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18. April 2017

„Ein wenig Leben“

HB Yanagihara_25471_MR1.inddMeine Lektüre über Ostern war kein Filmbuch, sondern der Roman „Ein wenig Leben“ von Hanya Yanagihara, ein Geschenk meines Freundes Rosa von Praunheim. Ich habe die fast tausend Seiten wie im Sog gelesen, auch wenn man zwischendurch Pausen einlegen muss, weil die Selbstzerstörung der Hauptfigur Momente hat, die kaum auszuhalten sind. Erzählt wird die Geschichte von vier Männern, die seit ihrer College-Zeit befreundet sind: Jude St. Francis, der später Anwalt wird, Willem Ragnarsson, der als Schauspieler Karriere macht, Malcolm Irvine, der ein gefragter Architekt wird, und Jean-Baptiste Marion (genannt JB), der als Maler den Lebensweg seiner Freunde begleitet. Im Mittelpunkt des Romans steht Jude, eine charismatische Schmerzensfigur, der von Kindheit an zu leiden hat, dies mit zunehmender Verzweiflung und Hoffnung übersteht, aber niemandem seine schrecklichen Erlebnisse und Erfahrungen berichten kann. Die Geschichten der vier Protagonisten werden nicht chronologisch erzählt, sie beginnen, als sie 27 Jahre alt sind, sie enden rund 30 Jahre später, nur einer von ihnen überlebt. Verwandte und Freunde begleiten sie durch die Zeit, der Arzt Andy spielt eine wichtige Rolle, Jude wird von einem älteren Paar adoptiert, Willem wird zum Lebensgefährten von Jude. Wichtigster Schauplatz ist New York, aber mehr geografisch als zeitgeschichtlich, der 11. September kommt nicht vor. Am Rande spielt auch der Film eine Rolle, denn der Schauspieler Willem wird zum Star, dreht oft in Europa und muss Jude dann allein lassen; seine Arbeit wird sehr anschaulich beschrieben. Die Übersetzung von Stephan Kleiner liest sich gut, das Titelfoto stammt von Peter Hujar, der Roman hat große Qualitäten. Mehr zum Buch: ein-wenig-leben