Texte & Reden
29. Januar 1998

Das Ufa-Plakat

Eröffnung der Ausstellung im Kunstforum der GrundkreditBank

Sehr geehrter Herr Staatssekretär, (Dr. Curth), sehr geehrter Herr Generaldirektor, (Dr. Marte), sehr geehrter Herr Vorstands-vorsitzender, (Dr. Kauermann), meine Damen und Herren,

es ist eine kleine, aber feine kulturhistorische Ausstellung, die wir heute eröffnen. Die Teilnehmerzahl an diesem Abend läßt mich auf eine lebhafte Resonanz auch in den nächsten Wochen hoffen. Ich darf Sie – so ist es angekündigt – kurz in die Ausstellung einführen. Ich spute mich und beginne mit der Gegenwart.

Ebenfalls heute, fast zeitgleich mit dieser Eröffnung, hat der deutsche Film Das Trio seine offizielle Premiere – kein Ufa-Film, aber mit Götz George in der Hauptrolle erstklassig besetzt. Die Produktion kostete rund fünf Millionen Mark, in die Werbekampagne wurden schätzungsweise 500 bis 800 Tausend Mark investiert. Die genaue Summe gilt als vertraulich, aber es handelt sich um einen relativ bescheidenen Betrag. Er wird aufgezehrt von einer Promotiontour, von Anzeigen, auch von einem Plakat, das allerdings nicht sehr ins Auge fällt. Intensive Fernsehwerbung, wie bei amerikanischen Großproduktionen, war beim Trio nicht finanzierbar. Sie verschlingt höhere Summen, gilt aber nach den Werbeformeln des Tausender-Kontaktpreises als besonders effektiv. Plakatierung spielt heute in der Kinowerbung eine eher untergeordnete Rolle, ihre Wirkung ist zu wenig meßbar. Im Stadtbild, an den Litfaßsäulen, sind Filme nur noch in Ausnahmefällen präsent. Daß dies einmal ganz anders war, will unsere Ausstellung deutlich machen.

Von den zehner bis in die fünfziger Jahre war das Filmplakat der zentrale Werbeträger für das Kino. Einschlägige Sammlungen bezeugen das. Wir konzentrieren uns bei dieser Ausstellung auf den größten europäischen Filmkonzern der zwanziger und dreißiger Jahre, die Universum Film AG, also die Ufa. Sie flankierte ihre Filmpremieren mit für damalige Zeiten aufwendigen Werbekampagnen. Dazu gehörten gezielte Pressearbeit, Fassadengestaltung der Kinos, Vorformen des Merchandising und: Plakate. In Berlin und Wien, den beiden deutschsprachigen Kinometropolen, gab es damals exklusive Urauf-führungsplakate. Bei wichtigen Produktionen wurden sogar verschiedene Motive gedruckt.

Unsere Ausstellung präsentiert zum ersten Mal im Zusammenhang die Originalplakate zu den großen Ufa-Produktionen, die international Filmgeschichte gemacht haben. Natürlich sind die Starregisseure vertreten, die später nach Hollywood gingen: Lubitsch und Murnau, Joe May und Fritz Lang. Sie verschafften dem deutschen Film der Weimarer Republik Weltgeltung. Langs Film Frau im Mond kostete 1929 1,6 Millionen Mark. Für die Werbung wurden 50 Tausend Mark aufgewendet. Das galt als beachtliche Summe. Das Plakat hatte dabei eine zentrale Bedeutung, und die sieht man ihm noch heute an.

Von den Entwürfen eines Theo Matejko und eines Josef Fennecker – alle gemalt, nicht fotografisch montiert – geht eine enorme Faszination aus. Es handelt sich um Porträts, um Szenen, um Schriften. Filmplakate waren einmal grafische Inszenierungen. In manchen Fällen haben sie Bestand über die Filme hinaus.

Drei kleine Hinweise für den Gang durch die Ausstellung:

Achten Sie auf die oft eigenwillige Farbgebung der Plakate – bei den Filmen handelte es sich überwiegend um Schwarzweißproduktionen.

Vergleichen Sie die Plakate aus Berlin und Wien – sie unterscheiden sich nicht grundsätzlich im Stil, die Österreicher sind aber oft großzügiger im Format und freizügiger in der Darstellung der Frauen.

Gönnen Sie sich das Vergnügen, einige Stars der frühen Jahre zu identifizieren. In Zweifelsfällen – aber nicht immer – helfen Ihnen dabei die Namen auf den Plakaten. Erstaunlich oft treten allerdings die Darsteller hinter den malerischen Motiven zurück. Das wäre heute nicht mehr mit ihnen zu machen…

Natürlich verweise ich auf den Katalog, der die Exponate gut zur Geltung bringt – und rechtzeitig fertig geworden ist.

Ich habe am Anfang behauptet, das Filmplakat sei heute aus dem Stadtbild fast völlig verschwunden. Es gibt immer wieder Ausnahmen. In jüngster Zeit: Die Comedian Harmonists. Der Verleih hat hier seine aufwendige Kampagne – man spricht von zwei Millionen Mark – sehr auf das eindrucksvolle Plakat konzentriert. Und der Film gibt sich viel Mühe, die Zeit der späten zwanziger und frühen dreißiger Jahre lebendig zu machen. Dies tun – im Original und finanziell bescheidener – auch die Plakate unserer Ausstellung. Wir sparen die Zeit des Nationalsozialismus nicht aus. Die Exponate aus den Jahren 1933 bis 1943 dokumentieren deutlich, wie – analog zur politischen Gleichschaltung – die Motive normiert werden und verflachen. Selbst ein Fennecker ist dann nicht mehr identifizierbar. Die Entwürfe werden plakativ, was auch für ein Plakat nicht unbedingt ein Kompliment ist.

Die Geschichte der alten Ufa dauerte von 1917 bis 1945. Sie ist – in Plakaten, also in Ausschnitten – hier dokumentiert. Der neuen Ufa, vor den Toren Berlins und an anderen Orten Europas, wünsche ich eine erfolgreiche Zukunft.

Diese Ausstellung – nachträglich zum 80. Geburtstag der Ufa – ist zeitlich synchronisiert mit einem anderen Ereignis: Am 11. Februar beginnen in unmittelbarer Nachbarschaft die 48. Internationalen Filmfestspiele Berlin. Wir hoffen, daß viele Gäste der Berlinale auch die Ausstellung besuchen werden, und ich freue mich, daß Moritz de Hadeln und Ulrich Gregor heute zur Eröffnung gekommen sind. Die filmhistorische Retrospektive ist, wie viele von Ihnen wissen, diesmal Curt und Robert Siodmak gewidmet. Curt, inzwischen 95 Jahre alt, wird aus Kalifornien anreisen und auch dem Kunstforum einen Besuch abstatten. F.P. 1 wird ihm antworten.

Unseren wichtigsten Partnern bei dieser Ausstellung, der Österreichischen Nationalbibliothek, der Österreichischen Botschaft, der GrundkreditBank, der Ufa Film- und TV-Produktion, ist bereits intensiv gedankt worden. Mein persönlicher Dank gilt vor allem meinem Mitarbeiter Peter Mänz, der die Ausstellung mit größtem Einsatz konzipiert und organisiert hat, seinen Wiener Partnern Marianne Jobst und Christian Maryska, sowie dem Projektleiter Werner Sudendorf. Ein Dank geht auch an Kai Reschke für die Gestaltung der Ausstellung und des Katalogs.

Ab Juni wird die Ausstellung im Museum of Modern Art in New York zu sehen sein, im späten Herbst an einem exponierten Platz in Wien. Sie haben heute abend das Recht der Erstbesichtigung, und ich wünsche Ihnen dabei viel Vergnügen.

Berlin, Kunstforum der GrundkreditBank, 29. Januar 1998