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01. September 2017

Der Himmel über Westberlin

Er war ein sensibler Zahnarzt, in seiner Praxis am Lehniner Platz hingen beeindruckende Kunstwerke, zu seinen Patien-ten gehörten Schriftsteller, Maler und Regisseure, in seinen Praxisgästebüchern haben sich viele von ihnen verewigt. Jetzt hat Anatol Gotfryd (*1930) seine Autobiografie veröffentlicht. Sein Erinnerungsvermögen ist bewundernswert, beginnend mit seiner Kindheit in dem kleinen ostgalizischen Städtchen Jablonow, in das 1939 die Rote Armee einmarschierte und zwei Jahre später die deutschen Soldaten. Über sein Leben zwischen 1942 und 1945 hat Gotfryd ein eigenes Buch geschrieben, „Der Himmel in den Pfützen“ (2005). Jetzt steht die Zeit ab 1958 im Mittelpunkt, als er mit seiner Frau Danka nach Westberlin kam, zunächst in einer Klinik arbeitete und im Oktober 1962 die Praxis am Kurfürstendamm eröffnete. Ohne Eitelkeit erzählt er von seinen vielen prominenten Patienten, zu denen die Künstler Johannes Grützke, K. H. Hödicke, Markus Lüpertz und Heinz Otterson, die Künstlerinnen Maria Lassnig und Rebecca Horn, die Schriftsteller Günter Grass, Heiner Müller und George Tabori, die Regisseure Peter Stein und Peter Zadek, der Architekt Werner Düttmann und der Boxer Bubi Scholz gehörten. Seine Praxis ist nur einer der vielen Schauplätze, die Stadt Berlin insgesamt ist vor allem mit kulturellen Erlebnissen präsent und zwischendurch wird auch verreist. Eine schöne Geschichte ist seine Vermittlung zwischen drei seiner Patienten bei der Planung der künftigen „Schaubühne am Lehniner Platz“ 1981, zwischen dem Kultursenator Dieter Sauberzweig, dem Theaterdirektor Jürgen Schitthelm und dem Architekten Jürgen Sawade, die sich am Ende über Preisvorstellungen und Gebäudegestaltung einigen konnten. Meine Frau Antje war längere Zeit Patientin bei ihm, ich nur ein Jahr, dann ging er leider in den Ruhestand. Mehr zum Buch: der-himmel-ueber-westberlin.html