09. Oktober 2016
SCHATTEN (1923)
Eine nächtliche Halluzination. Ein Graf gerät in wahnhafte Eifersucht, eine Abendgesell-schaft lässt sich von einem Schattenspieler verzaubern. Das Spiel endet tragisch: mit Mord und Totschlag. Aber in der Realität erweist sich die Ehefrau als treu, und die männlichen Gäste verlassen am Ende den Schauplatz in der Gewissheit, dass dort ein glückliches Paar lebt. Die Idee, die Bauten und Kostüme stammen von Albin Grau, die beeindruckenden Bilder von Fritz Arno Wagner. Der Regisseur Arthur Robison realisierte diesen Stummfilm ohne Zwischentitel. Lotte H. Eisner schreibt in ihrem Buch „Die dämonische Leinwand“: „Die Zweideutigkeit der Schatten hat in diesem Film einen Freudschen Sinn: der kleine Taschenspieler läßt die Schatten der Handelnden verschwinden und öffnet so die Schleusen all ihrer geheimsten Begierden. Jene Phantasmagorie wird bedeutungsschwer: die Schatten treten an die Stelle der Lebenden. Die während des Schauspiels zu leblos erstarrten Zuschauern ihres eigenen Geschicks werden; die Phasen ihrer Existenz, die sich zu Beginn des Films mit einem schweren Ritardando abgerollt haben, scheinen sich zu überhasten, einem tödlich verlaufenden Ende zuzustürzen. (…) SCHATTEN ist ein Film voller Erotik. Aber Robison verwendet das Kerzenlicht, das den in ein leichtes Directoiregewand gehüllten Körper der jungen Frau durchschimmern läßt, niemals vulgär, selbst dann noch, wenn er den Kandelaber von dem diesmal ahnungslosen Gatten halten läßt. Robison hat die enganliegende Tracht der ‚Merveilleuses’ und ‚Incroyables’ sichtlich gewählt, um die erotische Atmosphäre des Films zu intensivieren. Dank einer fast animalisch anmutenden Vitalität sind die Gestalten seines Films weit entfernt von der abstrakten Konvention, die der Expressionismus auferlegt hat. Die junge Frau wirkt mit jedem Biegen ihrer Hüften, der gerundeten Gebärde ihres Arms als die personifizierte Versuchung und Hingabe, als eine ewige Eva.“ (S.134/135). Mit Ruth Weyher, Fritz Kortner, Gustav von Wangenheim und Alexander Granach. Die neue Musik stammt von Johannes Kalitzke. Die DVD ist bei Absolut Medien erschienen. Mehr zur DVD: film/3009/Schatten