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27. Mai 2013

Hanns Zischlers Berlin

2013.ZischlerHanns Zischler (*1947) ist Schauspieler, Autor, Übersetzer und Fotograf. Er weiß viel über Architektur, über deutsche Geschichte und über die Stadt Berlin, auch wenn er in Ingolstadt geboren wurde. Und er hat die große Begabung, uns seine Beobachtungen und Gedanken auf Umwegen zu vermitteln. Seine Texte haben eine assoziative Dramaturgie. Sie werden immer wieder von Zitaten unterbrochen, sind mit Bildern verknüpft, mit historischen Dokumenten und aktuellen Fotos. Man muss sie wie ein Puzzle im Kopf zusammenfügen. Elf Kapitel bilden so etwas wie eine Struktur. Das erste handelt vom Teufelsberg, der bekanntlich ein Trümmerberg ist und aufs engste mit der Nachkriegsgeschichte verbunden. Das letzte und für mich schönste ist eine Fahrt mit dem Bus 104 vom Brixplatz im Westend (Charlottenburg) zur Tunnelstraße in Stralau (Treptow). Das sind 59 Stationen, und Zischler macht daraus eine Zeitreise durch die Stadtgeschichte, wie man sie so noch nie gelesen hat. Im längsten Kapitel („Straßenzusammenstöße“) geht es um Berliner Plätze, Gärten und Parke, um ihre Pflege, ihre Veränderungen, ihren aktuellen Zustand, zum Beispiel: Ludwigkirchplatz (positiver Befund), Olivaer Platz (negativer Befund). Der Walter-Benjamin-Platz kommt in der Bewertung überraschend gut weg. Dem Lebenskünstler Oskar Huth und der Dichterin Gertrud Kolmar werden kleine Denkmale gesetzt. Und fürs Tempelhofer Feld wünscht sich Zischler den damals nicht gebauten Turm des russischen Künstlers Wladimir Tatlin aus dem Jahr 1920, 400 Meter hoch. Eine Computersimulation macht ihn sichtbar. So vermittelt dieses wunderbare Buch auch persönliche Visionen. Mehr Informationen: berlin-ist-zu-gross-fuer-berlin.html