Aktuelles
13. Oktober 2015

Berliner Theatertagebücher 1991-96

2015.EinheitMichael Eberth (*1943) war Dramaturg an Theatern in Frankfurt, Köln, München und Wien. Er hatte in den 1980er Jahren bei acht Produktionen eng mit dem Regisseur Thomas Langhoff zusammengearbeitet. Als Langhoff 1991 die Inten-danz des Deutschen Theaters in Berlin übernimmt, macht er Eberth das Angebot, sein Chefdramaturg zu werden. Der verabschiedet sich aus seiner Dramaturgen-Position am Burgtheater (Intendant Claus Peymann sagt zu ihm: „Lebensfehler“) und geht nach Berlin. Unter dem Titel „Einheit“ hat Michael Eberth jetzt seine Berliner Theatertagebücher der Jahre 91 bis 96 publiziert. Sie sind eine selbstkritische Bilanz dieser Zeit und ein gnadenloser Blick ins Innere einer Kulturinstitution, die damals noch von DDR-Mentalitäten beherrscht war. Eberths bis dahin freundschaftliche Kooperation mit Langhoff gerät schnell aus dem Gleichgewicht. Er fühlt sich in der neuen Umgebung gemobbt, aber er macht auch viele Fehler, die ihn bald spüren lassen, dass er sich auf verlorenem Posten befindet. Nach fünf Jahren kündigt er, ein weiteres Jahr bleibt er als Berater im Haus. Natürlich steht die Arbeit im Deutschen Theater im Mittelpunkt der Eintragungen (Entscheidungen für oder gegen Stücke, Dramaturgensitzungen – Eberth ist Chef von sechs Kolleginnen und Kollegen – Leitungssitzungen, Pressekonferenzen, Proben, Hauptproben, Generalproben, Premieren, Misserfolge vor allem bei Stücken, die er ausgewählt hat), aber auch die anderen Theater der Stadt und im Land werden beobachtet: die Schaubühne nach Peter Stein, die Volksbühne unter Frank Castorf, das Berliner Ensemble mit einer Gemeinschaftsintendanz, zu der Peter Palitzsch und Peter Zadek gehören, die Kammerspiele in München, die Theater in Frankfurt, Hamburg und Düsseldorf. Das Schillertheater wird 1993 geschlossen. Heiner Müller stirbt 1995. Es war eine ereignisreiche Zeit, die Michael Eberth hier als Zeitzeuge beschreibt, immer mit einer eigenen Meinung, die oft von einer Mehrheit nicht geteilt wird. Seine Partnerschaft mit der Schauspielerin Lena Stolze und die Vernachlässigung seiner Kinder spielen nur eine Nebenrolle. Es ist vor allem ein Theaterbuch, das man mit Spannung liest, wenn man die Zeit vor Ort erlebt hat. Mehr zum Buch: titel/362-EINHEIT.html