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28. April 2020

Eisenstein, Bazin, Kracauer

Hartmann Schmige (*1944) ist erfolgreicher Drehbuchautor und schreibt Kriminalromane. Er hat sein Studium der Publizistik an der FU Berlin mit einer Magisterarbeit zur Theorie der Filmmontage abge-schlossen, die 1974 vom Medien-laden Hamburg publiziert wurde und seit langem vergriffen ist. Jetzt ist sie als Print- und E-Book wieder verfügbar und erweist sich auch nach fast fünfzig Jahren als noch immer sehr lesenswerte Einführung ins Thema Filmmontage. Ein erstes Kapitel ist der Herausbildung filmischer Erzähltechniken im amerikanischen Film gewidmet, fokussiert auf Edwin S. Porter und David Wark Griffith. Sergej Eisensteins Kritik an Griffith führt uns – ideologisch und ästhetisch – in die kulturrevolutionäre Bewegung der Sowjetunion der 20er Jahre, die kurz skizziert wird. Das Hauptkapitel beschreibt die Entwicklung der Montageformen bei Eisenstein von den ersten Theaterarbeiten über die Filme STREIK, PANZERKREUZER POTEMKIN und OKTOBER bis zu DAS ALTE UND DAS NEUE. Die inhaltlichen Darstellungen und formalen Analysen inklusive der Rezeption sind konkret und nachvollziehbar. Zwei weitere Kapitel richten den Blick auf die Kritik von André Bazin und Siegfried Kracauer an Eisensteins Montage, die vom Autor sehr differenziert bewertet wird. In dem Resümee „Glaube an das Bild oder Glaube an die Realität?“ sind am Ende „Abschließende Betrachtungen zu einer falschen Alternative“ zu lesen. Hier sind insbesondere die Verweise auf die Tiefenschärfe sehr aufschlussreich. Auch wenn sich inzwischen vor allem technologisch viel verändert hat, hat der Text noch immer einen hohen Erkenntniswert. – Im Wintersemester 1967/68 hat Hartmann das von mir geleitete Proseminar „Untersuchungen zur Filmliteratur“ besucht und eine Arbeit über das Buch „Das Lichtspiel. Wesen, Dramaturgie, Regie“ von Victor Pordes (1919) geschrieben. Meine Bewertung war damals 2-. Die Magisterarbeit beweist, dass er am Institut noch viel gelernt hat. Mehr zum Buch: 1581013280&sr=8-1