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24. Mai 2016

Ein letztes Wort zum Kino

2016.Letztes Wort zum KinoDer französische Comic-Autor Blutch (eigentlich: Christian Hincker, * 1967) hat seine sehr persönliche Kinogeschichte vor fünf Jahren publiziert, jetzt ist sie bei Reprodukt auf Deutsch erschienen. Schauspielerinnen und Schauspieler tauchen aus der Erinnerung auf, aber auch Regisseure und vor allem: Film-szenen, die in den Zeichnungen auf den entscheidenden Punkt gebracht werden. Es beginnt mit der Nachricht vom Tod von Paul Newman und endet mit Michel Piccolis Ankündigung „Hier steige ich aus.“ Dann fährt ein Zug in einen Tunnel. Wir sehen Jean-Luc Godard in einer Industriehalle beim Angeln, aber die Fische verrotten, wenn er sie aus dem Wasser zieht. Wir sehen als Porträt von Luchino Visconti „Fragmente aus dem Leben des Künstlers in sieben Vignetten“. Wir sehen eine Meditation über Burt Lancaster von seiner Jugend bis ins Alter; sein Dialog mit Claudia Cardinale in IL GATTOPARDO ist als Altersvision formuliert, und auf einer Seite sind zwanzig Lancaster-Gesichter in Filmen von zwanzig Regisseuren gezeichnet, von Siodmak bis Peckinpah. Im Kapitel „Frau im Film“ fragen u.a. Marilyn Monroe, Brigitte Bardot, Anita Ekberg, Carol Baker, Rita Hayworth, Betty Grable und Ava Gardner ihre Partner ob ihnen ihre Beine, ihr Po, ihre Brüste, ihre Arme, ihr Gesicht, ihr Mund, ihre Augen gefallen, und ein Kinozuschauer antwortet: „Ja, alles!“. King Kong und Tarzan sind präsent, die Missetaten von Kirk Douglas sehen bedrohlich aus, und aus dem imaginären Museum meldet sich Orson Welles mit der Botschaft: „… die Gefahr beim Film ist, dass Sie dank der Kamera alles sehen, alles ist da. Es gilt, das zu beschwören und hervorzukehren, was eigentlich nicht sichtbar ist…“ Die Personen kommen und gehen in diesem Panoptikum der Filmgeschichte wie es dem Autor beliebt. Und Blutch fungiert dabei als Stichwortgeber. Alles ist in seinem Kopf entstanden und wurde von ihm gezeichnet. Ein starkes Bilderbuch. Mehr zum Buch: ein-letztes-wort-zum-kino/