Texte & Reden
28. Oktober 2006

Jan Schlubach (1920-2006)

Nachruf in der Mitgliederversammlung der Akademie der Künste

Jan Schlubach war Szenenbildner. Er hat Räume entworfen. Für das Theater, für den Film, fürs Fernsehen. Er war einer der besten. Er hat mit vier Großen des Theaters, des Films und des Fernsehens zusammengearbeitet. Er hat sie überlebt und ihren Tod beklagt: „Erst Hilpert, dann Beauvais, dann Kubrick, dann Noelte. Die gehen alle weg, verabschieden sich alle, das ist Scheiße, kann ich nur sagen.“ Nun hat auch er sich verabschiedet. Aber hier, in dieser Akademie, bleibt er präsent.

Wir haben ihn im Frühjahr 2000 zum Mitglied gewählt. Aber da gehörte er doch längst, sagen wir: inoffiziell, zu uns. Er kam regelmäßig zu Veranstaltungen. Und er engagierte sich für den Nachwuchs. Mit privaten Geldern finanzierte er viele Jahre ein Stipendium, das den Namen seines Freundes und Kollegen Alfred Hirschmeier trug. Es war Teil unserer „Jungen Akademie“. Jan hat sich in diese Junge Akademie auch persönlich eingebracht. Das war ihm besonders wichtig.

Jan Schlubach. Geboren 1920 in Den Haag, aufgewachsen in großbürgerlichen Verhältnissen in Hamburg. Kriegsdienst. 1946 erste Bühnenbilder für die Münchner Staatsoper, ab 1948 Ausstattungsleiter bei Heinz Hilpert in Konstanz, 1950 bis 1959 bei Hilpert am Deutschen Theater in Göttingen. Ab 1960 freischaffend tätig für Theater, Film und Fernsehen. Zusammenarbeit mit dem Regisseur Peter Beauvais in über 40 Fernsehproduktionen, mit Rudolf Noelte bei Opern-, Theater- und Fernsehinszenierungen in den sechziger Jahren, mit Stanley Kubrick in barry lyndon und the shining. Lehrtätigkeit an der Hochschule der Künste in Berlin. Bundesfilmpreis 1980.

An was erinnern wir uns? An seine positive Ausstrahlung. An seine leuchtenden Augen, an seine Stimme. Wie er die Präsenz unserer Akademie im Fernsehen einforderte. Und Vorschläge machte: zum Beispiel: nicht mit Sabine Christiansen und ihrer Firma TV 21 zusammenzuarbeiten, sondern mit den Studenten der Babelsberger Filmhochschule. Weil sie interessiert und motiviert sind und es nicht ums große Geld gehen sollte, sondern um Phantasie und Innovation. Manchmal war Jan in seinem Enthusiasmus auch gutgläubig und naiv. Aber genau das machte ihn so liebenswert.

Wenn man sich mit ihm verabredete – nicht in den allerletzten Jahren, aber in den Achtzigern und Neunzigern – dann kam er mit dem Motorrad angebraust und strahlte ganz unmittelbar Bewegung und Energie aus. Er konnte zuhören und hatte etwas mitzuteilen. Ideen, Erfahrungen, Visionen.

Er baute früher als viele andere Brücken zwischen der Bundesrepublik und der DDR. Er war ein Handwerker und ein Künstler. Er verstand etwas von Musik, Literatur, Bildender Kunst, Architektur, Darstellender Kunst, von Film und Fernsehen sowieso. Das machte es ihm möglich, in dieser Akademie zwischen den Abteilungen zu flanieren. Verbindungen herzustellen. Mit einer Beharrlichkeit, die einen gelegentlich wehrlos machte. Sein Enthusiasmus war ansteckend.

Jan Schlubach war weltläufig und ein Pragmatiker. Ein Künstler und sich doch nicht zu schade, dem Verband der Szenographen immer wieder seine Dienste anzubieten. Er konzipierte Ausstellungen, und wenn man mit ihm darüber reden wollte, musste man warten, bis er von einer Arbeit aus Stockholm oder Florenz zurückkam.

Er hat sich mit uns und mit dieser Akademie sehr verbunden gefühlt. Er ist am 4. Februar in Berlin gestorben. Er fehlt uns.

Berlin, Akademie der Künste, 28. Oktober 2006.