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07. Februar 2014

Ästhetik der Schatten

2014.Retro.Schatten.BuchIn der Retrospektive geht es in diesem Jahr um das „Filmische Licht 1915-1950“. Wieder ist das MoMA Partner der Deutschen Kinemathek. Gezeigt werden 33 lange und fünf kurze Filme, vorzugsweise aus Deutschland, Japan (darunter SONO YO NO TSUMA, 1930, von Yasujiro Ozu) und den USA. Der Katalog zur Retrospektive, herausgegeben von Connie Betz, Julia Pattis und Rainer Rother, ist diesmal im Schüren Verlag erschienen. Daisuke Miyao schreibt darin über die Beleuchtung im japanischen Film von 1920 bis in die 50er Jahre. Kevin Brownlow erinnert an amerikanische Kameramänner der Stummfilmzeit, darunter John F. Seitz, Charles Rosher und Hal Mohr. Von Karl Prümm stammt ein sehr informativer Essay über Eugen Schüfftan und das Hell-Dunkel im frühen deutschen Tonfilm und im französischen Exil. Fabienne Liptay vergleicht das Starlight bei Greta Garbo und Marlene Dietrich in Hollywood. Norbert Schmitz beschäftigt sich mit dem Verhältnis des filmischen Lichts im Avantgardefilm und im Kino, Ralf Forster beschreibt Techniken der Filmbeleuchtung in Deutschland 1915 bis 1931. Connie Betz und Rainer Rother geben in ihrem Einleitungsessay einen Überblick über die Veränderung von Beleuchtungsstrategien. Allen Texten merkt man das Bemühen um differenzierte Genauigkeit an. Hier ein Beispiel aus der wunderbaren Lichtbeschreibung von Karl Prümm zu Marcel Carnés LE QUAI DES BRUMES: „Er (Schüfftan) kreist die Figuren mit Lichtkegeln ein, die aus dem Nichts kommen, überstrahlt die Naturlichter mit einem Kunstlicht aus nicht identifizierbaren Quellen. Das zweite dominante Prinzip wird durch das Reflexionslicht gebildet. Ein starkes Licht wird auf Wände, auf den Boden, auf Teile der Dekoration oder auf Objekte, auf Accessoires gerichtet, die das Licht sammeln und zurückwerfen und wie ein Spiegel eingesetzt werden. Bei der Ausleuchtung der Akteure legt Schüfftan meist das Licht neben den Körper (…).“ Fast jeder Satz zu Carnés Film auf fünf Buchseiten ließe sich mit Gewinn zitieren. Hier korrespondieren die Abbildungen auch mit den Erkenntnissen des Textes. Mehr zum Buch: filmisches-licht-1915-1950.html