12. April 2017
Der Pakt
Die amerikanische Ausgabe des Buches („The Collaboration“) erschien im Herbst 2013. Ben Urwand (*1977) hat sich mit spürbarer Leidenschaft in sein Thema vertieft, und sein Buch hat zumindest eine Qualität: es stellt Fragen an das Verhalten der Studiobosse in Hollywood in den 1930er Jahren, die bisher gern tabuisiert wurden. In der Beantwortung dieser Fragen bleibt Urwand allerdings oft vage und hypothetisch, weil es große Lücken in den schriftlichen Quellen gibt. Seine These, dass Hollywood in den 1930er Jahren aus wirtschaftlichem Interesse mit den Nazis „kollaboriert“ hat, klingt provokant, lässt viele differenzierte Aspekte außer Acht und hat natürlich sogleich heftigen Widerspruch ausgelöst. Die sechs Kapitel haben eher lakonische Titel: „Hitlers Filmobsession“, „Auftritt: Hollywood“, „’Gut’“, „’Schlecht’“, „’Abgebrochen’“ (das bezieht sich auf Hitlers Reaktionen bei internen Vorführungen) und „Film ab“. Urwand hat ausführlich recherchiert; es gibt insgesamt 980 Zitate und Quellenverweise. Zwei Schlüsselfiguren sind der damalige deutsche Konsul in Los Angeles, Georg Gyssling, und der Leiter der amerikanischen Production Code Administration, der sehr konservative Joseph I. Breen, ein ausgewiesener Antisemit. Ihr Zusammenspiel hatte sicherlich fatale Folgen, denn Gyssling wurden neue Produktionen oft zur Begutachtung vorgeführt, und er konnte seine Vorbehalte offenbar erfolgreich vermitteln. Hierfür gibt es allerdings selten belastbare Dokumente, denn meist wurden Entscheidungen im Produktionsprozess telefonisch oder in internen Sitzungen vermittelt. So behilft sich der Autor oft mit der Einschränkung „wahrscheinlich“ oder „vermutlich“. Urwand dokumentiert natürlich den deutschen Zensurkampf um ALL QUIET ON THE WESTERN FRONT, der auch Auswirkungen auf die Fassungen anderer Länder hatte. Interessant ist seine ausführliche Schilderung der erfolgreichen Versuche, die Verfilmung des satirischen Romans „It Can’t Happen Here“ von Sinclair Lewis zu verhindern. Was leider fehlt, sind konkrete Zahlen für den wirtschaftlichen Erfolg der amerikanischen Filme in Deutschland. Man weiß, dass vor allem die Komödien sehr viele Zuschauer hatten. Aber man weiß nicht, um wieviel Geld es bei der Connection zwischen Deutschland und den Hollywood-Studios im Kern ging. Die deutsche Übersetzung liest sich oft sehr holperig. Mehr zum Buch: der-pakt-1017659-001–3