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16. April 2015

69 Hotelzimmer

2015.69 HotelsDer österreichische Filme-macher Michael Glawogger ist vor einem Jahr in Liberia überraschend an Malaria gestorben. Seine Dokumen-tarfilme (u.a. MEGACITIES, WORKINGMAN’S DEATH, WHORES’ GLORY) handeln vom Zustand der Welt. In seinen Spielfilmen (zum Beispiel NACKT-SCHNECKEN, SLUMMING, CONTACT HIGH) mischen sich komödiantische Elemente mit sozialen Konflikten. Posthum ist jetzt in der „Anderen Bibliothek“ das Buch „69 Hotelzimmer“ von Michael Glawogger erschienen. Die 95 Kurzgeschichten erzählen von Reisen in die weite Welt, von Erlebnissen in Hotels, von seltsamen Überraschungen und originellen Begegnungen. Sie sind jeweils drei bis fünf Seiten lang, haben oft eine Pointe, über die man lachen kann, oder einen Schlusssatz, über den man nachdenken muss. Die Lektüre macht süchtig, aber man sollte nicht mehr als fünf Geschichten hintereinander lesen. Fritz Göttler hat in der Süddeutschen Zeitung eine wunderbare Rezension des Buches publiziert. Ich zitiere eine Passage daraus: „(Das Buch) setzt das Glück der Glawogger-Filme literarisch fort, die atemraubende Unbefangenheit des Blicks, die kompakte Beschreibung, die Fernes unerwartet vertraut, Naheliegendes irritierend fremd macht. Ein Reisebuch, das keinen Ausgangspunkt hat und keinen Zielpunkt und das auch den Mythos von der Selbstverwirklichung on the road desavouiert. ‚Der Reisende ist ein Fluchttier’, er will unabhängig bleiben, immer auf dem Sprung, wie auf einem Eckplatz im Kino. Mehr als vom Reisen und von den roads erzählt Glawogger vom Innehalten, von den Momente des temporären Unterschlupfens, in großen und kleinen, modernen und heruntergekommenen Hotels, von der Einsamkeit und den Erwartungen, die sie provoziert, von den Schocks der Realität auf den Straßen der Stadt, und wie man sich dagegen wappnet mit Erinnerungen und erfundenen Geschichten. Das Buch ist ein Glawogger-Labor, man spürt beim Lesen, wie die Vitalitätsschübe in den Filmen sich entwickeln, schaut der Geburt der Glawogger-Kinovisionen zu in aller Welt.“ (SZ, 21./22.3.2015). Ich bin von dem Buch genauso begeistert wie Fritz, aber er kann seine Begeisterung noch intensiver beschreiben. Andrea Glawogger hat das Buch ihres verstorbenen Mannes auf den Weg gebracht, von Eva Menasse stammt ein sehr schönes Nachwort. Mehr zum Buch: 69-Hotelzimmer::678.html