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26. Juli 2015

ANDERSON

2015.DVD.AndersonDer Dokumentarfilm ANDERSON von Annekatrin Hendel lief im „Panorama“ der Berlinale 2014, kam dann ins Kino und ist jetzt bei Salzgeber als DVD erschienen. Ich finde ihn interessant und habe nur ein paar formale Einwände. Porträtiert wird der Lyriker und Musiker Sascha Anderson (*1953), der in den 1980er Jahren ein Protagonist der alternativen Ostberliner Kulturszene war und Anfang der 90er als Stasi-IM enttarnt wurde. Das hat damals viele seiner ehemaligen Freunde überrascht. Sie waren aber bereit, vor der Kamera über ihn, sein Charisma und seine Ambivalenzen zu reden. So sehen und hören wir den Schriftsteller Bert Papenfuß, den Liedermacher Ekkehard Maaß, die Keramikerin Wilfriede Maaß, die ihren Ehemann für Anderson verlassen hat, die Galeristin Ingrid Bahß, den Fotografen Dietrich Bahß, die Kameraleute Lars Barthel und Thomas Plenert, die mit Anderson zusammen an der HFF in Babelsberg studiert haben. In ihren Erinnerungen erscheint Anderson als eine schillernde Persönlichkeit, sie sind aber auf ihn nicht zornig, sondern allenfalls enttäuscht von seiner Unehrlichkeit. Zu Wort kommen auch der frühere „Kennzeichen D“-Mitarbeiter Holger Kulick und der heutige Leiter der Stasi-Behörde Roland Jahn. Die Malerin Cornelia Schleime wollte nicht vor der Kamera sprechen, hat sich aber künstlerisch mit ihrer Bespitzelung auseinandergesetzt. Anderson selbst verhält sich relativ souverän vor der Kamera. Im Filmstudio wurde für ihn die frühere Wohnküche von Ekkehard Maaß nachgebaut, was ihm einen effektvollen Auftritt verschafft. Fotos aus den 80er Jahren werden immer wieder mit der filmischen Gegenwart verbunden. Seinen privaten Bereich klammert Anderson in den Gesprächen aus. Auf alle anderen Fragen antwortet er geschickt und wirkt dabei kaum schuldbewusst. Was mich an dem Film stört, sind die vielen Bildeffekte, die durch die Tonmontage noch unterstützt werden. Auch die Rekonstruktion der Wohnküche im Studio finde ich überflüssig. Die Protagonisten haben eigentlich genügend Kraft für einen 90-Minuten-Film, aus dem man viel über die ehemalige DDR lernen kann. Mehr zur DVD: ANDERSON_ProdInfo.pdf