in der Lokal- und Feuilleton-Redaktion und bekam seine erste feste Stelle in Essen. Das Private spielt in seinen Erinnerungen nur am Anfang eine Rolle, zunehmend gewinnt das Politisch-Historische an Bedeutung, es werden die Biografien vieler Wegbegleiter skizziert und zentral die Verhältnisse der Jahrzehnte rekapituliert, der fünfziger, sechziger, siebziger, achtziger Jahre. Am 1. Januar 1960 begann Merseburger als Redakteur beim Spiegel und leitete das Berliner Büro. Der Mauerbau fand im August 61 statt, Willy Brandt und Egon Bahr wurden zu den wichtigsten Protagonisten. 1962, bei der Spiegel-Affäre, befand sich Merseburger gerade in Kuba und hatte Schwierigkeiten zurückzukommen. 1963 wechselte er nach Brüssel und bekam einen Einblick in europäische Zusammenhänge. Mit der Übernahme der Leitung und Moderation des Fernsehmagazins Panorama 1967 als Nachfolger von Joachim Fest begann die wohl schwierigste Zeit für Merseburger. „Auf dem Feuerstuhl“ heißt das 64-Seiten-Kapitel, es gibt einen tiefen Einblick in die Machtstruktur des NDR mit vielen Konfliktbeispielen. Nach neun Jahren beendete er den Job und wurde ARD-Korrespondent in Washington D.C. (1977-82), Ost-Berlin (1982-87) und London (1987-91). Auch diese Lebensphasen hatten spannende Momente, die wirkungsvoll erzählt werden. Im Ruhestand hat Merseburger in den letzten Jahren Biografien über Kurt Schumacher, Willy Brandt, Rudolf Augstein und Theodor Heuss publiziert. Das spart er in seinen Erinnerungen aus, die mit dem Jahr 1991 enden. Sie sind sehr lesenswert. Mehr zum Buch: Peter-Merseburger/DVA-Sachbuch/e534340.rhd