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20. November 2016

CYANKALI (1930)

2016-dvd-cyankaliDer Arzt und Schriftsteller Friedrich Wolf schrieb 1929 das Theaterstück „Cyankali“: ein Plädoyer für die Abschaffung des § 218, der jede Abtreibung als „Verbrechen wider das keimende Leben“ einstufte und sie auch in Notlagen untersagte. Das Stück wurde Anfang 1930, in der Übergangszeit vom Stumm- zum Tonfilm, von dem Regisseur Hans Tintner verfilmt, die Uraufführung fand bereits im Mai 1930 statt, aber es gab danach mehrfach Eingriffe der Zensur und Verbote, der Film verschwand relativ schnell aus den Kinos. Er ist – wenn man sich jetzt die bei absolut MEDIEN erschienene DVD anschaut – ein interessantes Dokument der Zeit. Hauptfigur ist die als Bürokraft in einer Fabrik angestellte Hete Fent (gespielt von Grete Mosheim), die ein Kind von dem Arbeiter Paul erwartet und nach einem misslungenen Streik und der Aussperrung der Belegschaft keine Perspektive für eine Familie sieht. Sie geht den Weg der Abtreibung mit vielen Stationen, der mit ihrem Tod endet. Über weite Strecken dominieren Elemente des Stummfilms – mit Musik und Zwischentiteln – erst am Ende, in den dramatischen Auseinandersetzungen mit Arzt und Polizeikommissar, gibt es Dialogpassagen. Die Bilder (Kamera: Günther Krampf) haben eine große Stärke, die Musik (Willy Schmidt-Gentner) verstärkt die dramatischen Momente. Mit 90 Minuten Länge ist bei der Rekonstruktion viel erreicht worden, die technische Qualität ließe sich wohl noch verbessern. Die Edition ist dem Filmmuseum Potsdam zu verdanken. Auf einer zweiten DVD kann man sich den TV-Film CYANKALI ansehen, der 1977 von Jurij Kramer für das Fernsehen der DDR realisiert wurde. Hier spielt Renate Krößner die Hete, Rolf Römer, Annekathrin Bürger und Horst Hiemer sind in Nebenrollen zu entdecken. Zum Bonusmaterial gehört eine 60-Minuten-Diskussion zu Wolfs „Cyankali“, die am Tag nach der Ausstrahlung des Fernsehspiel im DDR-Fernsehen stattfand. Für das sehr informative Booklet ist Guido Altendorf verantwortlich. Mehr zur DVD: film/3010/Cyankali